Frage: Ich hätte gerne eine Klarstellung. In der Lektion 351 „Die Hinzunahme von Selbst-Analyse zur Kern-Samyama-Übung“ erwähnst du die Verwendung des „Ich-Gedankens – Wer bin ich?“ Funktioniert es mit dem „Ich-Gedanken – Was bin ich?“, genauso gut? Bei mir ist die Wirkung mit „Wer“ nicht so gut wie mit „Was“.
Dann habe ich noch eine andere Frage zu Samyama im Allgemeinen. Am Ende von Samyama mache ich täglich für einige Minuten eine Übung, bei der ich kontempliere oder in Stille sitze und tief in den Ursprung von „Ich“ oder des Seins gehe. Warum wählt man, berührt und lässt beim Samyama der Fortgeschrittenen Yoga Übungen los und warum geht man nicht tief in etwas hinein, besonders was die Analyse betrifft? Ist das eine Frage des Stils oder der langfristigen Effektivität?
Antwort: Die Sutras „Ich-Gedanke – Wer bin ich?“, und „Ich-Gedanke – Was bin ich?“, sind gleichwertig. In Bezug auf Lektion 351 sollten wir das Sutra verwenden, bei dem es zur meisten Resonanz in uns kommt.
„Wer bin ich?“, wurde so eingeführt, weil das der üblichere Weg ist, die Analyse zum Ausdruck zu bringen. Tatsächlich nutzen wir diese Fragestellung seit den frühen FYÜ-Lektionen im Rahmen von Bhakti. Das macht auch einen wichtigen Teil von Selbst-Analyse aus (Lektion 349). Eine gleichwertige Fragestellung, die beim Übenden widerhallt, ist genauso geeignet. Beim strukturierten Kern-Samyama wollen wir mit diesem Sutra zwei Dinge erreichen: Den Ich-Gedanken markieren und seine Quelle erforschen.
Wer kann sagen, ob das SELBST ein Wer oder ein Was ist? Im Verstand ist das nicht ergründbar. Nur durch SELBST-Erkenntnis können wir wissen. Diese geht über den Verstand hinaus. Dann kann man es aber auch nicht klar beschreiben. Alle Selbst-Analyse Methoden dienen dem Weiterkommen von der Ebene der Zeugenschaft zur SELBST-Erkenntnis durch das Loslassen von Absichten in die Stille.
Für was für ein Sutra du dich auch immer in Bezug auf die Anweisungen zum Kern-Samyama in den Lektionen 351 und 150 entscheidest, es ist ratsam, dann dabei zu bleiben, weil jedes Sutra Zeit braucht, sich in die tägliche Samyama Übung „einzubacken“. Auf diese Weise geht unsere Samyama-Gewohnheit mehr in die Tiefe und sie drückt sich dann auf natürliche Weise aus, wenn wir unsere Absichten und Analysen zunehmend im täglichen Leben in die Stille loslassen. Das ist der Grund dafür, dass wir das strukturierte Samyama ausführen.
Bezüglich deiner zweiten Frage zur Kontemplation des Ursprungs vom „Ich“: Das ist eine andere Übung. Die Übung ist gut („transzendierendes Jnana“ siehe Lektion 350). Doch damit beschäftigt man sich am besten außerhalb des strukturierten Samyama; kurz danach ist in Ordnung, falls du dir das so angewöhnt hast. Das Ziel beim Hinzufügen eines neuen Sutra zum Kern-Samyama ist es, ein einfach anwendbares zusätzliches Hilfsmittel für die Stärkung irgendwelcher Selbst-Analyse, die wir vielleicht während des täglichen Lebens betreiben, zur Verfügung zu stellen. Das erfordert nur eine minimale Änderung bei der aktuellen Kern-Samyama Übung, kann jedoch als Ergebnis große zusätzliche Vorteile bringen.
Es muss noch erwähnt werden, dass „berühren und loslassen“ „tief“ in der wohl eingerichteten strukturierten Samyama-Praxis geschieht, dort wo die Sutras gut eingebacken sind. Durch die tägliche strukturierte Samyama-Übung erhöhen wir unsere Fähigkeit, während des Tages mit all unseren Absichten und Analysen sofort in der Stille zu sein. Es ist dasselbe Prinzip der Kultivierung, das wir bei der strukturierten täglichen tiefen Meditation vorfinden, bei der die Gegenwart der bleibenden inneren Stille (der Zeuge) in den täglichen Aktivitäten gestärkt wird. Wir beschäftigen uns mit strukturierten Übungen nicht um der strukturierten Übungen willen. Wir machen das wegen dem Zustand, der dadurch außerhalb der Übung kultiviert wird, während wir in normalen täglichen Aktivitäten aufgehen.
Unser Ziel ist es, die Verbindung zwischen strukturierten Yoga-Übungen und unseren normalen täglichen Aktivitäten zu stärken. Im Falle der Selbst-Analyse ist das Yoga-Feld diesbezüglich ein wenig träge geblieben, wodurch Jnana Yoga als eine Art Stiefkind zurückgeblieben ist. Doch der Yoga-Pfad kann nicht komplett sein, solange er uns nicht durch Jnana Yoga zur direkten Erkenntnis oder Erfahrung dessen führt, wer oder was wir sind. Dies ist der Abschnitt der Reise, der über den Zeugen hinaus zur Einheit bzw. Befreiung und darüber hinaus führt.
Es hat viele Vorteile, wenn sich ein Teil der eigenen strukturierten täglichen Übungen darauf konzentriert, diese Art von Vorteilen ins tägliche Leben zu bringen, in dem die Dinge in der Regel weniger strukturiert sind.. Wir wissen bereits, dass das Kern-Samyama die Stille im Handeln kultiviert. Nun stärken wiir Samyama auch noch für Jnana.
Indem wir ein fortgeschrittenes Element der Selbst-Analyse in das Kern-Samyama einbauen, kultivieren wir diese Fähigkeit im täglichen Leben und werden weniger dazu neigen, den ganzen Tag herumzulaufen, um uns zu zerstreuen. Wir brauchen uns darum gar nicht zu kümmern, denn die Selbst-Analyse in der Stille wird alleine schon dank der sitzenden Übungen mehr zu einem natürlichen Teil unseres Lebens. Das soll nicht die Selbst-Analyse ersetzen, für die wir uns vielleicht im täglichen Leben entschieden haben. Das bedeutet nur, dass wir die Wirkung verstärken. Das ist sowas wie die Kavallerie, weißt du. Die Stille kommt galoppierend über den Hügel, um uns „rauszuhauen“!
Der Guru ist in dir.