Frage 1: Sind wir einmal durch die Phase des »Testens der Krone« gegangen (Lektion 199) und fühlen wir, dass wir in der Lage sind, unsere Aufmerksamkeit fokussiert auf die Krone zu halten, was geschieht dann als Nächstes?
Antwort 1: Wir raten dazu, dass man in Bezug auf Kronen-Konzentration sehr vorsichtig ist, weil die Wirkung zeitverzögert eintritt und wahrscheinlich auch größer ist, als man erwartet. Ein »Testen« ist nicht etwas, das wir einige Wochen oder Monate machen können, um uns dann sicher zu fühlen, wenn wir willentlich an der Krone fokussiert bleiben. Das ist ein Prozess, der in einer allmählichen Entwicklung sehr wahrscheinlich Jahre dauern wird.
Eines der Ziele der FYÜ-Lektionen ist, den Leuten ein gutes Verständnis für die vorzeitige Kronenöffnung und ihrer Konsequenzen zu vermitteln. Die meisten Kundalini-Horrorgeschichten, die (zumindest) die letzten 40 Jahre geschrieben wurden, stehen damit in Zusammenhang. Andererseits ist es natürlich niemandem verboten, seine eigene Natur zu erkunden. Die Lektionen versuchen, die Tür dafür offen zu halten, ohne dass man dabei etwas riskieren muss. Das sind also die beiden Prinzipien, die der Behandlung der Krone in diesen Lektionen zugrunde liegen. Ich denke, mit mehr Hilfsmitteln und einer maßvollen Herangehensweise können wir am Ende die verschiedenen Arten der schwer in den Griff zu bekommenden Kundalini-Szenarios, die in der Vergangenheit grassierten, hinter uns lassen und zu etwas übergehen, auf das wir selbst mehr Einfluss haben. Das ist schließlich unsere eigene Natur, die sich hier manifestiert. Wir sollten also lernen, damit umzugehen und mit vernünftiger Geschwindigkeit und Sicherheit vorwärtszugehen. Das können wir auch – und auch ziemlich elegant!
Es gibt da wirklich keine Standard-Übungen, die man für die Arbeit an der Krone guten Gewissens empfehlen kann. Denn jeder Mensch hat sein eigenes individuelles Muster von Blockierungen, die er auflösen muss und konzentrierte Übungen an der Krone gleich welcher Art werden nicht stabil sein, solange dieses Muster nicht zum großen Teil aufgelöst ist, und zwar durch die bereits besprochenen Übungen im Bereich zwischen Stirn und Wurzel. Dann muss der Aspirant selbst entscheiden, ob er zur Krone geht und mein Vorschlag wäre, damit zu warten, bis das Aufkommen ekstatischer Leitfähigkeit ausreichend fortgeschritten ist, sodass man gut wahrnimmt, was alles vor sich geht. Deshalb ist es auch empfehlenswert, vorsichtig zu »testen«. Und bedenke immer die Zeitverzögerungen, die bei den Zyklen von Ekstase und Enttäuschung zu erwarten sind.
Wichtig ist noch anzumerken, dass Energieerfahrungen im Kronenbereich (die sich gewöhnlicherweise im ganzen Körper als ekstatische Erfahrungen widerspiegeln) durch die »Reibung« der Energie an noch verbleibenden Unreinheiten im Nervensystem verursacht werden. So können die Energiesymptome selbst (auch die Ekstase) als Mahnungen angesehen werden, dass da noch etwas nachgearbeitet werden muss. Durch die Konzentration auf die Krone können die Energiesymptome schnell zu einer emotionalen Achterbahnfahrt und zu allen Arten körperlicher Unheimlichkeit werden. Natürlich stabilisiert sich das alles später. Doch die Schwierigkeit bei unserer jetzigen Fahrt hängt unmittelbar damit zusammen, wie aggressiv wir früher an der Krone waren. Die Folge davon ist nicht notwendigerweise eine kürzere Fahrt. Sie kann sogar viel länger werden, wenn man den Pfad der stabilen Praxis-Routine verlassen muss, um sich mit den Energieverlagerungen abzugeben. Ich würde sagen, dass der langsame und stetige Weg (Stirn zur Wurzel) das Rennen in neun von zehn Fällen macht.
Die besten Kronenerfahrungen sind diejenigen, die zur Auflösung in reines Glückseligkeitsbewusstsein geführt haben, ohne dass es zu negativen Folgeerscheinungen kommt. Das ist ein Anzeichen für Reinheit im ganzen Körper. Wie bei allen Übungen wissen wir, dass es gut ist, wenn wir uns danach in unseren regulären täglichen Aktivitäten gut fühlen.
Gelangen wir einmal zu diesem Stadium, was passiert dann? Gut, in Wirklichkeit gar nicht so viel. Wir machen nur (unter Anwendung vorsichtiger Selbstabstimmung) mit unserer stabilen Praxisroutine und mit unserem gewöhnlichen Leben weiter. Im Gegensatz zum populären Glauben gibt es keinen anderen Ort als HIER, zu dem wir gelangen müssen – kein Herausgehen durch die Krone in irgendeine andere exotische Dimension. Tatsächlich geschieht genau das Gegenteil – die ekstatische Glückseligkeit (das Exotische) kommt von da draußen hier herein. Das ist das, was du weißt – der göttliche Prozess besteht nicht darin, dass wir irgendwohin gehen. Das Göttliche kommt durch uns in das Leben – in das gewöhnliche Leben. Es endet damit, dass unser Herz auf außerordentliche Weise aufschmilzt und durch unsere Handlungen nach außen fließt. Bei den Fortgeschrittenen Yoga Übungen (FYÜ) nennen wir das ausfließende göttliche Liebe. Mehr braucht es nicht …
Bei dem Ganzen bildet die Krone eine Art von Kreuzung, eine, die lange Zeit braucht, bis sie vollständig gereinigt ist, denn, um das zu erreichen, muss zuerst alles andere gereinigt werden und das kann nicht über Nacht geschehen, was immer jemand anderes versprechen mag. Die gute Nachricht ist, dass all die Reinigung, die wir durch unsere tägliche Tiefe Meditation, Pranayama der Wirbelsäulenatmung und andere Übungen in der Sushumna (Wirbelsäulennerv) und dem ganzen Nervensystem erreichen, Kronenöffnung in Stellvertretung bedeutet. Wenn alles gereinigt und geöffnet ist, ist auch die Krone offen. In diesem Sinne sind alle Übungen, die wir machen, Übungen an der Krone. Wir gehen nur etwas raffinierter dabei vor, um unnötige Missgeschicke zu vermeiden.
Frage 2: Vielen Dank. Natürlich möchte ich nichts übereilen und nicht zu schnell vorgehen. Aber ich will auch nicht zu langsam unterwegs sein. Deshalb sage ich ja auch, dass ich fühle, wie mich meine Bhakti dorthin bringt, genauso wie ich fühle, dass gezielte Übungen an der Krone meine Übungspraxis auf eine neue Ebene bringen könnten (ähnlich, wie das durch Kechari geschieht). Ich fühle, dass ich dazu immer noch etwas Klärungsbedarf habe, damit ich sicher vorangehen kann.
Ist es so, dass an einem gewissen Punkt jeder auf dem Weg einmal mit seinem Bewusstsein während der Übungen zur Krone gehen muss, um weiterzukommen? Ich mache nun seit einigen Monaten außerhalb der Übungen »Tests« an der Krone, ohne dass ich (bis jetzt) irgendwelche negativen Nebenwirkungen feststelle. Wenn ich eine Periode des Kronenbewusstseins in meine Übungen einbaue, nach Samyama und vor Shavasana (Hinlegen), müsste ich die Dauer der Übungszeit langsam anheben. Wenn ich mit einer Minute während jeder Übungssitzung anfange und dann jeden Tag noch eine weitere Minute hinzunehme, bis ich bei zehn Minuten zweimal am Tag angelangt bin, würde das in deinen Augen hinsichtlich der Verzögerungen, zu denen es kommen kann, langsam genug sein? Oder würdest du zu noch mehr Vorsicht raten?
Antwort 2: Bei einer stabilen Übungsroutine wird sich das Ajna-Chakra natürlicherweise, auch wenn wir nichts weiter als die grundlegende FYÜ-Routine ausführen, ausweiten, und das ist der Weg, auf dem der ganze Prozess vorankommt und wir dabei stabil bleiben. Es ist nicht notwendig, dass wir die Krone bei den Übungen zu diesem Zweck isolieren – tatsächlich wäre diese Art der Vorgehensweise der risikoreichste Ansatz und auch der, der uns mit geringster Wahrscheinlichkeit schnell und geschmeidig nach Hause bringt. Mit anderen Worten: Solange die beiden (drittes Auge und Krone) als deutlich unterschiedlich wahrgenommen werden, ist das Favorisieren der Stirn der weisere Weg. Wird das gesamte Nervensystem schrittweise mehr und mehr gereinigt, werden das dritte Auge und die Krone damit energetisch verschmelzen. Da müssen wir nicht viel tun, um das zu befördern, außer dass wir unsere reguläre tägliche Übungspraxis aufrechterhalten. Tritt dieser Zusammenschluss auf, werden wir feststellen, dass sich die Aufmerksamkeit im Ajna und der Krone mehr oder weniger entspricht. Aber auch dann noch wird es manchmal nötig sein, aufgrund von großen Energieflüssen herunterzukommen. Dieses »Herunterkommen« ist bereits in unsere Übungen eingebaut, besonders in die Wirbelsäulenatmung. Zusätzlich haben wir noch die erdenden Methoden, wie sie in Lektion 69 erörtert werden.
Zur Frage, was man zwischen dem Samyama und der Ruhephase machen soll: Das bleibt am besten ganz dir überlassen. Ich bin mir sicher, dass deine Bhakti dir helfen wird, deinen Weg zu finden. Denke aber daran, dass Bhakti selbst manchmal etwas Selbstabstimmung gebrauchen kann. In dem Samyama-Buch wird gegen Ende der Übungssitzung etwas Hilfreiches hinzugefügt, doch nicht so kronenkonzentriert, wie wir dies hier erörtern. Wir werden weiterhin sehr vorsichtig an der Krone sein. Dort ist es aber im Wesentlichen dasselbe, wie im ganzen Körper und darüber hinaus.
Außerdem findet man noch Weiteres zu grenzwertigen Kronenerfahrungen (und jenseits der Grenze) im Roman »Wilders Geheimnisse«, einer Geschichte zu den Erfahrungen bei der Entdeckung dieser Art von Integration der Übungen und auch Missgeschicken, die auf dem Weg vorfallen und was erforderlich ist, zurück in die Spur zu kommen. Es ist eine Geschichte über die Pionierarbeit mit vielen Aufs und Abs, ganz im Gegensatz zu dem ziemlich routinierten Ansatz der Erleuchtungskultivierung, den wir hier verfolgen.
Wir wünschen uns, dass dies zur Routine wird. Dann steht die Tür weit offen für jeden, der das erreicht. Übe mit Bedacht und viel Vergnügen dabei!
Der Guru ist in dir.