Haben wir einmal mit unserer täglichen Samyama-Praxis (vgl. Lektion 150) begonnen, werden sich einige Fragen einstellen, die sich auf die Grundlagen der Technik, auf neue, damit verbundene Erfahrungen und anderes beziehen können. Hier besprechen wir elf Kernfragen zur Samyama-Übung. Diese Übersicht ist sowohl für Anfänger mit Samyama als auch für jene geeignet, die sich vielleicht an erweiterte Anwendungen zu Samyama (beginnend mit Lektion 299) zum kosmischen Samyama (fortgeschrittenes Yoga Nidra), Samyama mit Yoga-Stellungen und die Nutzung der Prinzipien von Samyama im Gebet herangewagt haben.
Frage 1: Es scheint da nicht viel während des Samyama zu geschehen. Bin ich dafür schon bereit?
Antwort 1: Du bist dafür bereit, sobald du etwas bleibende innere Stille spürst, wenn du in deinem Herzen fühlst, dass du bereit bist und wenn du ein tägliches Praktizieren aufrecht erhalten kannst. Wie bei der tiefen Meditation messen wir die Ergebnisse von Samyama nicht anhand dessen, was sich während der Übung selbst ereignet. Der wirkliche Test findet während unserer täglichen Aktivitäten statt. Wie wir uns in der Zeit zwischen unseren sitzenden Übungen fühlen, lässt Rückschlüsse auf die Wirkungen der Übungen zu. Fühlen wir mehr Frieden, Kreativität und Glück im Leben, ist dies ein guter Indikator für die auftretenden Wirkungen, auch wenn unsere Samyama-Sitzungen ereignislos verlaufen mögen. Dies gilt für alle Yoga-Übungen.
Die Frucht des Yoga findet man nicht in dem, was während der Übungen selbst geschieht, sondern in den Auswirkungen auf unsere Lebensqualität.
Frage 2: Welcher Unterschied besteht zwischen dem Aufgreifen und dem Loslassen des Wortes Liebe und der Kontemplation von Liebe während des Samyama?
Antwort 2: Die von uns beim Samyama genutzten Sutren sind Codeworte für Informationen, die bereits tief in unserer Sprache eingebettet sind. Alleine das Aufgreifen des Sutras und das Loslassen dieses Sutras in unsere innere Stille wird den ganzen Inhalt dieser Bedeutung völlig automatisch mit dem uns innewohnenden reinen Glückseligkeitsbewusstsein verschmelzen lassen, genauso wie das laute aussprechen eines Wortes ganz automatisch für jeden, der unsere Sprache versteht, die Bedeutung nach außen vermittelt. Verstehen wir unsere Sprache, so versteht sie auch unsere innere Stille. Deshalb müssen wir uns keine Sorgen darum machen, wie die Bedeutung mit unsren Sutren übertragen wird.
Wir kontemplieren nicht während des Samyama, weil dies die Gedanken am Spulen halten und die Aufnahme des Sutras in die innere Stille verhindern würde. Weniger ist mehr, wenn wir nach innen gehen. Wir folgen nur der einfachen Vorgehensweise des Sutra-Aufgreifens alle 15 Sekunden auf dieser schwachen und verschwommenen Ebene und lassen es los. Sehr einfach.
Wollen wir die Bedeutung unseres Sutras gern außerhalb der Samyama-Übung kontemplieren, ist das in Ordnung. Es ist gut für uns, die Bedeutung und die Intention unserer Sutren zu verstehen. Wir sind dafür verantwortlich. Das kommt sonst von nirgendwoher. Und es wird zu einem Teil unserer inneren Programmierung, genauso wie das bei jeder Sprache der Fall ist. Deshalb verwenden wir Sutren in unserer eigenen Sprache, damit die Bedeutung der Worte in Samenform tief in uns lebendig wird. Man braucht hier aber auch nicht zu übertreiben und über die Bedeutung unseres Sutras den ganzen Tag nachzudenken. Wir gelangen einfach locker und leicht zum Verständnis, was sie sind und was sie bedeuten. Das ist alles. Setzen wir uns zur Samyama-Übung hin, vergessen wir all dies und nutzen nur das Sutra wie angegeben und die besten Ergebnisse werden sich einstellen.
In der Bibel gibt es eine Geschichte, die klarmacht, wie schwierig es für einen reichen Mann ist, ins himmlische Königreich zu gelangen: genauso schwierig, wie ein Kamel durch ein Nadelöhr zu bringen. Bei Samyama ist es auch so. Sind wir während der Samyama-Übung »reich« an Gedanken und Bedeutungen, Kontemplation usw, dann wird das Loslassen in die innere Stille genauso schwierig wie der Versuch, ein Kamel durch ein Nadelöhr zu bringen – annähernd unmöglich. Greifen wir das Sutra in unserem Geist jedoch auf diese sehr schwache und verschwommene Weise auf und lassen wir es los, dann wird es leicht in die innere Stille gehen. Das Kamel wird sehr klein und undeutlich, zu fast nichts mehr, und so passt es wunderbar durch das Nadelöhr. Dann sind die Ergebnisse sehr gut. Auf diese Weise wirkt Samyama.
Frage 3: Ich habe Schwierigkeiten, beim 15-Sekunden-Intervall zu bleiben. Hast du da irgendeinen Tipp? Und warum 15 Sekunden?
Antwort 3: Beim Samyama ist die Zeitbestimmung nur eine Frage der Gewohnheit. Man kann sich diese Gewohnheit innerhalb von einigen Sitzungen aneignen. Das Nervensystem hat in Wirklichkeit eine sehr genaue Uhr eingebaut und wir finden Zugang zu dieser, indem wir einfach wiederholt in unseren Übungen darauf zugreifen. Das gilt für die tiefe Meditation und auf Samyama ist dies genauso anwendbar. Allerdings gibt es da einen Unterschied.
In der tiefen Meditation werden die meisten von uns der einfachen Vorgehensweise für 20 Minuten folgen. Werfen wir am Ende unserer Sitzung kurz einen Blick auf die Uhr, ist das ein geeigneter Weg, um festzustellen, wo wir uns zeitlich befinden.
Beim Samyama wollen wir nicht alle 15 Sekunden auf die Uhr schauen, um die Einhaltung des 15-Sekunden-Intervalls zu überprüfen. Das würde zu sehr von dem natürlichen Prozess ablenken, auf den wir uns einlassen. Stattdessen gehen wir durch all unsere Sutren (einschließlich der Wiederholung) hindurch und überprüfen dann gegen Ende oder wenn wir fertig sind die Zeit. So stellen wir fest, ob wir zu schnell oder langsam vorgegangen sind und können beim nächsten Mal, wenn wir uns wieder hinsetzen, eine Anpassung vornehmen.
Wir wissen, dass die zweimalige Ausführung von 9 Sutren, jedes für 15 Sekunden, ungefähr eine fünfminütige Samyama-Praxis ergibt. Werden wir mit der Samyama-Übung in ungefähr 5 Minuten fertig, dann liegen wir richtig. Brauchen wir dafür signifikant weniger oder mehr Zeit, können wir eine Anpassung vornehmen. Im Laufe von ein paar Tagen oder Wochen pendeln wir uns so auf das ungefähre 15-Sekunden-Intervall ein.
Für die ausgedehnte fünfminütige Nutzung unseres letzten Sutras (Akasha – Leichtigkeit der Luft, für die meisten von uns), können wir zur selben Zeitmessmethode zurückkehren, die wir bei der tiefen Meditation nutzen, anstatt die Wiederholungen zu zählen. Wir machen also ganz einfach mit dem Sutra und dem ungefähren 15-Sekunden-Intervall weiter, bis ungefähr fünf Minuten vergangen sind. Haben wir uns bei unseren anderen Sutren auf das 15-Sekunden-Intervall eingependelt, können wir mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass wir mit unserem letzten Sutra die fünf Minuten am Ende unserer Sitzung in der Spur bleiben.
Durch unsere eigene Erfahrung werden wir feststellen, dass die 15 Sekunden ungefähr das richtige Zeitintervall für das Loslassen eines Sutras in die innere Stille ist, damit es, nachdem es im Inneren belebt wurde, die jeweilige Wirkung mittels des Prozesses der sich bewegenden inneren Stille entfalten kann. Dann wird eine weitere Wiederholung desselben oder nächsten Sutras nötig sein, um den Prozess der Kultivierung von sich bewegender inneren Stille fortzusetzen. Der Verstand und das Nervensystem des Menschen sind bereits für diese ungefähre Verarbeitungsdauer beim Samyama verdrahtet, fast genauso wie sie bei den meisten Menschen auch für die zwanzigminütige Dauer der Meditation je Sitzung verdrahtet sind.
Lassen wir das Intervall zwischen den Sutren-Wiederholungen signifikant kürzer als 15 Sekunden werden, wird da für die Stille nicht mehr genügend Zeit bleiben, völlig aufzusaugen und sich aus dem Inneren des Sutras herauszubewegen. Dies ist eine übliche Erscheinung bei der Samyama-Übung – dass man durch die Sutren geht, ohne genügend Zeit für das Loslassen zwischen den Wiederholungen zu lassen. Dies geschieht, wenn der Verstand voll ausgelastet ist, wozu es bei uns allen aufgrund unserer geschäftigen Leben sehr leicht kommt. Doch das ist Samyama, und da ist das Loslassen entscheidend. Es ist also sehr wichtig, die Gewohnheit des Loslassens zu entwickeln und der inneren Stille zu erlauben, ihre Arbeit zu verrichten, ohne auf Gedanken oder andere Erfahrungen zu achten, die aufkommen mögen. Mit der Zeit lernen wir, dem Prozess zu vertrauen. Es funktioniert!
Stell dir das so vor: Jede Wiederholung besteht aus einem Bruchteil einer Sekunde des schwachen und verschwommenen Aufgreifens des Sutras und einem 15-Sekunden langen Loslassen. Um was geht es also hauptsächlich beim Samyama? Geht es vornehmlich um die Sutren? Nein, die Hauptsache ist das Loslassen!
Wir dehnen das Intervall zwischen zwei Wiederholungen nicht mit Absicht weit über 15 Sekunden aus, weil sonst unsere Bewusstheit natürlicherweise zu Gedanken herauskommt, um sich danach umzusehen, in was es sich einklinken kann. Entweder das, oder der Verstand wird nach 15 Sekunden ziellos umherwandern. So ist die Natur des Verstandes. Deshalb geben wir ihm zu diesem Zeitpunkt eine weitere Sutra-Wiederholung und lassen los. Weil Samyama ein vergnüglicher Prozess ist, wird der Verstand glücklich sein, mit dem Sutra wieder in die Stille zu gehen.
Manchmal verlieren wir das Zeitgefühl und lassen viel mehr als 15 Sekunden verstreichen. Das kann passieren. Wir behandeln diesen Fall als Nächstes.
Frage 4: Ist es in Ordnung, sich während der Samyama-Übung zu verlieren? Und sobald ich mich dessen bewusst werde, was soll ich tun?
Antwort 4: Das geschieht immer wieder mal, dass man die Sutren verliert, auch wenn man schon fortgeschritten praktiziert, denn die Reinigung und Öffnung im Nervensystem bleibt ständig aktiv. Das kann also jedem jeder Zeit passieren und man muss sich deswegen keine Sorgen machen. Erkennen wir, dass wir von unserer Sutren-Praxis abgewandert sind, kommen wir nur locker und leicht zu ihr zurück, wohin immer wir abgewandert sind.
Finden wir uns in einem Blizzard von Gedanken wieder, halten wir nicht an ihnen fest und versuchen sie auch nicht hinauszudrängen. Wir kommen einfach locker und leicht zurück zu unsrer Samyama-Übung, wann immer wir erkennen, dass wir in einen Strom von Gedanken oder irgendeine andere Erfahrung abgewandert sind.
Natürlich kann ein Abwandern und Zurückkommen zu unseren Sutren, nachdem einige Zeit verflossen ist, bedeuten, dass die Gesamtzeit sich ausdehnt. Wenn wir Zeit haben, macht das nichts aus. Wird dadurch die Zeit für uns knapp, dann können wir, falls nötig, unsere Sitzung dort beenden, wo wir uns gerade in der Sutren-Reihenfolge befinden und uns noch etwas niederlegen, um auszuruhen. Da wir uns schon bald wieder zu einer anderen Samyama-Sitzung hinsetzen werden, brauchen wir uns wegen einer unterbrochenen Sutren-Reihenfolge nicht zu grämen. Wir hatten einen guten Grund dafür – unsere Reinigung und Öffnung und für den anhaltenden Prozess unserer Erleuchtung. Jeder geht beim Samyama durch sich verändernde Erfahrungen. Langfristig tendiert die Samyama-Übung aufgrund der inneren Reinigung und Öffnung in unserem Nervensystem dazu, stetiger und stabiler zu werden.
Verlieren wir uns während der fünf-minütigen Sitzung mit unserem letzten Sutra, können wir uns, wenn wir keine Zeit mehr haben, ganz einfach hinlegen und noch etwas ausruhen, sobald wir erkennen, dass wir irgendwohin abgedriftet sind.
Es ist eine allgemeine Erscheinung, dass es immer mal wieder zu so etwas kommt, und wir brauchen deshalb nicht besorgt zu sein. Es ist unser langfristiges Üben, das etwas bewirkt. Geh also mit allen auftretenden Abweichungen locker um und mache mit deiner zweimal täglichen Übung weiter.
Frage 5: Ich habe gehört, dass Konzentration eine der Schlüsselelemente beim Samyama ist, doch du erwähnst diese nicht. Warum?
Antwort 5: Bei dem Samyama-Stil, den wir hier pflegen, greifen wir das Objekt, d.h., das Sutra, mit der Aufmerksamkeit auf und lassen es dann los. Dieses Aufgreifen nennt man Dharana, das sechste Glied des Yoga. Das Loslassen ist Dhyana, das Auflösen des Sutras, der Meditations-Bestandteil, das siebente Glied des Yoga. Das Absorbieren des losgelassenen Sutras in die innere Stille ist das Samadhi-Element, das achte Glied.
Es ist wichtig zu erkennen, dass durch das Aufgreifen des Sutras in einer sehr schwachen und verschwommenen Weise alle drei Glieder des Yoga zur selben Zeit vorhanden sind. Dies wird sehr natürlich und leicht, sobald unsere innere Stille aufgrund unserer gut eingerichteten Praxis der tiefen Meditation und unserer zunehmenden Erfahrung beim Samyama stetig und stabil wird. So beinhaltet Samyama also alle drei Aspekte zusammen und dies ist die wesentliche Ursache dafür, dass Samyama bemerkenswerte Wirkungen hervorbringt.
Obwohl es wie eine Ironie erscheinen mag, wird die klobige Phase, die wir für einige wenige Tage oder Wochen erfahren mögen, wenn wir mit der Samyama-Übung beginnen, durch eine zu starke Fixierung des Verstandes auf die Oberfläche des Sutras hervorgerufen, d.h. mit anderen Worten: zu viel Konzentration. Erfolg beim Samyama kommt vom schwachen Berühren des Sutra mit der Bewusstheit und dem Loslassen. Das ist wirklich so einfach.
Das Wort Dharana wird oft als Konzentration übersetzt und das reflektiert die Art und Weise, wie einige Traditionen sowohl Meditation als auch Samyama praktizieren, zumindest auf bestimmten Stufen: Man fesselt den Verstand an ein Objekt (z.B. ein Mantra oder ein Sutra), bis es sich abnutzt und in die Stille fällt. Von daher das Wort Konzentration. Doch so üben wir die tiefe Meditation und Samyama im FYÜ-Ansatz nicht,. Deshalb nutzen wir das Wort „Konzentration“ auch nicht in Bezug auf die Übungen, um Verwechslung und Verwirrung mit anderswo gelehrten Techniken zu vermeiden. Wenn wir über Konzentration sprechen, meinen wir etwas anderes.
Konzentration bedeutet intensive oder komplette Aufmerksamkeit. Schreiten wir mit unseren Übungen und Erfahrungen voran, beginnt innere Stille immer mehr aufzukommen und sich in uns zu stabilisieren. Das bringt viele Vorteile mit sich. Einer dieser Vorteile ist die Fähigkeit die Aufmerksamkeit wie einen Laserstrahl auf jede Aufgabe oder jedes Objekt für ausgedehnte Zeitperioden zu heften. Mit anderen Worten: Mit der Zeit erhöht Yoga unsere Kraft der Konzentration enorm. Diese Fähigkeit der Konzentration ist die Wirkung der Yoga-Übungen, was wiederum zu einer Ursache in allem wird, was wir im Leben unternehmen. Eine zunehmende Fähigkeit zur Konzentration ist ein praktischer Vorteil unter vielen, den Yoga mit sich bringt.
Wie so vieles im spirituellen Leben ist das Aufkommen von Konzentration aus der unterschiedslosen inneren Stille ein scheinbares Paradox. Doch es kommt dazu. Je mehr Bewusstheit (innere Stille) wir in uns zur Verfügung haben, desto mehr sind wir fähig, unsere Aufmerksamkeit intensiv und für lange Zeitperioden auf äußere Aufgaben zu heften.
Lassen wir uns vorbehaltlos und in täglicher Wiederholung auf den effizienten Prozess des Samyama ein, beginnt der Fluss von innerer Stille nach außen eine viel aktivere Rolle in unserem Leben einzunehmen. Mit der Zeit wird dies zu einem riesigen Ausströmen von Aufmerksamkeit, positiver Energie, Intelligenz und Liebe, was zu bemerkenswerten Errungenschaften führen kann. Das ist das Zeug, aus dem Wunder gemacht werden!
Frage 6: Ich praktiziere seit Jahren eine buddhistische Meditation. Kann ich diesen Stil von Samyama mit dem zusammen anwenden?
Antwort 6: Der Treibstoff von Samyama ist innere Stille. Jede Meditationstechnik, die innere Stille (auch der Zeuge genannt) kultiviert, ist für die Samyama-Übung eine Unterstützung. Deshalb wird eine buddhistische Meditation gut harmonieren, falls sie innere Stille kultiviert. Normalerweise ist der beste Zeitpunkt für eine strukturierte Samyama-Übung gleich nach der Meditation, dann wird nämlich am meisten innere Stille vorhanden sein. Wir ruhen jedesmal nach der Samyama-Übung für 5-10 Minuten (hinlegen ist gut), um das Abflauen des inneren Energieflusses und der Reinigung im Nervensystem, die tief im Inneren stattfinden, zu erleichtern. Stehen wir zu früh auf, kann es bei den täglichen Aktivitäten zu einigen Irritationen kommen.
Samyama wirkt auch außerhalb der sitzenden Übungen und wir werden feststellen, dass sich diese Auswirkungen zunehmend bei unseren täglichen Aktivitäten zeigen, falls wir unsere sitzenden Übungen ununterbrochen jeden Tag machen. Es mag ausreichen zu sagen, dass unsere Genialität in der inneren Stille herrscht und dass die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung unserer Wünsche um so größer wird, je mehr wir fähig sind, diese in der Stille zu halten. Einstein, Newton, Mozart und viele andere geben ein Zeugnis für diese Tatsache ab. Wo innere Stille ist und die Prinzipien von Samyama am Werk sind, dort ist Genialität zu finden. In jedem von uns ist sie vorhanden.
Frage 7: Ist es falsch, Samyama zum Erlangen persönlicher Macht einzusetzen? Ist es gefährlich?
Antwort 7: Von allen Wegen, die wir nutzen können, um in der Welt Macht zu erlangen, ist Samyama die am wenigsten gefährliche. Der ist in der Tatsache begründet, dass das wahre Samyama keine Projektion ist. Man nimmt dadurch nichts für sich in Beschlag oder manipuliert etwas in der Welt. Samyama ist eine Hingabe an das Göttliche in uns. Daraus kann überhaupt nichts Schlechtes erwachsen, selbst wenn wir das aus egoistischen Motiven machen.
Es stellt sich ohnehin die Frage, ob es überhaupt etwas in der Welt gibt, das nicht aus egoistischen Motiven heraus unternommen wird. Alles, was wir tun, ist für unser eigenes Selbst, auch wenn wir für andere große Opfer bringen. Es ist nur die Frage, was wir als unser eigenes Selbst ansehen. Werden wir erfüllt von der Freude reinen Glückseligkeitsbewusstseins, beginnen wir unser eigenes Selbst in allem und jedem um uns herum zu finden und dementsprechend zu handeln. Dies ist das unmittelbare Ergebnis täglicher Übung von tiefer Meditation und Samyama.
Steckt in uns also noch ein egoistischer Wunsch nach der Erleuchtung oder irgendeiner Kraft, um sie in der Welt anzuwenden, ist das vollkommen in Ordnung. Lerne nur die tiefe Meditation. Lerne Samyama und reize das aus. Machen wir die Übungen beharrlich weiter und sind wir in der Welt aktiv, werden wir uns von innen heraus ausdehnen. Dabei dehnt sich auch unsere Sichtweise aus, wie auch unser Bewusstsein für unser Selbst und die Qualität unserer Handlungen. Dann werden wir unsere persönlichen Wünsche weniger auf andere projizieren und sie mehr der Stille hingeben. Das Ergebnis davon ist der göttliche Fluss, unabhängig davon wie viele unreine Gedanken wir in uns zugelassen haben. Es ist ein natürlicher Fluss der Reinigung. Es ist aber alles sehr einfach. Samyama ist das göttliche Judo, das alle Wünsche aufnimmt und sie in einen göttlichen Status erhebt, der sich dann als alle Liebe und Unterstützung für jeden um uns herum manifestiert. Diese Art der Hingabe ist keine Schwäche. Sie ist die größte Stärke, die man im Leben finden kann, weil sie aus dem in uns wohnenden Unendlichen gespeist wird.
Deshalb ist die Furcht, Samyama könne für falsche Zwecke missbraucht werden, nur ein Mythos. Bei richtiger Anwendung ist das gar nicht möglich. Wir können sogar behaupten, dass Samyama sich moralisch selbst reguliert, d.h. je tiefer wir in Samyama einsteigen, desto mehr moralische Stärke, wird sich für uns aus unserem Inneren offenbaren. Wenden wir Samyama nicht richtig an, d.h., wenn wir nicht in die Stille loslassen, ist es nicht Samyama, und die Kraft, die dadurch hervorgerufen wird, ist viel geringer.
Samyama ist keine Projektion von persönlicher Macht. Spielt in die Übung Projektion hinein, dann ist es etwas anderes. Das kann ein fehlgeleitetes Ego sein, die schwarzen Künste, wie immer wir es nennen wollen. Es ist jedoch kein Samyama. Wenn da irgendeine Gefahr vorhanden ist, dann in der persönlichen Projektion von Macht. Viele der Missstände auf der Erde haben darin ihre Ursache. Samyama dagegen ist der große Bändiger von egozentrischen Abenteuertripps, woraus so viel Elend in dieser Welt entstanden ist. Die richtige Anwendung von Samyama bringt unfehlbar Ergebnisse hervor. Die falsche Anwendung hat nur zum Ergebnis, dass nichts dabei herauskommt. Samyama ist also sehr sicher.
Lasst uns also mit Samyama beginnen und alles, nach was sich unser Herz tief im Inneren sehnt, wird uns gegeben werden und noch viel mehr.
Frage 8: Bei mir kommt es manchmal beim Samyama zu schnellem Atmen und Regungen des Körpers. Was ist das?
Antwort 8: Lassen wir unsere Sutren beim Samyama systematisch los, wird sich die innere Stille im Inneren beginnen, entsprechend des Gehalts des Sutras auf eine besondere Weise zu bewegen. Das ist der Anlass für eine ganze Palette von Empfindungen, Gedanken und Gefühlen. Diese sind das Ergebnis der in unserem Nervensystem auftretenden Reinigung. Die Bewegung der inneren Stille nach außen kann auch als sich durch uns bewegende Energie erfahren werden. Das kann dann körperliche Symptome wie Veränderungen in der Atmung und Regungen des Körpers hervorrufen.
Manchmal können wir körperliche Symptome als automatischen Yoga betrachten, wenn sie Ähnlichkeit mit Yoga-Techniken und Atemübungen haben. Unter automatischem Yoga verstehen wir nicht Übungen, denen wir folgen müssen, wenn sie auftreten. Treten derartige Symptome auf, favorisieren wir sie nicht, wir versuchen sie aber auch nicht zu vertreiben. Wir geben nur locker und leicht der Übung den Vorzug, die wir während derartiger Erfahrungen gerade machen, in diesem Fall die einfache Vorgehensweise unserer Samyama-Übung.
Es kann vorkommen, dass die Symptome dramatische Ausmaße annehmen, so dass sich möglicherweise der Körper beginnt zu schütteln und während des Leichtigkeits-Sutra auf unserem Meditationssitz herumhopst. Ereignet sich so etwas, sollten wir die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, so dass wir selbst wie auch die Möbel geschützt sind. Wir achten also darauf, dass wir während des Samyama nicht auf einem baufälligen Bett sitzen und dass wir auf einem festen Untergrund gut gepolstert sind. Auch wenn unsere Übung beizeiten chaotisch anmuten kann, hat das alles Methode und es manifestiert sich dabei zusammen mit der Energie aus dem Inneren eine große Intelligenz. Wir sind aber immer selbst dafür verantwortlich, die Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, die unsere Sicherheit gewährleisten. Dies gilt für alle Yoga Übungen. Das ist ein Aspekt der Selbstabstimmung.
Regungen des Körpers haben ihre Ursache in den Reibungen innerer Energien bei der Bewegung durch unser noch nicht völlig gereinigtes Nervensystem. Je weiter wir auf dem Weg vorankommen, zu desto mehr Reinigung und Öffnung kommt es und umso weniger wahrscheinlich werden extreme körperliche Regungen. Dann werden sich unsere Erfahrungen mehr auf die bleibende innere Stille, ekstatische Glückseligkeit und ausfließende göttliche Liebe beschränken.
Entlang des Pfads der Reinigung und Öffnung können sich alle Arten von Dingen einstellen. Je nach dem, wo wir uns befinden, verändert sich das, was wir erleben, und wir geben uns immer mit dem, was gerade ansteht, so ab, dass unser weiterer Fortschritt mit Bequemlichkeit und Gefahrlosigkeit gewährleistet ist.
Frage 9: Ich bin während des Samyama und auch noch einige Zeit danach mit hellem Licht und vergnüglicher Energie angefüllt. Ist dies das richtige Ergebnis?
Antwort 9: Das ist ein anderer Weg, wie wir unsere Reinigung und Öffnung erfahren können. Es bedeutet, dass wir inneren Energiefluss mit weniger Reibung erfahren. Damit können sich Empfindungen wie inneres Licht und Ekstase einstellen. Derartige Erfahrungen können entlang unseres Pfads der inneren Reinigung und Öffnung kommen und gehen.
Kommt es bei uns zu solchen Erfahrungen, heißt das nicht, dass wir schon angekommen sind. Sehr wahrscheinlich werden wir viele Höhen und Tiefen auf unserem Weg erleben. Es ist jedoch ein Vorgeschmack darauf, wie unser gewöhnliches Leben langfristig einmal aussehen wird. Am wichtigsten ist es, weiter täglich die Übungen zu machen und diese Übungen den vielen lieblichen Erfahrungen vorzuziehen, die uns möglicherweise vom täglichen Praktizieren, das diese Erfahrungen erst hervorgebracht hat, abhalten können.
Gute Dinge sind im Gang. Unsere Übungen sind die Ursache dafür. Bleibe also vor allem bei den Übungen.
Frage 10: Warum fühle ich mich manchmal nach der Samyama-Übung nervös und gereizt?
Antwort 10: Zu Gereiztheit kann es kommen, wenn wir es mit unseren Übungen übertreiben oder wenn wir zu schnell aus den Übungen herauskommen, ohne uns also am Ende unserer sitzenden Übungen genügend Zeit für die Erholung gegönnt zu haben. Einer der häufigsten Gründe für Gereiztheit bei den Aktivitäten des Tages ist das zu schnelle Aufstehen nach den Übungen. Achte darauf also zuallererst. Es ist sehr wichtig, sich mindestens 5 bis 10 Minuten nach unserer Samyama-Übung auszuruhen. Haben wir einen Platz, uns diese Zeit hinzulegen, ist das gut.
Hält die Gereiztheit an, auch wenn wir vor dem Aufstehen von den Übungen genügend ausruhen, kann die Ursache auch darin liegen, dass wir zu viel üben. Wenn wir im Falle von Samyama bei einem zweimaligen Aufgreifen des Sutras Gereiztheit erleben, dann können wir es für ein paar Sitzungen einmal damit versuchen, die Sutren nur einmal aufzugreifen, um zu sehen, ob das Abhilfe schafft. Sollte das einmalige Aufgreifen unserer Sutren immer noch zu viel sein, können wir zeitweise die Zeit zwischen dem Sutren-Aufgreifen beschneiden. Verkürzt man die Zeit zwischen dem Sutren-Aufgreifen, reduziert das die Energie, die in die Stille entlassen wird, wie das oben bei Frage 3 erörtert wird. Sind wir die Sache zu aggressiv angegangen, indem wir z.B. jedes Sutra mehr als zweimal aufgegriffen haben, und haben wir dann Schwierigkeiten bei unseren täglichen Aktivitäten, dann sollten wir die Zahl der Wiederholungen reduzieren, bis sich die Dinge stabilisiert haben.
Gereiztheit kann auch die Folge von Übertreibungen in irgendwelchen unserer anderen Übungen sein. Deshalb sollten wir unsere Übungen immer insgesamt betrachten und dort Anpassungen vornehmen, wo die wahrscheinlichen Kandidaten für die Verursachung von zu viel Energiefluss und Reinigung zu finden sind.
Selbstabstimmung unserer Übungen ist eine wichtige Fähigkeit, die wir entwickeln müssen, wollen wir auf unserem Pfad vorwärtskommen. Im Laufe der Lektionen kommen wir immer wieder auf die vielen Nuancen bei der Anwendung von Selbstabstimmung zurück.
Frage 11: Was ist das letzte Ziel bei der Durchführung von Samyama?
Antwort 11: Wie bereits gesagt, ist – unter der Voraussetzung, dass wir als Grundlage zuerst innere Stille kultiviert haben – jeder beliebige Grund, der uns zur Übung von Samyama animiert, ob ein egoistischer oder anderer, ein Grund, der gut genug ist. Denn der Prozess von Samyama selbst wird uns von dort stetig unseren höheren Zwecken und Zielen näher bringen. Suchen wir nach Kräften, wird Samyama sie uns bringen, allerdings nicht notwendigerweise auf die Weise, wie wir das erwarten. Beschäftigen wir uns mit Samyama, werden wir vielleicht nicht immer genau das bekommen, was wir uns erträumen, doch werden wir immer das bekommen, was wir brauchen, um auf unserem spirituellen Weg vorwärtszukommen.
Letztendlich wird uns Samyama im Zusammenspiel mit unseren anderen Yoga-Übungen der Erleuchtung, d.h. der bleibenden inneren Stille, ekstatischen Glückseligkeit und ausfließender göttlicher Liebe näherbringen.
Der Guru ist in Dir.