Lektion 108 – Kechari Mudra – Ein Riesenschritt für die Menschheit

Kechari Mudra wird heutzutage immer mehr zum Diskussions- und Streitthema. Das ist ein gutes Zeichen. Es bedeutet, dass diese Übung aus dem Schatten des esoterischen Yoga in den frühmorgendlichen Sonnenschein des aufkommenden Erleuchtungszeitalters heraustritt.

Was ist Kechari Mudra? Wir wollen das mit einfachen Begriffen erklären, damit wir das leichter auf uns beziehen können. Einen Zentimeter oder zwei oberhalb unserer Mundhöhlendecke befindet sich eines der ekstatisch sensitivsten Organe unseres gesamten Körpers. Dieses können wir relativ einfach mit unserer Zunge erreichen. Es befindet sich am hinteren Rand unserer Nasenscheidewand und wenn das Nervensystem durch fortgeschrittene Yoga-Übungen genügend gereinigt ist, wird unsere Zunge zurückrollen und hinauf in den Hohlraum des Nasenrachenraums gehen, um dort auf den sensitiven Rand unseres Septums (der Nasenscheidewand) zu treffen. Geschieht dies einmal, ist das vergleichbar mit dem Umlegen eines Hauptschalters unseres Nervensystems und all unsere fortgeschrittenen Yoga-Übungen und Erfahrungen beginnen, sich auf einer viel höheren Ebene abzuspielen. Sobald man auf natürliche Weise in Kechari eintritt, kommen wir auf die Schnellspur des Yoga. Wenn man will, kann man sagen, dass das die erste Liga des Yoga ist.

Ramakrishna sagte: „Sobald die himmlische Göttin erscheint, rollt sich die Zunge zurück.“

Viele haben dieses natürliche Phänomen bereits von Zeit zu Zeit in ihrer Yoga-Praxis erlebt. Ist das Nervensystem dazu bereit, geschieht dies ganz einfach. Die Zunge will zurückgehen. Allerdings sind nur wenige in der Lage, dem Impuls ganz nachzugeben, obwohl das nur eine Frage der Erziehung ist. Hat man ein starkes Bhakti und rollt sich die Zunge zurück, ist es nur eine kurze Reise bis zur Verbindung mit einer höheren Ebene spiritueller Erfahrung im Nasenrachenraum.

Nur wenige Menschen auf der Erde haben diesen wichtigen Übergang bereits hinter sich. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Anzahl der Menschen, die in Kechari eintritt, in den kommenden Jahren drastisch ansteigt. Kommt es dazu, wird das für die Menschheit ein riesiger Schritt nach vorn sein, denn es ist ein Indiz für den Wandel zu einer vornehmlich spirituellen Funktionsweise im Nervensystem. Es schließt die vielen Vorteile der sich durch unsere moderne Gesellschaft ausbreitenden und aufsteigenden Erleuchtung ein. Kechari ist so bedeutend, so kraftvoll und solch ein Indikator für die Richtung, die die menschliche Rasse einschlägt, dass selbst einige wenige Yogis und Yoginis in Kechari eine gewaltige Auswirkung auf die spirituellen Energien in allen haben können. Sie strahlen eine Energie aus, die das Ansteigen des Erleuchtungsprozesses in allen beschleunigt. Obwohl Kechari also ein individuelles Phänomen auf der Straße menschlicher spiritueller Transformation ist, hat es wie alle fortgeschrittenen Yoga-Techniken globale Folgen. Jesus sagt ja: „Ihr seid das Licht der Welt.“

Doch genug zur spirituellen Bestimmung der Menschheit. Wie steht es mit jedem von uns und unserer Beziehung zu Kechari?

Seitdem Kechari vor einiger Zeit zum ersten Mal in den Lektionen erwähnt wurde, haben mir mehrere mitgeteilt, sie hätten die ersten Symptome davon bemerkt und fragten sich, was sie nun tun sollten. „Sollte ich die Zunge daran hindern, sich zurückzurollen?“ „Sollte ich weiter gehen? Und falls ja, wie?“ Dies sind die Fragen, die gestellt wurden.

Rollt sich die Zunge zurück und fühlen wir, dass da zu viel ins Rollen kommt, dann brauchen wir nichts zu überstürzen. Falls wir Zweifel oder übermäßige Kundalini-Erfahrungen haben, kann es das Beste sein, zu warten. Dies gehört zur Anwendung von Selbstabstimmung – Du verstehst schon. Nur Du kannst wissen, wann die Zeit reif ist. Niemand kann Dir sagen, wann die Zeit für Kechari oder für irgendeine andere fortgeschrittene Yoga-Übung gekommen ist. Deine Erfahrungen und dein Bhakti sind Deine Führer.

Auch wenn es sich nur um eine Reise von einigen Zentimetern handelt, gehört zu Kechari ziemlich viel – nicht so sehr körperlich, obwohl auch ein wenig körperliche Herausforderung mitspielt, mehr auf der Ebene der Psyche und der Emotionen. Kechari ist etwas Großartiges. Es reicht an den Kern unserer spirituellen Identität heran. Sind wir bereit, einen neurologischen Schalter umzulegen, der uns auf eine höhere Ebene der Existenz befördern wird? Dies heißt nicht, dass wir auf der Stelle und für immer verwandelt werden. So ist es nicht. Am Tag, nachdem wir zum ersten Mal in Kechari eintreten, sind wir immer noch dieselbe Person. Wir können sogar, wenn wir einmal ständig in Kechari eingetreten sind, wieder damit aufhören. Es entsteht kein Schaden. Kechari hat seine „klobige“ Phase – genauso wie alle fortgeschrittenen Yoga-Übungen. Es ist etwas Entschlossenheit nötig, durch die eckigen Anfänge von Kechari hindurch zu kommen.

Wir sind nicht augenblicklich in der Minute, in der wir mit Kechari anfangen, eine andere Person. Nur im Laufe der Zeit und bei täglicher Übung ändern wir uns. Dies ist dann aber eine wesentliche Veränderung. Auf eine reale Weise sind wir bereits zu einer anderen Person geworden, bevor wir mit Kechari beginnen. Schon die Entscheidung dafür ist genauso eine Überschreitung einer Grenze, wie das tun selbst. In diesem Sinne ist Kechari mehr als eine körperliche Handlung. Die Entscheidung für Kechari ist eine Bestätigung des Nervensystems, dass es für die nächste Ebene bereit ist. Das Nervensystem sagt uns selbst, wann es bereit ist. Wir sind schon zu Kechari geworden, bevor wir in es eintreten. Ist dies nicht für alle fortgeschrittenen Yoga-Übungen wahr, die wir in Angriff nehmen? Wir fühlen, dass wir bereit sind. Wir beginnen mit der Übung. Haben wir uns gut auf unser Nervensystem eingestimmt, bleibt uns die Übung erhalten. Sind wir zu früh dran, kommt es zu Rauigkeit und wir werden sie wieder zurückfahren müssen. Das ist in Ordnung. Das ist der Weg des Testens und des Findens von Öffnungen, durch die wir uns im Yoga vorwärts bewegen. Bei Kechari ist es ebenso. Nur müssen wir bei Kechari ein bisschen mehr tun, um in diese Übung hineinzukommen und die Erfahrung ist ziemlich drastisch. Deshalb ist für die Durchführung eine hohe Motivation – ein starkes Bhakti – notwendig.

Kechari bedeutet: „Fliegen durch den inneren Raum.“

Das hört sich poetisch und dramatisch an. Doch ist Kechari noch viel mehr als das. Es ist viel persönlicher. Regelmäßig ausgeführtes Kechari versetzt uns in einen permanenten Zustand eines Liebesaktes unterschiedlicher Pole in uns. Die Auswirkungen von Kechari übertreffen diejenigen von tantrisch-sexuellen Beziehungen, wie sie in den Tantra-Lektionen diskutiert werden. Das ist erstaunlich, da Kechari überhaupt keine äußere sexuelle Aktivität einschließt. Kechari ist eine der großen Geheimnisse erleuchteter Zölibatäre. Nicht dass Kechari nur mit Zölibat möglich ist. Jeder kann Kechari ausüben und mit den normalen sexuellen Beziehungen fortfahren. Wenn jemand jedoch einen Weg des Zölibats wählt, dann bringt Kechari zusammen mit anderen fortgeschrittenen Yoga Übungen mehr als die nötige Kultivierung sexueller Energie nach oben im Nervensystem hervor. Es ist ein natürlicher innerer Prozess, der in uns zum Laufen gebracht wird.

„Fliegen“ wir mit Kechari wirklich „durch inneren Raum?“ Der größte Teil der Kechari-Erfahrung ist das Aufsteigen ekstatischer Glückseligkeit. Die Sinne werden auf ganz natürliche Weise nach innen gezogen und dies ist vergleichbar mit einem Fliegen im Inneren. Unsere inneren Räume sind riesig und wir schweben in einer anhaltenden Träumerei durch sie hindurch.

Die Verbindung, die wir durch Kechari in der Nähe des oberen Endes von Sushumna, Ida und Pingala herstellen, ist eine ekstatische, die mehr als jede andere Übung ekstatische Leitfähigkeit im Nervensystem nach oben bringt. Jede andere fortgeschrittene Yoga-Übung wird dann bezüglich eines Aspekts in ihrer Effektivität gesteigert – dem Anstieg der ekstatischen Leitfähigkeit. Deshalb ist Kechari eine ekstatische Verbindung, die unser gesamtes Nervensystem erleuchtet. Der sensitive Rand der Nasenscheidewand ist ein Altar der Glückseligkeit. Je mehr Zeit wir dort verbringen, desto mehr Glückseligkeit erfahren wir. Kechari ist der perfekte Gefährte Sambhavis. Die beiden Übungen ergänzen einander. Sambhavi und Kechari ziehen gemeinsam die göttliche Ekstase nach oben und erfüllen uns mit göttlichem Licht.

Fortgeschrittene Yogis und Yoginis nutzen Kechari ihre ganze sitzende Übungspraxis hindurch und oft während des Tages, wenn sie nicht gerade sprechen. Mit anderen Worten: Kechari ist die Heimat für fortgeschrittene Yogis und Yoginis. Wir wissen nicht einmal, dass sie sich in Kechari befinden. Nur das feine Glühen göttlichen Lichts gibt einen Hinweis darauf. Im Innern sind sie mit dem ununterbrochenen Spiel göttlicher Liebeswerbung beschäftigt.

Wir behandeln hier vier Stufen von Kechari (vergleiche die Darstellungen auf der Grafik hier oder in Lektion 108b) , alle beziehen sich auf eine andere Stellung der Zungenspitze.

Stufe 1 – Am Punkt der Mundhöhlendecke, wo der harte und der weiche Gaumen aneinander stoßen. Dies ist die Grenzlinie, die überschritten werden muss, bevor die Stufe 2 erreicht werden kann.

Stufe 2 – Hinter den weichen Gaumen und nach oben zur Nasenscheidewand. Dies ist eine kurze Reise, aber eine folgenschwere. Anfangs wird diese Stufe mit Zuhilfenahme eines Fingers erreicht. Dieser drückt die Zunge von unten nach hinten und an der linken oder rechten Seite des weichen Gaumens vorbei, wo das Durchkommen am einfachsten ist. Dazu ist möglicherweise ein „Zerreißen des Jungfernhäutchens“, der Membran unter der Zunge, nötig – hierzu unten mehr.

Stufe 3 – Langsames Vorarbeiten zum oberen Ende des Nasenrachenraums und der Nasenscheidewand. Das führt uns zur knöchrigen Struktur, in der die Hirnanhangdrüse sitzt.

Stufe 4 – Eintreten in die nasalen Gänge von innen und Bewegung nach oben über das obere Ende des Nasenrachenraumes hinaus zum Punkt zwischen den Augenbrauen. Dies ist für die Zunge nicht so weit, wie es scheint. Lege Deinen Daumen auf Dein Kiefergelenk und Deinen Zeigefinger auf Deine gerade nach vorne ausgestreckte Zungenspitze. Dann drehe diese feste Länge Deines Zeigefingers mit deinem Daumen als Fixpunkt nach oben zum Punkt zwischen den Augenbrauen. Siehst Du? Für die Zunge ist es gar nicht so weit, von ihrer Wurzel aus geradewegs bis dort nach oben zu gehen.

Zwischen Stufe 1 und Stufe 4 können viele Jahre vergehen. Kechari ist eine sich lang hinziehende Entwicklung, kein Ereignis, das sich über Nacht einstellt. Trotzdem hat es seine aufregenden Momente des Übergangs, besonders zwischen Stufe 1 & 2 und 3 & 4. Betrachten wir die vier Stufen jetzt einmal genauer.

Stufe 1 setzt uns mittels der Mundhöhlendecke mit dem Boden des Nasenrachenraums in Verbindung. Dies wurde bereits in der Lektion zu Yoni Mudra Kumbhaka als ein zu erarbeitendes Ziel vorgeschlagen. Am Punkt, wo der harte auf den weichen Gaumen trifft, kann in gewissem Maß – wenn das Nervensystem an Reinheit gewinnt – eine ekstatische Reaktion wahrgenommen werden. Stufe 1 ist nicht einfach, weil es für die meisten Menschen ein wenig anstrengend ist, die Zunge an der Mundhöhlendecke zu halten und sich mit ihr allmählich und schrittweise weiter nach hinten zu arbeiten. Mit der Zeit entwickelt sich jedoch eine Gewohnheit. Reicht die Zungenspitze einmal hinter den Punkt, an dem sich der harte und weiche Gaumen treffen, so dass der weiche Gaumen mit der Zunge nach oben gedrückt werden kann, ist Stufe 2 sehr nahe.

Das Erreichen von Stufe 2 kommt einer Umwälzung gleich. Die Zunge wird mit dem Finger auf der linken oder rechten Seite des weichen Gaumens zurückgedrückt. Dies sind die kürzesten Durchgänge, die hinter den weichen Gaumen führen. Der eine von beiden ist kürzer als der andere. An einem bestimmten Punkt wirst du anfangen, damit zu experimentieren und selbst sehen. Der lange Weg nach innen führt durch die Mitte nach oben. Der weiche Gaumen besitzt eine elastische Sehne, die über den hinteren Rand verläuft. Sobald die Zungenspitze zum ersten Mal hinter sie gelangt, kann die elastische Sehne schnell um den Zungenboden herumschlüpfen, als ob sie sie fassen wollte. Dann ist die Zunge plötzlich im Nasenrachenraum und berührt zum ersten Mal den Rand der Nasenscheidewand.

Die erste Reaktion ist Überraschung und die Zunge wird wahrscheinlich schnell wieder herauskommen. Man kann sie leicht – ohne Nachhelfen mit einem Finger – wieder herausziehen. Es bereitet auch keinerlei Probleme durch die Nase zu atmen, wenn sich die Zunge im Nasenrachenraum befindet. Beim ersten Eintreten können die Augen tränen und die Nase kann etwas nass werden, ein Niesreiz, sexuelle Erregung und starke Gefühle sind ebenfalls möglich. All dies sind vorübergehende Reaktionen auf das erste Eintreten in Stufe 2 von Kechari. Dringt man dann öfter dort ein, beruhigen sich die Dinge wieder. Im Laufe der Zeit werden die Finger nicht mehr benötigt, um hinter den weichen Gaumen zu kommen. Die elastische Sehne entlang des Rands des weichen Gaumens dehnt sich aus und Stufe 2 von Kechari wird ziemlich angenehm. In Wirklichkeit ist es sogar einfacher in Stufe 2 zu bleiben, als in Stufe 1 von Kechari. Die Zunge ruht sehr locker, ohne irgendeine Anstrengung im Nasenrachenraum und es wird sehr einfach, diese Zungenstellung während des Pranayama und der Meditation zu nutzen. Offensichtlich ist die Zunge dazu geschaffen, sich glückselig im nasalen Rachenraum aufzuhalten.

Es gibt zwei praktische Dinge, die man berücksichtigen sollte, sobald man sich die Stufe 2 zu Eigen gemacht hat. Das erste ist die Gleitfähigkeit im Nasenrachenraum, das zweite die Anhäufung von Speichel im Mund.

Der Pharynx (Nasenrachenraum) kann ein bisschen launenhaft sein. Gewöhnlicherweise ist er von Natur aus feucht und für die Zunge gut gleitfähig. Manchmal ist er indes trocken und nicht so gut geschmiert. Im ersteren Fall kann Kechari praktisch unbegrenzt ausgeführt werden, unter der anderen Bedingung nur sparsam. Ist der Nasenrachenraum trocken, kann es zu einem beißenden Gefühl kommen, wenn die Zunge sich darin befindet. Dies ist dann nicht die geeignete Zeit, für die Ausführung von Kechari. Tritt das ein, gehen wir einfach in Stufe 1. Interessanterweise wird der Pharynx während unserer Übungen fast immer feucht sein. Jedoch kann man dies nicht mit Sicherheit erwarten. Wir gehen einfach hinein, wenn wir willkommen sind – was meistens der Fall ist. Sind wir nicht willkommen, zeigen wir vor der Situation Ehrfurcht und halten uns zurück. Das ist also ganz einfach.

Befinden wir uns in Kechari Stufe 2, wird sich im Mund unten Speichel ansammeln. Da wir nicht hinunterschlucken können, was sich in unserem Mund ansammelt, wenn unsere Zunge nach oben in den Nasenrachenraum gegangen ist und wir nicht geifern wollen, kommen wir also, wenn nötig, aus Kechari heraus und schlucken den Speichel in unserem Mund hinunter. In der ersten Gewöhnungsphase an Kechari Stufe 2 kann sich sehr viel Speichel ansammeln, so dass wir öfter schlucken müssen. Mit der Zeit geht die Speichelproduktion zu einem Normalmaß zurück und das Herauskommen aus Kechari zum Zweck des Hinunterschluckens ist nur noch selten nötig.

In Stufe 2 von Kechari lassen wir unsere Zunge also einfach locker auf dem Rand des Nasenrachenraums ruhen und das setzt spirituelle Prozesse überall in unserem Körper in Gang.

Zu Beginn der Stufe 2 von Kechari sind wir neugierig. Wir befinden uns an einem neuen Ort und wollen herausfinden, was es im Nasenrachenraum alles zu entdecken gibt. Da ist die empfindliche Nasenscheidewand, der „Altar der Glückseligkeit“. Es bereitet uns keine Schwierigkeit herauszufinden und zu erkennen, dass es am besten ist, beim Pranayama und der Meditation mit unserer Zunge auf der Nasenscheidewand zu ruhen. Es fühlt sich an, als sei auch noch am anderen Ende des Wirbelsäulennervs ein kraftvolles Siddhasana am Werk, um unser gesamtes Nervensystem vom oberen Ende her zu erwecken. Erfreuen wir uns an der Nasenscheidwand keiner Glückseligkeit, werden wir ohne Zweifel erkunden und die hervorstehenden Schalltrichter der eustachischen Röhre auf beiden Seiten des Nasenrachenraums finden. Auch können wir die Eingänge zu den Nasengängen auf beiden Seiten der Nasenscheidewand nicht übersehen und werden schnell die extrem empfindlichen erigierbaren Gewebe darin entdecken. Da eilen wir indes schon voraus. Halte Dich lieber einige Zeit davon fern. Wir gehen also auf unserer Reise der Nasenscheidewand entlang zur Spitze des Nasenrachenraums nach oben zu Stufe 3. Für einige ist das eine kurze Reise. Für andere, kann es lange Zeit in Anspruch nehmen. Gehen wir dahin, setzen wir die ganze Länge des Nasenscheidewandrands unserer Zunge aus und bereiten uns darauf vor, schließlich in die Nasengänge einzudringen und noch höher zu gehen.

Eine Übung, die dabei helfen kann über Kechari Stufe 2 hinauszukommen, ist das so genannte „Melken der Zunge“. Es besteht aus dem sanften Ziehen an der Zunge mit den Fingern beider Hände, wobei man mit den Händen abwechselt, als ob man eine Kuh melken würde. Eine gute Gelegenheit, dies ein paar Minuten zu praktizieren, bietet sich beim täglichen Stehen in der Dusche. Auf diese Art bekommst du die Vorteile daraus, ohne über Deine ganzen Kleider geifern zu müssen. Im Laufe der Zeit kann die Zunge mit dieser Methode verlängert werden. Dies ist jedoch keine nützliche Übung, um in Stufe 2 zu gelangen. Dazu ist es vor allem wichtig, sich mit dem Frenum zu befassen, wie das unten erörtert wird. Das Melken der Zunge hilft, wenn man über Kechari Stufe 2 hinausgehen will, besonders zu Stufe 4.

Stufe 4 ist ein weiterer einschneidender Schritt. Stufe 4 kann Jahre von den Stufen 2 & 3 entfernt liegen. Jeder wird sich dem auf verschiedene Art nähern. Aber es gibt auch einen Trick, den man anwenden kann. Die Nasengänge sind hoch und eng, während die Zunge dünn und breit ist. Die Zunge kann also nur in die Nasengänge gelangen, wenn sie sich auf die Seite dreht. Doch auf welche Seite? Die eine Seite ist dazu besser geeignet als die andere. Die Zunge kann auf natürliche Weise mit der Oberseite zum Zentrum hin gedreht werden, indem man dem Kanal am oberen Ende des Schallrohres jedes der eustachischen Röhren in die anliegenden Nasengänge folgt. Dadurch wendet sich die Oberseite der Zunge ganz natürlich zur Mitte hin und erlaubt es ihr, an der Seite der Nasenscheidewand nach oben in den Nasengang zu gleiten. Durch das Drehen der Zunge nach innen zum Zentrum kommt man nach oben in die Gänge. Der Eintritt in Stufe 4 ist genauso drastisch wie das Eintreten in Stufe 2, weil die Gewebe in den Nasengängen extrem empfindlich sind. Setzt man sich in der beschriebenen Weise mit ihnen in Verbindung, hebt es das Nervensystem auf ein weiteres höheres Niveau. Stufe 4 führt zu einer ausgedehnten Stimulation des oberen Endes der Sushumna wie auch von Ida und Pingala und dies hat enorme Auswirkungen auf das gesamte Nervensystem, besonders wenn es zusammen mit unserem Pranayama und den dazugehörigen Bandhas und Mudras ausgeführt wird.

Ist das Gehen in die Stufen 2 & 3 zur zweiten Natur geworden, kommt man auch auf natürliche Weise in Stufe 4. Bevor das erreicht ist, werden wir aufgrund der Empfindlichkeit in den Nasengängen nicht besonders davon angezogen. Unser sich öffnendes Nervensystem und das ansteigende Bhakti bringen uns – sobald wir dazu bereit sind – zur Stufe 4.

Ist man einmal in die Nasengänge eingedrungen, kann die Zunge während Pranayama und Yoni Mudra Kumbhaka dazu genutzt werden, die „Wechselatmung durch verschiedene Nasengänge“ zu üben. Dies beschert eine abwechselnde Stimulierung in den Nasengängen und erzeugt zusätzliche Reinigungseffekte in der Sushumna sowie in Ida und Pingala. Unser Pranayama und Kumbhaka werden in Kechari Stufe 4 in höchstem Maße aufgeladen.

Die vier Stufen von Kechari fördern die wichtigsten neurologischen Vorgänge der Öffnung im Kopf und im gesamten Nervensystem. Kechari ist eine der angenehmsten und weitreichendsten aller fortgeschrittenen Yoga-Übungen. Kechari bildet in unseren fortgeschrittenen Yoga-Übungen eine Hauptschwelle zu einem viel höheren Niveau.

Sprechen wir nun etwas über die Membran/Sehne an der Unterseite der Zunge, die man „Frenum“ nennt.

Für die meisten von uns wird das Frenum den Engpass darstellen, der uns daran hindert, durch die Stufen von Kechari zu wandern. Zur Frage, ob das Frenum durchtrennt werden sollte oder nicht, gibt es keine einhellige Meinung. Einige behaupten, dass man sich Kechari verdient hat oder nicht, je nach dem, welche Art von Frenum wir unter der Zunge besitzen und dass der einzige Weg zu Kechari im Dehnen des Frenums besteht. Sind wir nicht in der Lage, das Frenum weit genug zu dehnen, um in Kechari hineinzukommen, so sei das „Gottes Wille“.

In diesen Lektionen unterstützen wir diese limitierende Ansicht nicht. Unser Standpunkt hier lautet: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.“

In diesen Lektionen sehen wir das Frenum als einen Haltegurt an, der etwas zurück geschnippelt werden kann, sobald die Zeit dazu reif ist. Das hält uns von Kechari entfernt, bis wir dazu bereit sind. Sind wir bereit, und jeder von uns weiß selbst, wann dies so weit ist, kann das Frenum beschnitten werden. Das Frenum ist mit einem „Jungfernhäutchen“ vergleichbar. Ist eine Frau für den Geschlechtsverkehr bereit, verschwindet ihr Jungfernhäutchen. Bis dahin dient es als Schutz. Dieses Durchbrechen des Jungfernhäutchens kann ein anstrengendes und schmerzhaftes Ereignis sein, wenn es erzwungen wird. Früher oder später wird es auch zum erzwungenen Öffnen des Frenums kommen, weil das Gehen in Kechari genau so natürlich ist wie der Geschlechtsverkehr. Es ist eine biologische Bestimmung für uns. Dazu kommt es, sobald das Nervensystem reif dafür ist. Die fortgeschrittenen Yoga-Übungen bringen uns mit jedem Tag der täglichen Übung näher an diesen Übergang heran.

Kechari ist das Ergebnis einer zweiten Pubertät in uns – unserer spirituellen Pubertät. Mit dem Reinerwerden unseres Nervensystems verstärkt sich auch unser Bhakti. Mehr als alles andere ist es unser Bhakti, das uns in Kechari befördert. Will erst einmal jede Faser unseres Körpers Gott, gelangen wir auch dahin. Die Zunge wird sich zurückrollen und dorthin gehen – ganz einfach.

Wird unsere Zunge einmal durch unser Bhakti in Kechari zurückgeworfen, muss das Brechen des Frenum-Jungfernhäutchens keine Schmerzen verursachen oder anstrengend sein. Es kann alles sehr leicht und sanft abgehen. Vor allen Dingen kann und sollte es schrittweise vonstatten gehen. Es wird mit sehr winzigen Schnitten vollzogen – winzige Schnitte, ein jeder so dünn wie ein Haar oder ein sehr feiner Faden. Ein sterilisierter scharfer Nagelhautschneider (ähnlich einem kleinen Drahtschneider) kann für diesen Zweck eingesetzt werden – Stückchen für Stückchen. Heben wir unsere Zunge, können wir genau sehen, wo der Punkt der größten Spannung am Frenum liegt. Bringen wir dort einen winzigen Schnitt an, nicht breiter als ein Haar, wird es wahrscheinlich nicht einmal bluten – möglicherweise ein Tropfen. Falls es mehr als ein Tropfen ist, haben wir zu tief geschnitten. Der winzige Schnitt heilt in ein oder zwei Tagen. Die Gewebe im Mund heilen sehr schnell. Dann, möglicherweise nach einer Woche oder einem Monat, wann immer wir ein gutes Gefühl dabei haben, sind wir bereit, den Vorgang zu wiederholen – und dann nach einer weiteren Woche oder mehr, kannst du es wieder tun. Sind wir empfindlich, können wir ein bisschen Eis zur Betäubung des Frenumrands benutzen. Dann spürst du beim Schnippeln nicht einmal einen kleinen Kniff. Verwende das Eis jedoch nicht, um einen großen Schnitt anzubringen. Das ist zu viel und birgt ein gewisses Infektionsrisiko. Auch sollten wir nicht schneiden, wenn wir irgendeine Art von Infektion im Körper haben. Feine Schnitte werden es dem Frenum der Zunge im Nu erlauben, weiter zurückzugehen und bevor wir es wissen, können wir unsere Zunge mit den Fingern hinter den weichen Gaumen drücken.

Sobald wir uns einmal in Kechari Stufe 2 befinden, können wir mit den feinen Schnitten fortfahren. Das hilft uns, weiter zu Stufe 3 zu gelangen. Danach können wir mit den winzigen Schnitten immer noch weiter machen, auch wenn wir schon an der Spitze des Nasenrachenraums angekommen sind. Dies hilft uns, noch über die Stufe 4 hinauszukommen. Das nimmt Jahre in Anspruch. Es besteht jedoch keine Eile. Wir können viele Monate oder auch Jahre überhaupt ohne Schneiden weitermachen und uns zufrieden der Stufe von Kechari, die wir bis dahin erreicht haben und des stetigen spirituellen Wachstums, das damit einhergeht, erfreuen. Dann inspiriert uns vielleicht wieder etwas, mit der Zunge weiter nach oben zu gehen und wir nehmen wieder einige Schnitte vor.

Macht man mit dem Schnippeln auch nach Erreichen von Kechari Stufe 2 weiter, wird es sehr leicht, es auszuführen. Das Frenum gibt langsam nach, und der Rand, den es bildet, sobald man es streckt, wird wie eine Hornhaut. Man verspürt dann beim Durchschneiden keinen Schmerz mehr und es fließt kein Blut. Es ist nicht schwierig, es so zurückzustutzen, dass die Zunge weiter nach oben zu fortgeschritteneren Stufen von Kechari gehen kann. Zeitlich gesehen ist dies eine lange Reise, doch sie ist erfüllend. Es kann Jahrzehnte dauern, bis man von Stufe 1 zu Stufe 4 kommt. Aber es besteht keine Eile. Das Nervensystem weiß, was zu geschehen hat. Weiß es das, wissen wir es durch unser Bhakti.

Das Frenum eines jeden Menschen ist unterschiedlich. Einige wenige können in Kechari ohne ein Schnippeln eintreten. Bei anderen ist sehr viel Schnippeln notwendig. Beim Rest von uns liegt es irgendwo dazwischen. Wie immer das geartet sein mag, wir wissen, was zu tun ist, sobald unser Bhakti aufsteigt. Niemand anders kann uns sagen, was wir wann tun sollen. Alles in diesen Lektionen ist ein Informationsangebot, damit Du Dir eine bessere Vorstellung davon machen kannst, was Deine Optionen sind, wenn Dein Bhakti sich bemerkbar macht.

Einige werden medizinische Einwände bezüglich der Beschneidung des Frenums anführen. Die meisten Ärzte werden Bedenken anmelden. Besteht eine Gefahr? Es besteht immer eine gewisse Gefahr, wenn wir etwas Neues unternehmen. So ist das Leben. Die Praxis des Frenum-Zurechtschnippelns für Kechari gibt es seit Tausenden von Jahren – mindestens so lange wie die Beschneidung, Piercing oder Tattoos. Das soll nicht heißen, dass diese anderen Typen von Körperveränderungen sich in derselben Klasse wie Kechari tummeln. Das tun sie keineswegs. Kechari ist eine der fortgeschrittensten Yoga-Übungen auf dem Planeten. Wissen wir einmal, dass wir dazu bereit sind, werden wir gewillt sein, jedes Risiko auf uns zu nehmen, das mit dem Eintreten darin verbunden sein mag. Jeder wählt seinen eigenen Weg entsprechend der Gefühle, die in seinem Herzen aufsteigen.

Diese Lektion ist nicht dazu da, Kechari Stufe 2 und höher für jedermann anzupreisen. Sie ist dazu da, eine nützliche Information für all jene zu liefern, die Kechari-Symptome erfahren und merken, dass sie sich auf natürliche Weise danach strecken, über die Stufe 1 hinauszugelangen. Was Du mit der Information hier anstellst, ist Deine eigene Sache. Erinnere Dich daran, Dich stets mit Dir selbst entsprechend Deinem Vermögen und Deinen Erfahrungen abzustimmen.

Der Guru ist in Dir.

Video zu Kechari Mudra

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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