Frage: Philo von Alexandria schrieb im ersten Jahrhundert in Ägypten über dieses Thema: Das Sich-von-den-Sinnen-Zurückziehen. Seine Bemerkungen berühren mich vor allem aus historischem Interesse, weil sie zeigen, dass nicht nur indische, sondern auch ägyptische Übende an diesen Dingen interessiert waren. Was er dazu sagt, ist für mich irritierend. Aber er scheint vorzuschlagen, dass man mit einer außerordentlichen Aufmerksamkeit auf die Sinne beginnen, sich dann von ihnen zurückziehen soll, um dann ganz bei der intellektuellen Natur zu verweilen. Der Verstand wurde von diesen Mystikern als vom Ursprung her göttlich angesehen. Deshalb sollte er der Kontaktpunkt zwischen den Mystikern und was immer sich im Universum Göttliches befindet sein.
Antwort: Ja, der Verstand ist die Hauptverbindung zum Göttlichen, wie wir das alle erfahren können, wenn wir meditieren. Die Dinge haben sich also diesbezüglich seit diesen alten Zeiten nicht verändert. Allerdings geht der Weg, auf dem uns der Verstand mit dem Göttlichen verbindet, nicht durch den Intellekt. Es geschieht vielmehr durch seine Fähigkeit, still zu werden. Das ist das große Geheimnis der Verbindung des Verstandes mit dem Göttlichen. So heißt es auch im Alten Testament: „Sei stille, und wisse, dass ich Gott bin.“
Wie Du weißt, weicht mein Ansatz hier von der populären Definition von Pratyahara als „Rückzug von den Sinnen“ ab. Ich denke, das ist eine zu grobe Vereinfachung, die als eine Art von Abtötung der Sinne verstanden werden kann, und das unterstütze ich nicht. In Wirklichkeit wird unser Interesse, die physischen Sinne ständig mit Vergnügungen anzufüllen, geringer, je weiter sich unsere Sinnlichkeit in die göttlichen Regionen ausdehnt. Denn diese sind sogar noch vergnüglicher. Schließlich ziehen unsere physischen Sinne aber gleich, wenn unsere innere göttliche Erfahrung zurückkommt, nach außen in das tägliche Leben. Ich glaube nicht, dass dieser Prozess viel mit dem Intellekt zu tun hat, außer, dass wir uns über den Intellekt entscheiden, die Reise der Yoga-Übungen anzutreten.
Ein großer indischer Weiser, Ramana Maharshi, sagte, dass der Intellekt nur einen sinnvollen Zweck habe und der sei, ununterbrochen die Frage zu stellen: „Wer bin ich?“ Es ist seltsam genug: Obwohl Ramana als ein sehr hoch entwickelter Jnani (jemand, der durch den Intellekt erleuchtet wird) angesehen wurde, war seine andauernde Frage: „Wer bin ich?“. Dies ist eine reine Form von Bhakti. Ist jemand alleine daran interessiert, diese Frage zu beantworten, wird das Leben zu reinem Bhakti oder Verlangen nach Wahrheit. Wenn der Intellekt also auf die richtige Weise genutzt wird, verschmilzt er mit der tiefsten Herzenssehnsucht nach Wahrheit. Auf diese Weise kann uns der Intellekt helfen, spirituellen Fortschritt zu machen.
Ist man nicht in der Lage, den Intellekt über die Vernunft hinaus zur Stufe des einfachen göttlichen Suchens zu bringen („Was bin ich? Gibt es nicht noch mehr als all dieses?“), dann ist er nicht viel mehr als eine Maschine, die geneigt ist, zu viele Luftschlösser zu bauen und kann uns auf diese Weise leicht in falsche Richtungen führen. Durch unsere innere Stille kann der Intellekt auf nützliche Bahnen gelenkt werden. Gelingt das, verschmilzt er mit Bhakti.
Der Guru ist in Dir.