Frage: Nachdem ich jahrelang immer wieder mal hineinprobierte, habe ich nun begonnen, Yoga und Meditation ernsthaft zu praktizieren (jetzt ungefähr ein Jahr). Bei einer Yoga-Stunde kürzlich haben wir ungefähr 85 Minuten lang Asanas gemacht, dann legten wir eine kurze Pause ein, bevor wir mit Pranayama weitermachten. Während dieser Pause fand ich mich von Emotionen überwältigt. Ich habe gezittert, war nicht fähig zu sprechen und konnte niemandem in die Augen sehen. Als wir mit Pranayama begannen, rannen mir Tränen das Gesicht herunter. Es ist nun schon einige Tage her und ich bin immer noch (ungewöhnlich) emotional. Es ist derart schmerzhaft, dass ich daran denke, mit dem Yoga aufzuhören. Doch ich weiß, dass ich weitermachen muss, dass ich kurz vor einem Durchbruch stehe. Es fühlt sich an, als sei meine Brust aufgerissen, so dass mein Herz zur Schau gestellt worden sei. Das ist das Gegenteil der Glückseligkeit, nach der ich suchte. Ich betrauere den Tod meines Vaters, doch diese Herzschmerzen scheinen unmittelbar von meinen Yoga-Übungen zu kommen. Danke für alle Einsicht, die Du anbietest.
Antwort: Danke, dass Du schreibst und mit uns teilst.
Es tut mir Leid zu erfahren, dass Du da in einige Schwierigkeiten geraten bist. Es hört sich aber an, als hättest Du es vielleicht mit Deinen Übungen etwas übertrieben – 85 Minuten ist viel Zeit für Asanas, besonders, wenn Du das nicht im Laufe der Zeit stufenweise als stetige tägliche Kost aufgebaut hast.
Hast Du nichts übertrieben, dann hast Du vielleicht am Ende Deiner Routine nicht genügend geruht und etwas ist aus dem Gleichgewicht geraten, weil Du zu früh aufgestanden bist, anstatt Dich während der Übung und der Ruhephase davon frei zu machen.
Es könnte auch an der Zusammenstellung Deiner Übungen liegen. Die körperlichen Hatha-Yoga Methoden stellen immer eine Gefahr dar, wenn sie zu stark als allein stehende Übungen gemacht werden. Es ist viel besser sie gemäßigt zusammen mit den globalen Methoden der Reinigung (Meditation und Wirbelsäulenatmung) durchzuführen. Dies ist auch der Ansatz in diesen Lektionen. Als flexible Richtlinie kann gelten: zweimal am Tag 10 Minuten Asanas, 10 Minuten Pranayama und 20 Minuten Meditation. Diese Zeiten werden noch etwas ausgedehnt durch zusätzliche Übungen wie Kumbhaka, die später erörtert werden. Die Zeiten kann man mittels Selbstabstimmung individuell nach oben und unten anpassen.
Trotzdem wird all das momentan kaum etwas an Deinen Gefühlen ändern. Dies ist nur ein Ratschlag für die Zukunft. Im Augenblick solltest Du sehr nett zu Dir selbst sein. Nimm Deine Übungen so weit zurück, wie das nötig ist, damit Dein Herz heilt. Gib jedoch nicht auf. Etwas leichte Wirbelsäulenatmung und tiefe Meditation können vielleicht helfen. Mach auch einige lange Spaziergänge. Alles wird heilen und vielleicht achtest Du in Zukunft auf Mäßigung und Ausgleich in Deinen Übungen. Yoga ist ein sehr mächtiges Werkzeug und wirkt gut, wenn es im rechten Verhältnis ausgeübt wird. Zu viel in der falschen Kombination kann zu Schwierigkeiten führen – dann kommt es zu schnell zu zu viel Reinigung. Es ist nur eine Frage der Schulung und einer den eigenen Erfahrungen entsprechenden weisen Selbstabstimmung.
Ich wünsche Dir Heilung und andauernden Fortschritt auf dem von Dir gewählten Weg.
Frage: Danke für Deine feinfühlige Antwort. Ich gebe zu, dass ich nicht immer maßvoll bin und ich übertreibe es möglicherweise etwas mit den Asanas. Gerade bei besagter Yoga-Stunde nahmen viele Fortgeschrittene und auch professionelle Yoga-Lehrer teil. Mein Wunsch Fortschritte zu machen übersteigt meine Fähigkeiten/Erfahrungen. Ich werde Gewaltlosigkeit gegenüber mir selbst üben und mich auf Meditation und Wirbelsäulenatmung konzentrieren.
Ich habe gemerkt, dass Deine Lektionen sehr viel Einsicht vermitteln und mir im täglichen Leben nützen. Danke, dass Du sie mit mir und anderen teilst.
Antwort: Dein Verlangen ist etwas Gutes. Es ist Bhakti und befeuert Dich für Deine Übungen. Natürlich musst Du auf Deine Neigung zu übertreiben Acht geben. Wenn Du die Lektionen durchgehst, wirst Du in den F&A’s viele Situationen wiedererkennen, in denen die Verhältnisse ähnlich liegen wie bei dem, was Du durchmachst. Bei der Selbstabstimmung geht es um viele Feinheiten. Wenn Dein Bhakti/Wunsch anhält und Du Selbstabstimmung weise einsetzt, kannst Du nicht fehlgehen. Ich wünsche Dir allen Erfolg.
Der Guru ist in Dir.