Frage: Ich habe einige Fragen zum I AM [AYÄM] Mantra. Was ist, wenn ich für die Meditation von jemand anderem ein Mantra bekommen habe? Hat I AM den gleichen Effekt wie „Om“? Kann ich I AM zum Chanten benutzen? Kann ich es während des Tages beim Arbeiten anwenden? Kann ich es einsetzen, wenn ich nachts schlafen gehe? Du hast gesagt: Wende „I AM“ nicht während dem Pranayama an. Was ist, wenn man ein Mantra wie So-Ham mit dem Atem während des Pranayama einsetzt? Kann ich außer morgens und abends, auch mittags meditieren und I AM als Mantra verwenden?
Antwort: Wenn du einer anderen Lehre oder Tradition folgst und es gut funktioniert, behalte das bei. Das bezieht sich auch auf jedes andere Mantra, das dir gegeben worden ist. Betrachte diese Lektionen in solch einem Fall lediglich als „Gedankennahrung“. Wir haben hier kein Interesse daran, mit existierenden Übungssystemen in Konkurrenz zu treten. Diese Lektionen wurden als „offenes System“ integrierter spiritueller Übungen entworfen und veröffentlicht. Darauf kann jeder im gewünschten Maß zugreifen. Anfänger können ganz vorne bei Lektion 10 beginnen und sich Schritt für Schritt durch alle Lektionen arbeiten. Erfahrene Übende können dort aufschlagen, wo sie wollen und sich ein paar Winke herauspicken – das sind aber nur zwei mögliche Vorgehensweisen.
Wenn du dich dazu entschlossen hast, diese Lektionen als Hauptquelle für deine Übungspraxis zu verwenden, dann wäre es das Beste, alle anderen Praktiken, die sich mit denen von hier überschneiden, aufzugeben und genau den Anweisungen in diesen Lektionen zu folgen. Man kann nur eine bestimmte Anzahl von Dingen zur selben Zeit ausführen. Du siehst, dass es hier genügend Übungen gibt, die zu verdauen sind. Wir werden noch genügend mehr fortgeschrittene Yoga-Übungen einführen. Sieh zu, dass es so einfach wie möglich für dich bleibt und nimm nur einen Schritt auf einmal. Soll dies deine eigentliche Quelle für Übungen sein, dann hast du mehr als genug zu tun. Wir pflügen den gesamten Acker um.
Das „I AM“-Mantra hat Ähnlichkeit mit dem Om-Mantra, aber sie sind nicht exakt gleich. Deshalb sind auch die Wirkungen etwas unterschiedlich. „I AM“ enthält sowohl lineare als auch zirkuläre Eigenschaften, während „Om“ nur zirkulär ist. „I“ ist die lineare Eigenschaft in „I AM“, „AM“ ist die zirkuläre Eigenschaft in „I AM“. Du erkennst also, dass „I AM“ noch etwas Zusätzliches hat. Was ist das, was da noch hinzukommt? Es ist eine Polarität. Von „OM“ ist bekannt, dass es der Ton von Kundalini ist, der sich durch den Körper bewegt. Das Nervensystem wird durch die sexuellen Essenzen, die weiter nach oben zirkulieren, belebt und eine neue Biologie stellt sich ein. Viele können das hören. Om ist der Klang der Mutter Natur in uns und sie ist ekstatische Glückseligkeit. Ahhh….
Om ist die Mutter. Doch wo ist der Vater? Im Prozess der Erleuchtung spielt sich in uns eine göttliche Romanze ab. Da wird eine Verbindung geschlossen. Im „I AM“-Mantra ist „I“ die väterliche Schwingung und „AM“ die mütterliche Schwingung. Erinnere dich daran, dass Yoga „sich vereinigen“ bedeutet. Dies geschieht auf vielen Ebenen und auf vielen Wegen. In der Meditation veredeln wir jeden Tag die Schwingungen des Mantras zu Stille, zu Ruhe, zu reinem Glückseligkeitsbewusstsein – immer und immer wieder. Durch den Gebrauch des „I AM“-Mantras kultivieren wir im gesamten Nervensystem reines Glückseligkeitsbewusstsein und durchdringen so auch die natürliche Polarität, die in uns besteht. Wir beleben gleichzeitig die göttlich-männlichen und göttlich-weiblichen Eigenschaften in uns. Das zeitigt eine direkte Wirkung sowohl auf die Dynamik im Wirbelsäulennerv als auch auf die Dynamik der Kundalini. Mehr dazu später. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass „I AM“ einige besondere Eigenschaften hat. Das mag hier alles etwas theoretisch klingen. Doch durch direkte Erfahrung wird dies mit der Zeit begreifbar. Nehmen deine Erfahrungen zu, erkennst du, dass die Schwingungseigenschaft des Mantras eine direkte Beziehung zu inneren ekstatischen Erfahrungen aufweist. Diese bewirkt eine Auflösung von Polaritäten, die in unserem Nervensystem vorhanden sind. Das alles ist ein komplexer, aber automatischer Prozess, den wir durch unsere täglichen Übungen in Gang setzen.
Sei weiterhin darauf bedacht, bei deinen Übungen entspannt und ungezwungen zu bleiben. All die Theorie spielt im Vergleich zu dem einfachen Prozess der Meditation keine Rolle. Vergiss Bedeutungen, wenn du meditierst. Wenn all diese Bedeutungen in der Meditation aufsteigen, behandle sie genauso wie all die anderen Gedanken. Gehe ganz locker und leicht zum Mantra zurück. Meditiere nur jeden Tag und alles wird sich ganz natürlich einstellen. Mit der Zeit erfährst du in deinem Inneren, was hier angedeutet wurde.
Ich rate dir, das „I AM“ nicht zu chanten, wenn du es in deiner täglichen Meditation benutzt. Der Grund dafür ist, dass wir das Mantra verwenden, um in die Stille des Geistes und des Körpers zu gelangen. Chanten ist eine äußere Aktivität. Wir wollen aber die Gewohnheit formen, mit dem Mantra nach innen zu gehen. Es wird eine Zeit kommen, da chantest du das Mantra nur einmal und befindest dich in reinem Glückseligkeitsbewusstsein. Du gewöhnst dein Nervensystem daran, mir nichts, dir nichts in den meditativen Zustand einzutauchen – eine wunderbare Fähigkeit in dieser hektischen Welt. Falls du das Chanten liebst, suche dir etwas anderes für diesen Zweck. Das Chanten hat seine eigenen Vorteile und ist etwas Wundervolles – besonders in Gruppen. Halte daran fest mit Hilfe des „I AM“ Mantras unter Anwendung des einfachen, aber kraftvollen Verfahrens der Meditation, nach innen zu gehen. Willst du das „I AM“ Mantra zum Schlafengehen benutzen, ist das in Ordnung, aber halte es im Inneren. Denke daran, dass das für manche Menschen sehr stimulierend sein kann, besonders, wenn wir die Kundalini weiter erwecken. Das kann dich also wach halten. Natürlich ist es okay „I AM“ (Ich bin) in normalen Gesprächen zu benutzen. Das ist gut. Das spielt sich auf der Bedeutungsebene ab. Meditation geht über die wörtliche Bedeutung hinaus und erreicht Ebenen innerer Verfeinerung von Gedankenschwingungen. Da ist viel mehr Kraft.
Das Mantra am Tage, während man einer Beschäftigung nachgeht, zu denken, ist nicht empfehlenswert. Wenn du in der Welt bist, sei in der Welt. Wenn du dich in Meditation befindest, sei in Meditation. Dein Tätigsein wird das reine Glückseligkeitsbewusstsein in deinem Nervensystem festigen. Das wird ganz natürlich geschehen, wenn du zweimal am Tag meditierst. Halte generell Meditation und Tätigsein getrennt. Beide haben ihren Zweck. In gleicher Weise benutzen wir auch das Mantra nicht absichtsvoll, wenn wir Pranayama üben und anders herum.
Wir nutzen das Mantra beim Pranayama nicht, weil wir bereits dabei sind, viele andere auf die Wirbelsäulenatmung bezogene Übungen zu Gewohnheiten auszubauen. Das Atmen durch die Wirbelsäule ist eine fortgeschrittene Technik und wird noch fortgeschrittener, wenn wir noch weitere Dinge, die wir beim Pranayama ausüben, hinzufügen. Es gibt Mantren für das Atmen, wie So-Ham, die einige während des Pranayama anwenden. Als Übung für einen Anfänger ist das ausgezeichnet, d.h. wenn die Aufmerksamkeit noch nicht die Wirbelsäule nach oben und unten geht und auch die anderen für fortgeschrittene Yoga-Übungen notwendigen Gewohnheiten nicht ausgebildet werden. Weil wir in diesen Lektionen jedoch mit der Wirbelsäulenatmung beginnen, lassen wir die Anfängerübung mit dem Atem-Mantra weg. Stattdessen machen wir zuerst das Wirbelsäulen-Pranayama und als zweites die Meditation. In diesen Lektionen machen wir nicht beides zur selben Zeit.
Zweimal täglich ist der Standard für die Meditation. Wenn Morgen und später Nachmittag für dich besser ist als Morgen und früher Abend, dann mache das. Wenn du herauskommst aus der Meditation, ruhe dich gut aus, so dass du reibungslos zum Tätigsein zurückkehren kannst. Meditation dreimal am Tag kann dazu führen, dass du gereizt bist. Am Wochenende oder in den Ferien, wenn du keine Verpflichtungen hast, kannst du es einmal für ein oder zwei Tage mit drei Meditationen am Tag versuchen. Aber sei dir immer bewusst, dass du eine gewaltige Übung nutzt, die Blockaden/Unreinheiten in deinem Nervensystem beseitigt. Wenn sie zu schnell herauskommen, kann das unangenehm werden. Deshalb ruhen wir nach der Meditation und werden dann aktiv, um das reine Glückseligkeitsbewusstsein in uns zu stabilisieren. Finde dein stabiles Muster und mache daraus eine Routine. Bei regelmäßiger Übung über lange Zeit kommen die Fortschritte. Kurzes intensives Praktizieren für hier einen Tag und dann mal wieder einen Tag dort bringt wenig. Was du tagtäglich über Monate oder Jahre hinweg tust, ist ausschlaggebend. Dann macht sich die Stille reinen Glückseligkeitsbewusstseins in dir breit und durchdringt jeden Teil deines Lebens.
Der Guru ist in dir.