Website-Icon Fortgeschrittene Yoga Übungen – Leichte Lektionen für ein ekstatisches Leben

Lektion 378 – Wie wird die Kundalini durch Pranayama erweckt?

Frage 1: Wie kommt es, dass Pranayama zu einem Saugen von Prana vom Beckenbereich nach oben führt?


Antwort 1: Es sollte klargestellt werden, dass die Verringerung von Sauerstoffaufnahme durch Pranayama nicht direkt ein physisches Nach-oben-Saugen (wie mit dem Staubsauger) von Prana vom Beckenbereich her bewirkt. Vielmehr ist es ein biochemisches Nach-oben-Ziehen, vergleichbar damit, wie ein Nahrungsfasten das Nach-oben-Saugen von Nährstoffen von den fettigen Geweben des Körpers stimuliert. In beiden Fällen gibt es eine innere Reinigung und Öffnung, weshalb Fasten und Pranayama auch als spirituelle Techniken angesehen werden. Wie wir in Lektion 204 und anderswo gesagt haben, besitzt das Nervensystem eine natürliche Fähigkeit, die bewirkt, dass das Zügeln und Regulieren der Atmung zu einer „Erweckung“ des riesigen Speichers von Lebenskraft führt, der sich in unserer Sexualenergie in der Beckenregion befindet. Diese wird durch den Körper nach oben gezogen, um einen Ausgleich für die verminderte Sauerstoffaufnahme herzustellen, sobald die Atmung sanft gezügelt wird. Diese Nach-oben-Bewegung ist nicht nur physisch. Sie ist biochemisch und führt zum Aufkommen einer höheren Neurobiologie im Körper. Das nennen wir das Aufkommen der ekstatischen Leitfähigkeit oder Kundalini.


Frage 2: Was passiert, wenn der Atem während der tiefen Meditation und beim Wirbelsäulenatmungs-Pranayama automatisch aussetzt? In diesem Fall scheint das Aussetzen mehr Wirkung als Ursache zu sein. Was verursacht das Aussetzen?


Antwort 2: Weitet sich die ekstatische Leitfähigkeit aus, kann die damit einhergehende erwachte Vitalität die Notwendigkeit von Sauerstoff vermindern. Alle Übungen, die zum Aufkommen der ekstatischen Leitfähigkeit beitragen, spielen dabei eine Rolle, auch das Pranayama der Wirbelsäulenatmung. Das Atemaussetzen wird genauso von einer natürlichen Verminderung des Metabolismus (besonders während der tiefen Meditation) verursacht. Für jene, die die tiefe Meditation praktizieren, ist dies eine übliche Erfahrung. So tragen sowohl die innere Stille als auch die ekstatische Leitfähigkeit zum Phänomen der verlangsamten Atmung bei.


Wir setzen uns bei unserer Praxis das Atemaussetzen nicht zum Ziel. Es ist ein natürliches Ergebnis der inneren Reinigung und Öffnung. Tritt es auf, betrachten wir es wie alle anderen Wahrnehmungen, Gefühle oder Gedanken und favorisieren locker und leicht die Vorgehensweise der Übung, die wir gerade machen.


Bei einigen Übungen kann man ein vorsichtiges willentliches Regulieren der Atmung auf praktische Art nutzen, z.B. beim angenehmen absichtlichen Verlangsamen der Atmung während des Pranayama der Wirbelsäulenatmung oder bei kurzen Perioden von Kumbhaka (Atemanhalten) während Yoni Mudra und Kinnpumpe. Diese fördern die Erweckung der inneren Energien, was wiederum zu einer verminderten Atmung führen kann. Bei all dem ist nicht das Atemanhalten das Ziel. Unser Ziel ist die sich daraus ergebende innere energetische Erweckung und dabei ist Mäßigung der Schlüssel. 


Der beste Weg, die natürliche Beziehung zwischen Atmung und Prana in uns nutzbar zu machen, besteht im täglichen Praktizieren, im allmählichen Aufbau einer ausgeglichenen Routine und der Anwendung von Selbstabstimmung, wann immer das notwenig ist. Dann wird man die technischen Details, um die wir uns vielleicht einmal gesorgt haben, schön langsam in einem See von bleibender innerer Stille und ekstatischer Glückseligkeit vergessen.


Frage 3: Was meint Paramahansa Yogananda damit, wenn er sagt, dass das Pranayama das „Blut reinigt“, indem es den Kohlenstoff entfernt?


Antwort 3: Zu seiner Zeit (im frühen 20. Jahrhundert) behauptete Paramahansa Yogananda, dass Pranayama „das Blut reinigt“, indem es den überschüssigen Kohlenstoff entfernt. Das ist die Kehrseite derselben Dynamik, über die wir gesprochen haben. Die Reduzierung der Sauerstoffaufnahme durch Pranayama erhöht zuerst die Kohlenstoffdioxid-Konzentration im Blut und stabilisiert dann das sich daraus ergebende (biochemische) Hochziehen von Prana aus der Beckenregion: Dadurch „verringert sich der Kohlenstoffanteil im Blut“. Die Wissenschaft hat den genauen Sachverhalt zu klären. Vielleicht hat Yogananda gefühlt, dass es weniger Widerspruch hervorrufen würde, wenn er die Wirkungen von Pranayama als Blutreinigung beschreibt und nicht als Entzug von Sauerstoff, der zu pranischer Erweckung führt. In Wahrheit sind diese Erklärungen die beiden Seiten derselben, beim Pranyama ablaufenden Dynamik. Wie immer man es betrachtet, die wohltuenden Wirkungen von Pranayama sind wohlbekannt. Wir brauchen nicht all die inneren Abläufe der Maschine zu kennen, um sie für etwas Gutes zu gebrauchen. Am Ende werden die wirklichen inneren Abläufe durch die wissenschaftliche Forschung dokumentiert. Intellektuelle Debatten sind da irrelevant. Wichtig ist, dass wir täglich praktizieren und die guten Ergebnisse erzielen.


Frage 4: Wie kommt es, dass manche Pranayama-Stile jeden Tag stundenlang praktiziert werden, ohne dass extreme Wirkungen auftreten, während beim Pranayama der Fortgeschrittenen Yoga Übungen oft mehr als 10 bis 15 Minuten zu viel sind?


Antwort 4: Der Hauptunterschied zwischen dem Fall, dass über Stunden praktiziertes Pranayama nicht genug ist und dem Fall, dass 20 Minuten Pranayama zu viel sind, ist die tiefe Meditation nach dem Pranayama im letzteren Fall. Im FYÜ-System verstärkt jede der beiden Übungen die Kraft der anderen erheblich. Das ist zum großen Teil ursächlich für die Unterschiede bei den Ergebnissen und der Zeit, die dafür notwendig ist.


Frage 5: Manchmal, wenn mein Atem bei der Meditation aussetzt, fühle ich für eine ziemlich lange Zeitspanne keine Notwendigkeit zu atmen. Soll ich dabei bleiben und das Nicht-Atmen favorisieren? Ich verspüre einen intensiven Wunsch, mit diesen Übungen bis an die Grenze zu gehen. Es ist, als hätte der göttliche Wunsch von mir Besitz ergriffen.


Antwort 5: Der Grund, warum du beim natürlichen Kumbhaka (Atemaussetzen) keinen Sauerstoffmangel wahrnimmst, ist der, dass der Metabolismus während der tiefen Meditation gering ist und das erwachende innere Prana gleicht ebenfalls aus. Es wird am besten sein, bei der Vorgehensweise der Übung zu bleiben, die wir machen. Sei vorsichtig, dass du beim Atemanhalten nicht übertreibst. Das kann zu übermäßiger Reinigung und zu Ungleichgewicht führen, wofür dann einige Zeit der Erholung notwendig ist. Die Reaktion nach einem übermäßigen Atemanhalten kann sich verzögern, d.h., sie kann erst nach Tagen oder Wochen auftreten. Auf diese Weise kann ein zu schnelles Vorangehen unseren Fortschritt verzögern, falls wir übertreiben, danach auf die Erholung warten, wieder übertreiben und auf die Erholung warten, etc. Es geht viel schneller (und angenehmer), wenn man eine stetige nachhaltige Geschwindigkeit aufrechterhält, die zu keinen Exzessen führt. Deshalb ist es sehr wichtig, eine maßvolle, gut abgerundete Praxisroutine aufrechtzuerhalten, für die man durch wertvolle tägliche Aktivitäten einen Ausgleich schafft und das Ganze in das alltägliche Leben integriert. So macht es auch viel mehr Spaß.


Ja, das stimmt. Praktizieren wir die Übungen, nimmt die Kraft der göttlichen Evolution, die sich danach sehnt, sich durch uns auszudrücken, von uns Besitz. Das ist etwas Natürliches. Allen auf dem Yoga-Pfad wird das offensichtlich. Yoga wurde aus den natürlichen evolutionären Fähigkeiten abgeleitet, die im menschlichen Nervensystem zu beobachten sind. Wir liefern hier die Struktur und die Selbstabstimmung, mittels der wir anstreben, die Reise zur Erleuchtung für alle praktikabel zu machen. In uns allen steckt es. Es ist lediglich eine Frage von praktischen Herangehensweisen, die wir entwickeln müssen, und wir können den Prozess unserer Reinigung und Öffnung auf Wegen stimulieren und lenken, die uns ein Höchstmaß an Fortschritt bei Bequemlichkeit und Sicherheit verschaffen.


Übe mit Bedacht und erfreue dich daran!


Der Guru ist in dir.

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