Lektion 131 – F&A – Koordination von Sambhavi mit der Wirbelsäulenatmung

Frage: Bei mir taucht ein Problem auf, wenn ich Sambhavi und die Wirbelsäulenatmung gleichzeitig mache. Ich glaube, wenn ich mich auf die Wirbelsäulenatmung konzentriere, bleiben meine Augen nicht zwischen den Augenbrauen. Meine Augen gehen überall dorthin, wohin meine Aufmerksamkeit geht. Führe ich Sambhavi getrennt aus, habe ich überhaupt kein Problem damit. Beginne ich jedoch mit der Wirbelsäulenatmung, neigen die Augen dazu, der Wirbelsäule entlang zu laufen. Kann ich mir das Bild der Wirbelsäule zwischen meinen Augenbrauen vorstellen, um dieses Problem zu beseitigen? Konzentriere ich mich auf den physischen Ort der ‚Sushumna’, bleiben meine Augen nicht zwischen den Augenbrauen. Könntest Du einen Weg vorschlagen, wie man diese beiden Übungen synchronisieren kann?

Antwort: Das ist eine gute und wichtige Frage. Ich denke, dass viele auf die eine oder andere Weise mit diesem Problem konfrontiert sind. Die Koordination von Sambhavi mit der Wirbelsäulenatmung ist etwas, das sich über die Zeit entwickelt. Zuerst geht es darum, eine Gewohnheit auszubilden. Dann wird es später sehr einfach, weil das Aufkommen innerer sinnlicher Erfahrungen die physischen Augen und die Aufmerksamkeit auf natürliche Weise zur optimalen Funktionsweise für das Aufsteigenlassen der Ekstase bewegen.

In unserem bisherigen Leben ging unsere Aufmerksamkeit immer durch die physischen Augen. Damit wir unseren Horizont in das innere spirituelle Leben ausdehnen können, ist es nötig, dass wir die zusätzliche Fähigkeit entwickeln, die physischen Augen an einen Ort gehen zu lassen und die Aufmerksamkeit zur gleichen Zeit an einen anderen. Die Visualisierung der Wirbelsäule am Punkt zwischen den Augenbrauen leistet das nicht, wenn das auch eine raffinierte Idee ist.

Damit die Aufmerksamkeit in der Wirbelsäulenatmung ihre Funktion erfüllen kann, muss sie die physische Länge des Wirbelsäulennervs (die Sushumna) von der Wurzel am Perineum bis zum Punkt zwischen den Augenbrauen immer wieder durchmessen. Geschieht dies zusammen mit langen, langsamen Atemzyklen und anderen Aspekten der Wirbelsäulenatmungspraxis, führt dies zur ausgeglichenen Bewegung von Prana im Wirbelsäulennerv und Kultivierung des gesamten Nervensystems. Gleichzeitig stimulieren die physischen Augen auf physischem Weg die neurobiologischen und biologischen Prozesse, die im Gehirn beginnen und bis nach unten durch den Wirbelsäulennerv zur Wurzel reichen. Während die Aufmerksamkeit im Wirbelsäulennerv also mit dem Atem mitgeht, stimulieren die Augen das Gehirn physisch, was ebenso Auswirkungen auf den Wirbelsäulennerv bis ganz nach unten hat. Dann ist da auch noch das Runzeln der Brauen (ein leichtes Zusammenziehen der Augenbrauen), das ebenso zur physischen Stimulation des Gehirns beiträgt. Dies ist die andere Hälfte von Sambhavi. Außer bei der physischen Positionierung der Augen ist mit Sambhavi nur Aufmerksamkeit verbunden, wenn die Aufmerksamkeit nach oben kommt und zum (oder durch den) Punkt zwischen den Augenbrauen geht. Doch auch dies heißt nicht, dass die Aufmerksamkeit mit dem Sehen durch die Augen beschäftigt ist. Die Augen sind quasi nur zufällig auch dort. Wir schauen nicht durch die Augen. Wir schauen durch den Wirbelsäulennerv und das stimmt an diesem Ort mit dem dritten Auge überein.

In der Wirbelsäulenatmung und wenn wir unseren inneren Blick auf (durch) den Punkt zwischen den Augenbrauen (wie in Yoni Mudra) heften, schenken wir unsere Aufmerksamkeit nicht den physischen Augen. Wir sind mit dem inneren Sehen beschäftigt. Die physischen Augen werden für das innere Sehen überhaupt nicht gebraucht. Die Augen zusammen mit den Brauen erfüllen eine physische Funktion. Sie drücken das Innere des Gehirns auf gewisse Weise etwas zusammen und das ist alles.

Diese Abtrennung der Aufmerksamkeit von den physischen Augen ist für die Entwicklung der inneren spirituellen Erfahrungen sehr wichtig.

Als Jesus sagte: „Ist Dein Auge einzig, wird Dein Körper mit Licht erfüllt sein“, sprach er über zwei Dinge: Das physische Zentrieren der Augen und die Aufmerksamkeit im Wirbelsäulennerv, die durch das dritte Auge arbeitet. Wird beides in Übereinstimmung durchgeführt, erfüllt es den Körper mit Licht, sobald sich die ekstatische Leitfähigkeit im Wirbelsäulennerv einstellt, und breitet sich über den restlichen Teil unseres Nervensystems aus.

Wie erreichen wir also diese Abtrennung der Aufmerksamkeit von den physischen Augen? Das Feedback der Sinne ist dabei ein bedeutender Faktor und die ekstatischen Wahrnehmungen in unserm Körper sind die besten sinnlichen Rückmeldungen. Was aber, wenn wir die innere ekstatische Leitfähigkeit noch nicht haben? Wie separieren wir dann die Aufmerksamkeit von den Augen? Auch in diesem Fall können wir das Feedback der Sinne für die Entwicklung der Gewohnheit einspannen, und diese Gewohnheit wird uns helfen, die innere ekstatische Leitfähigkeit hervorzubringen.

Suche Dir einen Gegenstand auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes und hefte den Blick darauf. Untersuche den Gegenstand nicht und am besten „siehst“ du ihn gar nicht. Hefte nur die Augen daran und lasse sie dort ruhen. Während Du dies so beibehältst, lass die Aufmerksamkeit zum Perineum wandern. Das ist nicht schwer, oder? Nun behalte die Augen weiter auf das Objekt geheftet und lass die Aufmerksamkeit im Zentrum der Wirbelsäule nach oben zum Punkt zwischen den Augenbrauen wandern. Kümmere dich nicht um die Atmung. Halte nur den Blick auf den Gegenstand gerichtet und bewege die Aufmerksamkeit. Wandern die Augen vom Gegenstand weg und Du wirst Dich dessen bewusst, dann setze sie wieder locker und leicht darauf zurück. Nutze den Gegenstand vor dir als eine visuelle Rückmeldung. Geh das Rückgrat einige Male mit der Aufmerksamkeit nach oben und unten, ohne die Augen von dem Gegensand wegzunehmen. Übe das eine zeitlang, bis Du mit der Aufmerksamkeit die Wirbelsäule nach oben und unten gehen kannst, ohne die Augen von dem Objekt viel weg zu bewegen. Driften die Augen oder die Aufmerksamkeit ab, dann bringe sie locker und leicht zur gerade vorliegenden Aufgabe zurück. Dies ist eine Gewohnheit, die Du entwickelst. Es ist so ähnlich, wie wenn man lernt, sich mit einer Hand auf den Kopf zu klopfen und gleichzeitig mit der anderen kreisförmig am Bauch zu reiben.

Mache diese Übung so lange, bis Du die Aufmerksamkeit die Wirbelsäule nach oben und unten bewegen kannst, während Du den nichts sehenden Blick auf einem Objekt hältst. Das Objekt ist Dein Sinnes-Feedback, das es Dir erlaubt, Deine Augen an einem Ort zu halten, während die Aufmerksamkeit woanders hingeht.

Sobald Du damit gute Erfolge erzielst, versuchst Du die Fähigkeit bei der wirklichen Wirbelsäulenatmung einzusetzen. Das Runzeln der Brauen erzeugt eine Empfindung am Punkt zwischen den Augenbrauen und kann ebenso als sinnliches Feedback für die Augen benutzt werden. Sieh mal, ob Du das zum Zentriert-und-aufwärtsgerichtet-Halten-der-Augen nutzen kannst, während die Aufmerksamkeit die Wirbelsäule nach oben und unten geht. Das ist kein Feedback des Sehsinns. Deshalb ist es möglich, dass dies nicht so einfach nutzbar zu machen ist wie der Gegenstand am anderen Ende des Raumes. Doch versuche es einmal. Stellt sich dies als ein zu großer Sprung von der Nutzung des Objekts heraus, ist da immer noch deine Nasenspitze oder das Nach-oben-Blicken mit den halb geöffneten Augen, womit Du für das Sambhavi während der Wirbelsäulenatmung ein wenig visuelle Rückmeldung bekommst. Diese Behelfsmaßnahmen sind nicht ideal, doch wenn Du visuelle Rückmeldungen brauchst, nutze sie, bis Du mit der sinnlichen Wahrnehmung der leicht gerunzelten Brauen auskommst.

In Sambhavi brauchen wir etwas, von dem die Augen ein sinnliches Feedback bekommen können, etwas zu dem wir die Augen sanft zurückbringen, sobald wir erkennen, dass sie woanders hingewandert sind. Wie bereits erwähnt, wird es später die ekstatische Freude in unserem Körper sein, die uns dazu bewegt, die Augen zu heben und zu zentrieren. Einstweilen nutzen wir andere sinnliche Feedbacks, die es uns erlauben, die Augen zu trainieren und sie von der die Wirbelsäule nach oben und unten wandernden Aufmerksamkeit zu trennen.

Kommt die Aufmerksamkeit weiterhin zu den Augen zurück, obwohl wir all das versuchen, ist das auch keine so schwierige Situation. Wir wissen von unserem Training mit der Meditation, wie wir mit unserer umherschweifenden Aufmerksamkeit umzugehen haben. Beim Ausüben der Wirbelsäulenatmung kann die Aufmerksamkeit überallhin gelangen. – Zu den Augen, fort zu Gedanken und Gefühlen, zum Supermarkt oder den halben Weg durch die Galaxie – einfach überall. Passiert dies in der Meditation, was tun wir? Wir kommen einfach locker und leicht zum Mantra zurück. Bei der Wirbelsäulenatmung ist es genau dasselbe. Geht die Aufmerksamkeit zu den Augen oder irgendwo hin und wir bemerken das, gehen wir nur locker zu unserer Wirbelsäulenatmung zurück. Verlieren wir uns an einer Stelle bei unserm Weg entlang der Wirbelsäule, macht das nichts. Es muss nicht exakt sein. Wir steigen einfach mit dem Atmen wieder ein. Sind wir beim Einatmen, gehen wir die Wirbelsäule hoch. Atmen wir aus, gehen wir die Wirbelsäule hinunter und machen so weiter. Geht die Aufmerksamkeit wieder irgendwohin, greifen wir die Wirbelsäulenatmung einfach wieder auf. So wird es oft ablaufen und das ist normal. Auch die Augen werden viele Male abwandern. Das ist auch normal. Wir strengen uns niemals übermäßig an oder kämpfen um Perfektion. So etwas gibt es nicht. Die Übung wirkt am besten, wenn wir locker damit umgehen und immer der gerade aktuellen Vorgehensweise den Vorzug geben, wenn wir merken, dass wir davon abgekommen sind.

Eine sinnliche Rückmeldung und ein lockeres Favorisieren der die Wirbelsäule nach oben und unten entlang wandernden Aufmerksamkeit sind also die Schlüssel für die Entwicklung dieser beiden unterschiedlichen Funktionen. Das wird sich alles langsam geben. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Am Ende machen wir bei der Wirbelsäulenatmung eine Menge Sachen gleichzeitig. Das sind dann Gewohnheiten, die wir eine nach der anderen entwickelt haben, damit sie zu Automatismen werden.

Machen wir auf diese Art unbeirrt weiter, fühlen wir irgendwann etwas Angenehmes von der Wurzel die Wirbelsäule heraufziehen. Dann merken wir, dass dies durch Sambhavi beeinflussbar ist. Wir werden ebenfalls bemerken, dass die Wirbelsäulenatmung dieses Angenehme nach oben und unten überall in uns hin verteilt. Dann sind diese Übungen im Innern mit sehr schönen sinnlichen Rückmeldungen verbunden. Wir werden für unsere Übungen mit Ekstase belohnt. Wir werden konditioniert, auf Ekstase sehr leicht anzusprechen, und dann werden alle Elemente der Übung zu einem Kinderspiel. Uns allen wurde das Potential zur Entwicklung dieser Fähigkeit mitgegeben. Anfangs bedienen wir uns also einer wie auch immer gearteten sinnlichen Rückmeldung und wissen dabei, dass uns im Inneren eine völlig neue Welt erwartet. Bevor wir es richtig erkennen, ist unser Körper mit Licht ausgefüllt und wir baden uns den ganzen Tag und die ganze Nacht in der ekstatischen Glückseligkeit Gottes.

Der Guru ist in Dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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