Frage 1: Ich verstehe immer noch nicht ganz, was Vajroli ist, obwohl ich die FYÜ Tantra-Lektionen (Lektion T30) und den Forum-Faden (Thread im englischen Forum) dazu gelesen habe.
Zurzeit vermeide ich den Orgasmus während sexueller Aktivitäten und wenn ich nahe an ihn herankomme, halte ich ihn einfach zurück, indem ich einige (selbst erfundene) Variationen von Mulabandha anwende. Beim Geschlechtsverkehr atme ich auch durch die Wirbelsäule und ziehe die sexuelle Energie nach oben in meine oberen Kanäle, weil sich das so viel besser als der normale Sex anfühlt. Ist dies Vajroli?
Gibt es da noch etwas anderes, das ich tun sollte, um die maximale spirituelle Transformation zu ermöglichen? Manchmal entgleitet es mir und ich habe gelegentlich einen Orgasmus und bin immer überrascht, wenn ich trotzdem noch den Fluss in meinem Wirbelsäulenstrang spüre, weil ich dachte, ich würde einen Energieabfluss oder eine verminderte ekstatische Leitfähigkeit fühlen. Doch war dies nicht der Fall. Warum ist das so und wie oft ist es in Ordnung, einen Orgasmus zu haben? Vielleicht bin ich ja auch zu streng mit mir?
Antwort 1: Es ist nicht notwendig, so streng mit sich zu sein. Deine innere Absicht (Bhakti) wird dich im Tantra vorwärts leiten. Es hört sich so an, als würdest du gute Fortschritte machen. Unter der Voraussetzung, dass du auch die täglichen sitzenden Übungen regelmäßig machst, geht der Tantra-Prozess automatisch weiter, wenn du die Rückhalte- und die Blockierungsmethode anwendest. Ein Orgasmus mit der Blockierung ist vergleichbar mit einem Orgasmus mit Vajroli – derselbe Effekt, aber viel leichter.
Auf der groben physischen Ebene lernt man bei Vajroli durch die Anwendung einer Kombination von Mulabandha/Asvini und Uddiyana/Nauli (was einen negativen Druck in der Blase erzeugt) durch den Penis in die Blase nach oben zurückzusaugen. In einem Großteil der yogischen Überlieferung sieht man dies als ein Machozeug an – sexuelle Kraft und all das. Doch Vajroli ist viel mehr als das – und viel weniger auf der physischen Ebene. Mit dem Anstieg der ekstatischen Leitfähigkeit wird Vajroli zu einer andauernden Micro-Bewegung, durch die sexuelle Essenzen ständig durch die Neurobiologie nach oben verarbeitet werden. Die oben im ersten Absatz erwähnten Methoden bringen das schon hervor, ohne dass man das grobe Vajroli der physischen Ebene erlernen muss. Das ist die Botschaft, die sich aus den Lektionen und den kürzlich erstellten Forumbeiträgen ergibt. Du hast damit bereits einige Erfahrungen gesammelt. Fühlst du während des Orgasmus oder bei anderen Gelegenheiten Energie nach oben steigen, kannst du mit Sicherheit davon ausgehen, dass sich das subtile Vajroli ausbildet. Das ist Teil der ansteigenden ekstatischen Leitfähigkeit. Am Ende wird das zu deinem ständigen Begleiter. Es ist die anhaltende ekstatische Leitfähigkeit. Bringe das auf natürliche Weise mit der ansteigenden inneren Stille zusammen und du hast die Erleuchtungsgleichung. Das Endergebnis ist: die unerschütterliche innere Stille, ekstatische Glückseligkeit und ausströmende göttliche Liebe!
Frage 2: Danke für die klärenden Worte. Dann ist es also in Ordnung, gelegentlich einen Orgasmus zu haben? Nun, das verwirrt mich. Ich dachte vom Lesen der FYÜ-Seiten her, dass es das Ziel sei, letztendlich niemals einen Orgasmus zu haben? Ich hab das so verstanden, dass, wann immer man zu nah kommt, man es einfach zurückhalten oder die Blockierungstechnik anwenden sollte, wenn man wirklich in Schwierigkeiten gerät. Ich dachte, dass durch einen Orgasmus während des Sexes die ekstatische Leitfähigkeit geringer werden würde. Könntest du bitte etwas mehr erläutern, wo ich mit dieser Vorstellung nicht ganz richtig liege.
Antwort 2: Ein Orgasmus jede Woche oder alle zwei Wochen wird dir nicht schaden, besonders, wenn du das Blockieren anwendest. Am Ende wird der Sex verinnerlicht, doch dies hat mehr mit den Übungen zu tun, als damit, dass man einen eisernen Willen hat. Der innere Sex wird einfach etwas Lustvolleres als der äußere. Zum Lustvolleren werden wir hingezogen und dies ist das, was die Transformation vorantreibt. Aber auch dann noch bleibt der äußere Sex eine Option.
In deinem Denken hast du bereits den richtigen Geist davon. Geh nur nicht zu streng mit dir ins Gericht und setze dich nicht unter Druck. Alles ist ein allmählicher Prozess der Transformation und das Forcieren ist nicht unbedingt die beste Option. Wenn du deiner Bhakti folgst, ziehe immer deine Übungen vor und nimm alles locker, dann wird es geschehen. Genauso wie es okay ist, bei der Meditation Gedanken zu haben, ist es okay, wenn wir menschlich mit unserer Sexualität umgehen. Solange wir in der Lage sind, immer der Übung den Vorzug zu geben, die wir gerade ausführen, werden wir langfristig gute Ergebnisse erzielen. Dann kommt die Zeit, wo alles sehr viel einfacher wird und Sex nicht länger so ein Schreckgespenst ist. Schritt für Schritt wird es zu einer inneren Quelle ekstatischer Glückseligkeit und das ist viel interessanter als fleischlicher Sex. Dann fließt es aus zu jedem in Form von Heilenergie und guten Taten. Wie du weißt, ist dies eine der Hauptthematiken, um die sich die Geschichte „Wilders Geheimnisse“ rankt.
Sex verwandelt sich in ekstatische Glückseligkeit und verändert sich dann zu etwas, von dem die ganze Welt profitieren kann. Das ist ziemlich fabelhaft, nicht war? Es ist aber etwas Reales … und auf jeden Fall ist wert, es anzupacken, wie lange es auch dauern mag, bis man die Ergebnisse sieht … Es braucht halt seine Zeit.
Frage 3: Okay, ich denke, dass ich es jetzt verstanden habe. Das einzige Problem ist, dass ich es ganz gut gefunden habe, keinen Orgasmus zu haben. Ich glaube, dass mir die Art des Fühlens nach diesem Sex besser gefällt. Ich stelle fest, dass wir so sehr viel mehr Sex hatten und bei manchen Gelegenheiten ist die Energie nach oben zu meinem Herzen gekommen und ich fühlte mich so euphorisch, liebend und sinnlich, sehr viel mehr als mit dem Orgasmus. Ich hatte gedacht, dass diese Erfahrung genau das war, nach was wir letztendlich streben. Meine Freundin hat das ebenfalls gefühlt, obwohl sie sich nicht so sehr mit Yoga beschäftigt wie ich. Es ist jedoch gut zu wissen, dass man das nicht zu streng handhaben sollte und dass ich nicht denken muss, dass es mich zurückwirft, wenn es einmal zum Orgasmus kommt.
Das Einzige, was ich zu dem, was du als Letztes geschrieben hast, noch etwas geklärt haben wollte, betrifft die Fälle, wenn es zum gelegentlichen Orgasmus kommt: Sollte ich die auch blockieren und sie nicht einfach fließen lassen? Entschuldige bitte, ich will hier nicht dickköpfig sein, sondern nur verstehen, um richtig vorwärtsgehen zu können.
Antwort 3: Es hört sich an, als ob sich da etwas sehr Schönes zwischen dir und deiner Freundin abspielt, besonders wenn ihr beide motiviert seid, auf diese Weise in eurer Beziehung langfristig weiter zu machen. Das ist spirituelle Praxis. Bezüglich des Blockierens und Nicht-Blockierens des Orgasmus, tust du dir auf jeden Fall einen Energiegefallen, wenn du das tun kannst. Doch wenn es nicht dazu kommt, und wir sprechen hier über etwas, das sich einmal die Woche, oder alle zwei Wochen ereignet, dann sollte dich das nicht um den Schlaf bringen. Die lange tantrische Kultivierung sexueller Energie vor dem Orgasmus wird das mehr als wieder wettmachen. Viel Spaß.
Frage 4: Danke für deine Geduld und Erklärungen. Das hilft mir sehr.
Antwort 4: Es ist mir ein Vergnügen zu helfen. Darum geht es ja eigentlich bei dem FYÜ-Projekt – der Prozess des Selbst-Entdeckens und das Voranschreiten mit zunehmendem Vertrauen in eine stabile eigengesteuerte Praxis, aus der tief greifende Ergebnisse hervorgehen.
Der Guru ist mit dir.