Frage: Ich habe wunderbare glückselige Gefühle in meinen ersten Pranayama-Sitzungen und ich nehme sie mit hinüber in meine Meditation. Ich ertappte mich dabei, wie ich mich mit angenehmen Gefühlen, die mein Rückgrat heraufkamen und mich mit Gänsehaut überzogen, hin und her wiegte. Auch bemerkte ich, wie meine Aufmerksamkeit während der Meditation zum „Atmen durch die Wirbelsäule“ zurückwanderte. Ist das okay? Welche Beziehung besteht zwischen Pranayama und Meditation? Ist Pranayama eine Form von Meditation? Kann Pranayama alleine – ohne die Meditation, die wir gelernt haben – als spirituelle Übung herhalten?
Antwort: Deine Anfangserfahrungen sind schön, ein wunderbarer Vorgeschmack auf Dinge, die da kommen werden. Lass dich durch sie dazu inspirieren, auf dem Weg zur Erleuchtung weiterzugehen. Mit regelmäßiger Übung von Pranayama und Meditation werden deine Erfahrungen noch viel tiefer gehen.
Wenn sich der Körper während dem Pranayama oder der Meditation bewegt, kümmere dich nicht darum. Das gilt sowohl für Regungen angenehmer Natur wie auch unangenehmer. Kehre einfach locker zum Ablauf der Übung zurück, die du gerade machst, ob das nun das Pranayama oder die Meditation ist. Wenn die körperlichen Regungen in einem Maß anhalten, dass du nicht in der Lage bist, locker und leicht zu deiner Übung zurückzukehren, dann lass deine Aufmerksamkeit eine Weile auf den Regungen verweilen, ohne sie gutzuheißen oder dich ihrer zu erwehren. Sobald sie etwas nachgelassen haben, sollte es dir ohne Anstrengung gelingen, zu deiner Übung zurückzukehren.
Angenehme körperliche Regungen oder angenehme Gefühle ohne Bewegungen können verzwickt sein, wenn sie während der Pranayama- oder Meditationsübung auftauchen. Wir fühlen uns dann leicht davon angezogen. Das ist natürlich. Der springende Punkt dabei ist aber, dass man den Anflug von Annehmlichkeit und die Übung selbst nicht durcheinander bringen darf, dass man sich also nicht über Gebühr auf die Annehmlichkeit konzentriert. Denke daran, dass diese Erfahrungen eine Folge der korrekten Ausführung deiner Pranayama- und Meditationsübung sind. Damit wir Fortschritte machen, müssen wir unsere Übungen weiter ausführen und nicht, weil wir z.B. unsere Aufmerksamkeit zu sehr an sich einstellende ekstatische Erfahrungen heften, davon abfallen. Das heißt nicht, dass wir solche Erfahrungen nicht willkommen heißen sollten. Natürlich sind sie willkommen – wir machen die fortgeschrittenen Yoga-Übungen ja, damit unser Leben zu einem Leben in Ekstase wird! Wenn wir treu bei unseren täglichen Übungen bleiben, werden ekstatische Erlebnisse in uns zum Überlauf kommen und Ekstase wird zu einem festen Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Das genau wollen wir. Wenn sie sich deshalb während unserem Pranayama und der Meditation einstellt, heißen wir sie mit Freude willkommen und kehren zu unserer Übung zurück. Auf diese Weise begünstigen wir ekstatische Erfahrung in unserem Leben. Wir behandeln die Frage später ausführlicher, wie wir die Unversehrtheit unserer Übungen bei ekstatischen Erfahrungen beibehalten. Mit der Zeit wird Ekstase zur vorherrschenden Erfahrung unserer Übungen und dies ist dann mit einer besonderen Herausforderung auf dem Weg zur Erleuchtung verbunden. Das ist aber eine Herausforderung, über die man sich sehr freuen kann.
Manchmal kann es geschehen, dass wir bemerken, wie wir Pranayama während der Meditation üben und umgekehrt. Kommt es dazu, gehen wir einfach und locker zu der Übung zurück, die wir zu diesem Zeitpunkt eigentlich ausführen sollten. Wir sollten nicht versuchen, beide gleichzeitig auszuführen. Beide sind auf unsere ungeteilte Aufmerksamkeit angewiesen, d.h. man begünstigt locker das Mantra in der Meditation oder man begünstigt locker die Atmung durch die Wirbelsäule während der Pranayama-Übung. Wenn wir versuchen, beiden Vorgehensweisen gleichzeitig gerecht zu werden, teilen wir unsere Aufmerksamkeit und das lenkt von beiden Übungen ab. Deshalb machen wir zuerst das Pranayama und danach die Meditation. Dies ist das Rezept für ein Maximum an Wirkung.
Meditation und Pranayama unterscheiden sich grundlegend voneinander und sie haben auch ein jeweils anderes Ziel. Meditation träufelt uns die Stille des reinen Glückseligkeitsbewusstseins ein. Pranayama löst die feinen Nerven und stimuliert den Prana-Fluss auf speziellen Wegen. Das ermöglicht dem reinen Glückseligkeitsbewusstsein, im Nervensystem dynamisch zu fließen. Zunächst wird dies als eine sich stetig beschleunigende Ausdehnung von Ekstase erfahren und später als das Aufsteigen von umfassender, glückseliger Selbsterkenntnis. Pranayama grenzt an Meditation an, aber es ist keine Meditation. Meditation grenzt an Pranayama an, aber es ist kein Pranayama. Du könntest sagen, dass beide aus entgegengesetzten Richtungen kommend an der feinen Grenze anstoßen, die zwischen dem reinen Glückseligkeitsbewusstsein und dem allgegenwärtigen Prana in uns besteht. Dadurch, dass wir nacheinander Pranayama und Meditation ausüben, lösen wir die Grenze von beiden Seiten her auf. Es ist ein doppelter Angriff. Deshalb der große Nutzen bei der Anwendung beider Übungen.
Pranayama in seinen verschiedenen Formen hat einen ungeheuren Wert und wir werden die verschiedenen Übungen ausgiebig einsetzen. Das ist einer der Generalschlüssel, der das menschliche Nervensystem den göttlichen Erfahrungen aufschließt. Aber Pranayama ersetzt nicht die Meditation. Nur durch Meditation kann das Nervensystem mit reinem Glückseligkeitsbewusstsein durchsättigt werden. Pranayama und andere noch zu erörternde Techniken, helfen sehr, den Boden so zu bereiten, dass reines Glückseligkeitsbewusstsein keimen kann und sie sind Mittel, dieses nach außen hin auszudehnen. Aber sie sind nicht der hauptsächliche Grund dafür, dass es auftritt. Dieser Verdienst ist mehr der Meditation anzurechnen. Deshalb empfehlen wir, Pranayama nicht ohne Meditation alleine zu praktizieren.
Meditation kann man ohne eine andere Übung üben. Meditation ist eine vollständige Übung, die über einen ausgedehnten Zeitraum beibehalten bei der praktizierenden Person zum vollkommenen Erblühen reinen Glückseligkeitsbewusstseins führt. Deshalb wurde auch gesagt, Meditation sei für diejenigen ausreichend, die nicht dazu neigen, sich zur Beschleunigung ihrer Reise andere fortgeschrittene Yoga-Übungen anzueignen. Wenn man nur eine Übung machen möchte, ist Meditation die erste Wahl.
Dagegen kann die Ausübung von Pranayama alleine – ohne Meditation – den Übenden auf gewisse Weise verwundbar machen. Stell dir vor, du pflügst ein Feld, indem du den reichen Boden wiederholt wendest. Der Boden liegt dann offen da, fruchtbar und bereit für die Ausbringung des Samens. Was wirst du dort sähen? Wenn du tief mit einer effektiven Methode meditierst, wirst du das Feld bald vollständig mit Samen reinen Glückseligkeitsbewusstseins bedeckt haben und er wird keimen, stark werden und das Feld mit Freude ausfüllen. Aber was, wenn du nicht meditierst und du nichts Besonderes auf deinem fruchtbaren Pranayama-Feld ansäst? Was wird dort wachsen? Etwas sicher, aber was? Was immer sich in der Umgebung befindet. Einige Wünsche, einige Gedanken, einige Gefühle, was immer gerade über das Feld weht. Um dir die Wahrheit zu sagen, ganz schön viel Unkraut kann dort wachsen, weil sich da die Feldfrucht reinen Glückseligkeitsbewusstseins nicht ausbreitet. Deshalb kann Pranayama, wenn es über Monate und Jahre alleine praktiziert wird, zu weniger statt zu mehr führen. Bei einigen Leuten kann diese Form von unausgeglichener Übung zu steigender Starrheit, Egoismus, Ängstlichkeit, Ärger und ganz einfach Pech führen. Meditiere jeden Tag, nachdem du dein Pranayama gemacht hast und du wirst das Gegenteil dieser Dinge – Flexibilität, Mitleid, Frieden, Freude und viel Glück – in großem Überfluss erfahren. So läuft das ab.
Der Guru ist mit dir.