Lektion 382 – Ist Ekstase eine Grundvoraussetzung für die Erleuchtung?

Frage: Ist Ekstase eine Grundvoraussetzung für die Erleuchtung?


Antwort: Das hängt davon ab, was wir unter Ekstase verstehen und auch davon, was wir unter Erleuchtung verstehen.


Verstehen wir unter Ekstase den energetischen Fluss von Stille durch das Nervensystem des Menschen und unter Erleuchtung die Entfaltung der Stille im Handeln als Ausdruck der Einheitserfahrung, dann ist Ekstase in der Tat eine Grundvoraussetzung für die Erleuchtung. Ohne die energetische Komponente kann es kein göttliches Ausfließen, keine Stille im Handeln geben.


Auf der anderen Seite ist Ekstase keine Voraussetzung für irgendetwas, falls wir darunter die sogenannten ekstatischen Empfindungen verstehen, die der Energiefluss durch noch zu reinigende Nerven hervorruft. Die Voraussetzung ist lediglich das Fortsetzen des Reinigungsprozesses, der sich in einer anhaltenden dramatischen Erfahrung darstellen kann, je nach der Matrix von Blockierungen, die im Inneren aufgelöst werden. Mit der Zeit verfeinern sich derartige Symptome und werden äußerst subtil, so dass sie dann auf der Grenze zwischen physischer Ekstase und der Glückseligkeit bleibender innerer Stille zu verorten sind. Bei der Beschreibung dieser Grenze haben wir den Ausdruck „ekstatische Glückseligkeit“ benutzt und hier ist keine Unterscheidung zwischen den beiden möglich, da sie vereinigt sind. Mehr zu diesem Thema kannst du in Lektion 113 nachlesen.


Falls wir Erleuchtung als glückselige bleibende innere Stille definieren, wie wir bei den Fortgeschrittenen Yoga Übungen die erste Stufe der Erleuchtung abgrenzen (vergleiche Lektion 35), dann ist Ekstase dafür genauso wenig eine Voraussetzung. 


Ekstase kann auf der zweiten Stufe der Erleuchtung Teil der Gleichung werden, dann, wenn die ekstatische Leitfähigkeit und die Verfeinerung (das Nach-innen-Kehren) der sinnlichen Wahrnehmung auftritt. Dies ist notwendig, bevor sich die Stufe der Vereinigung ereignet, wie das oben erwähnt wurde. Doch der Grad, bis zu dem man diese Stufe als „ekstatisch“ erfährt oder auch nicht, ist abhängig von unserer inneren Reinigung und Öffnung. Sind wir mit der Reinigung weit vorangeschritten, kann das ekstatische Feuerwerk klein ausfallen. So erfährt man dies auf jeden Fall auf späteren Abschnitten der Reise. Deshalb kann es Fälle geben, in denen man von der Ekstase auf irgendeinem Punkt der zweiten Stufe der Erleuchtung nicht viel bemerkt. Doch etwas wird sich bewegen und dieses Etwas ist Stille, wodurch unsere Wahrnehmung von inneren und äußeren Objekten hin zur Erkenntnis der Einheit verfeinert wird. Dies stimuliert den Fluss von göttlicher Liebe, was uns den Weg zum Dienen ebnet.


Die wahre Frage besteht darin, ob wir erleuchtet sein können, ohne uns im Dienst für andere auf irgendeine Weise zu engagieren. Nicht dass Dienst eine Voraussetzung für die Erleuchtung darstellt. Vielmehr ist er ein Synonym dafür. Definitionsgemäß ist Erleuchtung keine persönliche Errungenschaft, auch nicht das Sammeln von Ekstase und aller anderen Arten persönlicher Erfahrung. Es ist ein Zustand der Universalität. Ekstatische Glückseligkeit ist davon ein natürliches Beiprodukt. Erleuchtung ist also die Voraussetzung für ekstatische Glückseligkeit und nicht anders herum. Übungen wiederum sind die Voraussetzung für Erleuchtung.


Es ist offensichtlich, dass in der Welt ohne einen Energiefluss nichts geschehen kann. Definieren wir Erleuchtung als etwas, das sich in der Welt ereignet, dann besitzt sie definitionsgemäß eine energetische Komponente. Ob wir diese energetische Komponente als Stille im Handeln, ausfließende göttliche Liebe, einen Ausdruck der Einheit oder Ekstase bezeichnen, ist zweitrangig. Es ist alles das Gleiche. Damit sich Stille bewegt, ist ein Vehikel notwendig. Dieses Vehikel sieht unter verschiedenen Umständen anders aus. Auch alle Symptome der Reinigung passen dazu, die unangenehmen, die uns zur Selbstabstimmung unserer Übungen inspirieren, eingeschlossen.


Letztendlich sind die vielen erfahrungsbezogenen Unterscheidungen nur insoweit wichtig, als sie uns dazu inspirieren, mit unseren Übungen bis zum Ende weise weiterzumachen. Danach sind wir nicht länger von äußeren Bezeichnungen abhängig und können unsere Erfahrungen aus erster Hand mit allen Worten beschreiben, die wir als geeignet betrachten. Das ist der Grund, warum wir um die Voraussetzungen für die Erleuchtung, Meilensteine, usw. kein so großes Aufheben machen. Alles ist in jedem von uns und dort werden wir es auch finden. Äußere Voraussetzungen, Meilensteine und Definitionen sind lediglich Stützen, die uns motivieren weitermachen, bis wir die Wirklichkeit in uns selbst entfalten. Das menschliche Nervensystem ist das Tor zum Göttlichen. Das ist es, was wir durch direkte Erfahrung entdecken.


Das Wichtigste ist, dass wir weitermachen und uns nicht an Voraussetzungen, Vorbedingungen und erfundenen Vorstellungen über das, was wir Denken, dass die Erleuchtung sein sollte, aufhängen. Für jeden von uns ist die Szenerie entlang des Wegs ein wenig anders. Wir werden es wissen, sobald wir es sehen und können fortfahren, die Vorgehensweise unserer Übungen allen Symptomen vorzuziehen, die auftreten mögen – auch jeder vielleicht vorhandenen Neigung, Symptome oder deren Abwesenheit überzuanalysieren. Bei der Reise zur Erleuchtung geht es um die Beständigkeit unserer Übungen im Laufe der Zeit, nicht um die Szenerie, der wir entlang des Wegs begegnen mögen.


Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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