Lektion 384 – Die Standardübungssysteme und Forschung zu Variationen

Lektion 384 – Die Standardübungssysteme und Forschung zu Variationen

In der heutigen Zeit erleben wir das Auftauchen von Open-Source Systemen spiritueller Übungen. Mit diesem neuen Trend sind zwei Kernelemente verknüpft: Die „Standardübungssysteme“ und die „Variationen“. Ohne anerkannte Wissensstandards sind wir vergleichbar mit kleinen Booten, die auf hoher See ohne sicheren Hafen, den wir Heimat nennen könnten, herumgewirbelt werden. Ohne Variationen zum Zweck der Anpassung an unsere individuellen Notwendigkeiten finden wir uns womöglich in einem steifen System wieder, das unser Wohlbefinden und unseren spirituellen Fortschritt ersticken kann.


Das FYÜ System von Übungen ist ein „Standardsystem“, das als alleinstehender Ansatz für die Kultivierung der spirituellen Transformation des Menschen genutzt werden kann. Man kann das FYÜ-System aber auch heranziehen, um jeden anderen Ansatz mit Übungselementen daraus zu ergänzen, um so die allgemeine Effektivität eines beliebigen spirituellen Pfads zu verbessern.


Auch wenn das FYÜ-System bisweilen unbeweglich und monolithisch erscheinen mag, ist das nicht beabsichtigt. In Wirklichkeit soll es ein effektives Fundament von Übungen bilden, das man an individuelle Bedürfnisse anpassen kann. Funktionieren die Fortgeschrittenen Yoga Übungen nicht so, wie sie gedacht sind, selbst mit Anwendung der Selbstabstimmung, dann sollte man Veränderungen und Alternativen in Betracht ziehen. Hat man das gemacht, ist es sehr hilfreich, die Ergebnisse mitzuteilen, damit viele von unseren effektiven Erfahrungen profitieren können. Dazu dienen die AYP-Online-Foren und die Community (bisher vor allem englisch).


Zu den Übungen gibt es Variationen ohne Ende und es ist nicht möglich, diese alle in einer einzelnen Kernunterweisung abzudecken und gleichzeitig ein stimmiges Standardsystem bereitzustellen. Außerdem ist es für eine einzelne Person genauso unmöglich, jede erdenkliche Variation zu den Übungen zu behandeln. Allerdings können wir als eine Gemeinschaft von Praktizierenden viele Erfahrungen über ein weites Spektrum verteilt betrachten und die Anwendungen des Standardsystems den individuellen Notwendigkeiten entsprechend justieren.

Für ein selbstbestimmtes Üben ergibt dies eine gangbare Vorgehensweise für gutes Vorankommen – ein Standardsystem, das soviel Flexibilität mitbringt, dass es an jede individuelle Situation angepasst werden kann. Darum geht es im Wesentlichen bei der Selbstabstimmung: Jeder justiert seine Übungszeiten so, wie die eigene Situation es erfordert, um die Ergebnisse im Sinne von gutem Fortschritt bei gleichzeitiger Annehmlichkeit zu ermöglichen. Gleiches gilt für Variationen bei den Arten von Übungen, die man macht. Das haben wir in den Lektionen zu den zu wenig empfindlich und den überempfindlich Meditierenden (vgl. Lektion 365-367) erörtert.


Anmerkung: Dehnt man das Pranayama der Wirbelsäulenatmung, die Tiefe Meditation oder das Samyama der Fortgeschrittenen Yoga Übungen mehr als 5 bis 10 Minuten über die Standardzeiten, wie sie in Lektion 385 angegeben sind, hinaus aus oder auch irgendeine andere energetische FYÜ Übung mehr als 5 Minuten, kann das dazu führen, dass es zu unangenehmen Symptomen des Übertreibens kommt. Derartige übermäßige Zusätze liegen außerhalb des FYÜ-Standardsystems und stellen ein Experiment des Übenden dar. 


Obwohl ein Standardübungssystem für viele nützlich sein mag, sollten wir immer vorsichtig damit sein, welche „geistige Größe“ wir diesem oder jemandem, der es geschaffen hat, zuschreiben. Die Wahrnehmung von geistiger Größe hat die Tendenz, ein unabhängiges Erforschen und Innovation zu untergraben. Im schlimmsten Fall führt eine ungerechtfertigt zugeschriebene geistige Größe zu einer Glaubenskultur, bei der die einen eine Eigenschaft besitzen, die anderen nicht, was auch unter der Bezeichnung Sektierertum bekannt ist. Das ist ein großes Hindernis für Fortschritt. Deshalb hoffe ich, dass Vorstellungen von „horizontaler Übertragung“ von Wissen und ein Teilen auf gleicher Rangstufe immer ein Markenzeichen der Fortgeschrittenen Yoga Übungen sein werden.


Andererseits bedeutet ein unabhängiges Forschen und Innovation nicht, dass man 50 Dinge in schneller Abfolge ausprobiert, so dass man wenig von jedem profitiert. Auch geht es dabei nicht darum, dass man einem Standardsystem, dessen Sinn darin besteht, dem Übenden einfache und effektive Mittel für die Aktivierung der wesentlichen Prinzipien für die spirituelle Transformation des Menschen bereitzustellen, übermäßig viele Variationen und Komplexität hinzufügt.

Auf dieser Grundlage, zusammen mit einer stabilen täglichen Routine von Übungen kann das Erforschen und Abändern auf vorsichtige und fruchtvolle Weise auftreten, nicht viel früher. Anfänger verdienen etwas Klarheit. Deshalb rate ich stets dazu, dass Anfänger die FYÜ-Schriften durchgehen, bevor sie zu sehr in solche Variationen der Übungen eintauchen, die nicht im Rahmen der Selbstabstimmung gefordert sind. Auf dem Gebiet der Spiritualität ist weniger in der Regel mehr und es ist die Aufgabe eines jeden von uns, unseren eigenen Ansatz in Übereinstimmung mit unserem einzigartigen Prozess der Reinigung und Öffnung zu gestalten.


Seit ganz am Anfang der Fortgeschrittenen Yoga Übungen im Jahre 2003 wurden ständig zahlreiche Variationen und alternative Ansätze in großen Bergen von E-Mails an mich und ähnlich in online Support Foren vorgeschlagen. Oft wurde danach ersucht, dass ich Variationen, Alternativen und sogar komplette alternative Systeme gutheiße. Manchmal ging man dabei so weit, von mir zu fordern, ich solle das Standardsystem der Fortgeschrittenen Yoga Übungen auf ihre Vorstellungen zugeschnitten neu schreiben!


Dies ist ein heikles Unterfangen, weil eine Übung oder ein System von Übungen, das nach einer äußeren Validierung sucht, diese oft nur auf Kosten der eigenen inneren Validierung durch direkte Erfahrung und Beobachtung von Ursache und Wirkung findet. Bei Letzterem ist keinerlei Validierung von außen nötig. Wird das dann mitgeteilt, sind diese Ergebnisse für viele selbstevident.


Deshalb besteht da überhaupt keine Notwendigkeit für eine externe Validierung oder dass man irgendjemandem etwas aufzwingt. Teilen wir unsere Erforschungen und Erfahrungen offen und ehrlich, und verzichten wir auf äußere Validierung, dann werden einige Übende mit dem in Resonanz gehen, was wir teilen und andere nicht. So funktioniert es auch im FYÜ-System. Eine Schuhgröße passt nicht für alle. Deshalb beginnen wir mit dem Standardsystem und gehen von da aus weiter. Wir verbinden uns mit Wissen, Übungen und Erfahrungen auf Wegen, die am besten zu unserer Natur passen. Wir werden es wissen, sobald wir es sehen.


Jeder, der sich mit selbstbestimmten spirituellen Übungen beschäftigt, ist ein Forscher auf dem Gebiet des Bewusstseins. In der Vergangenheit war dies eine einsame Angelegenheit, die nur den Wenigen vorbehalten war. Oft wurde daran im Geheimen gearbeitet. Der allgemeinen Bevölkerung wurden nur Bruchstücke mitgeteilt. Von denen, die Zugang erhalten wollten, wurde oft ein Schwur auf Körper, Seele und Bankkonto eingefordert.

Deshalb stufte man das meiste spirituelle Wissen als geheimnisvoll und esoterisch ein. Vielleicht gab es dafür gute Gründe. Wissen konnte in den vergangenen Jahrhunderten nicht leicht weitergetragen werden und viel Aberglauben umgab den Prozess der spirituellen Transformation des Menschen. Selbst jene, die sich darüber klar und deutlich auszudrücken verstanden, fanden keine große Zuhörerschaft. Erst im Laufe der Jahrhunderte wurde das aufbewahrte Wissen zu spirituellen Übungen langsam zugänglicher und verbreiteter genutzt.


In der Zeit, in der wir leben, bietet sich uns eine günstige Gelegenheit. Das Informationszeitalter ist angebrochen und wir befinden uns inmitten einer Explosion angewandten Wissens in allen Feldern menschlichen Bestrebens. Das Gleiche vollzieht sich auf dem Gebiet der spirituellen Transformation des Menschen.


Heute haben wir ungehinderten Zugang zu sehr viel mehr Übungen und wir befinden uns im Prozess einer beschleunigten Integration und Anwendung der Mittel, die die Reinigung und Öffnung unmittelbar in uns kultivieren. Die acht Yoga-Glieder, die von Patanjali vor Jahrhunderten vorgelegt wurden, sind nicht länger nur eine Liste der Möglichkeiten und Beziehungen von Übungen und Erfahrungen, sondern auch eine Liste, die wir unter Nutzung von wirklichen Hilfsmitteln für die Transformation anwenden können. Wir dehnen uns vom Philosophischen zum Praktischen aus und jeder Tag bringt eine Lernerfahrung, aufgrund derer wir Anpassungen in den Übungen vollziehen können, die zu immer mehr direktem Wissen darüber führt, was wir sind.


Die Reise, auf der wir uns befinden, ist unsere Forschung und wir sollten sie mit anderen teilen. Auf diese Weise können wir herausfinden, was bei unserer Entwicklung Gemeinsames auftritt und was vielleicht von der Norm abweicht. Tatsächlich stellt es sich heraus, dass die Abweichungen geringer sind, als wir angenommen haben. Die Abweichungen werden meist von uns Menschen hervorgerufen. Das menschliche Nervensystem ist überall gleich und die Prinzipien und Fähigkeiten für die Reinigung und Öffnung hin zu göttlichen Erfahrungen sind ebenfalls die gleichen.


Worin unterscheiden wir uns also? Vielleicht in unserer Kultur und Religion und den Varianten der Methoden, die uns überliefert wurden. Doch am Ende arbeiten wir alle am selben Projekt, unabhängig davon, wo wir herkommen und welche Hilfsmittel wir einsetzen. Unsere inneren Blockierungen (Karma) mögen variieren, doch die Mittel für die Reinigung und Öffnung unseres Nervensystems sind im Wesentlichen die gleichen. Die acht Yoga-Glieder decken die gesamte Bandbreite ab und wenn wir uns auf ein Glied konzentrieren, denn finden wir aufgrund der Verbundenheit des Yoga, die in uns lebendig ist, sicher auch die anderen.


Aufgrund der täglichen Praxis mit Selbstabstimmung und des offenen Mitteilens wird die Wahrheit in der heutigen Zeit immer sichtbarer. Dies ist die Straße, die in die Zukunft führt. Es liegt in unseren Händen, das Vorankommen der angewandten spirituellen Wissenschaft für alle Zeiten am Köcheln zu halten.


Es gibt zahlreiche spirituelle Pioniere, die heutzutage auftauchen und mit Hilfe der systematischen Anwendung spiritueller Praktiken auf Wegen vorwärts marschieren, die zuvor nie ausprobiert wurden. Schließlich werden auch moderne Forschungs- und Weiterbildungseinrichtungen auf den Zug aufspringen und den Weg zu einer gründlichen Erforschung der Methoden menschlicher spiritueller Transformation ebnen. Ein immer größer werdendes Segment der Bevölkerung, das täglich praktiziert, wird sie dabei unterstützen.


Warum werden diese Einrichtungen schließlich die Führung übernehmen? Weil es große Probleme der öffentlichen Wohlfahrt gibt, die zur Diskussion stehen – Gesundheit, Wohlergehen, Glück aller Nationen und Kulturen der Welt. Entfalten wir das volle Potential des Individuums, entfalten wir auch das volle Potential der Gesellschaften überall auf dem Globus. Genauso wie industrielle und Informationstechnologien das Leben auf der Erde verändert haben, genauso werden spirituelle Technologien die Lebensqualität überall verbessern. Deshalb werden sich die großen Institutionen am Aufdecken der speziellen Mechanismen der menschlichen spirituellen Transformation und an den Mitteln für ihre Optimierung auf allen Ebenen stark beteiligen.


Wie auf allen anderen Feldern menschlichen Bestrebens wird uns anhaltende Erforschung und Entwicklung der praktischen Anwendung spirituellen Wissens zu einer Lebensqualität verhelfen, die wir uns heute noch kaum vorstellen können. Das alles ist in Samenform bereits in uns enthalten. Nun bringen wir unser volles Potential zur Erfüllung und jeder wird daran teilhaben.


Dies wird kein Wissen sein, das auf charismatischen Persönlichkeiten beruht, die in jeder Generation aufgetaucht und wieder verschwunden sind. Vielmehr wird es ein Wissen sein, das von jedem von uns angewandt, dokumentiert und ständig zu effizienteren Anwendungsformen weiterentwickelt wird, die überprüft, verbessert und auf praktischen Wegen für viele zukünftige Generationen von jedem zum Einsatz gebracht werden können.


Das ist die Wahrheit, nach der wir hier suchen. Die Fortgeschrittenen Yoga Übungen können eine nützliche Ausgangslage darstellen, auch wenn sie nicht die perfekte Antwort für jeden zu jeder Zeit darstellen. Dies gilt für jedes System spiritueller Übungen. Der Schlüssel liegt in der andauernden Forschung und Entwicklung von praktischem Wissen, das auf Ursachen und Wirkungen in der realen Zeit basiert.


Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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