Lektion 361 – Ramana Maharshi und die Fortgeschrittenen Yoga Übungen (FYÜ)

Frage: Ich denke, dass es da einen wichtigen Punkt gibt, den die Meditationsansätze unberücksichtigt lassen. Ramana Maharshi sagte immer, dass die kraftvollste Übung die sei, den Gedanken bzw. das Gefühl von „Ich“ ausfindig zu machen.

Meditation ist mehr eine Objekt-Subjekt-Übung. Ja, sie beruhigt den Verstand, doch dann wenn die Meditation zu Ende ist, rate mal, wer dann wieder zum Vorschein kommt? Das Ego/der Verstand.

Sucht man ständig nach der Quelle des „Ich“, selbst inmitten von Arbeit, Spiel und sogar Schlaf, sinkt das „Ich“ hinunter ins Herz, verschwindet und lässt nur die Einheit zurück.
Das ständige Suchen des „Ich“ und das Ignorieren von allem anderen ist eine sehr kraftvolle Übung und das ist das, was von Ramana, Nirsargadatta, Advaita Vedanta, Yoga Vasistha und zahllosen anderen betont wurde.

Als Ergebnis davon erreicht man eine automatische und andauernde Stille des Verstandes und anhaltende Meditation wird zum einzigen Zustand.

Antwort: Meinst du, dass es sich bei der Technik der Verfeinerung des Ich-Gedankens nicht um eine Objekt-Subjekt-Übung handelt?

Nicht-Dualitäts-Lehrer tun die Meditation sehr oft als Objekt-Subjekt-Übung ab und pferchen ihre Schüler gleichzeitig in endlosen Schleifen mentaler Gymnastik ein, was sie dann „Selbst-Analyse“ oder „Selbst-Erforschung“ nennen. Oft ist das dann eine Objekt-Objekt (Verstand/Verstand)-Übung, was noch schlimmer ist. Das ist keine wirkliche Selbst-Analyse oder Selbst-Erforschung.

Da gibt es einen wichtigen Punkt, den man nicht richtig versteht. Den Prozess der Selbst-Analyse (das Analysieren des „Ich“), den du beschreibst, kann man nicht mit irgendeinem Maß an Erfolg durchlaufen, solange nicht die Zeugeneigenschaft vorhanden ist. Und wir können in der Selbst-Analyse nicht über den Zeugen hinausgehen, solange wir nicht die bleibende Stille haben, in der wir das erreichen können.

Bei wahrer Meditation geht es nicht um Objekt oder Subjekt. Dort treffen sich die beiden niemals. Es geht um die Verfeinerung des Objekts in das Subjekt hinein bei jeder Sitzung, bis nur noch das Subjekt (Stille) übrig bleibt. Auf diese Weise kultiviert man die bleibende Stille.

Der Prozess der Verfeinerung des Ich-Gedankens (Objekt) in der Stille ist in Wirklichkeit von Anfang an Meditation. Das ist, was Ramana Maharshi lehrte und das ist eine exzellente Übung für alle, die dafür bereit sind.

Der Unterschied von Ramanas Übung und der tiefen Meditation von FYÜ ist, dass es bei Ramana eine „Bedeutungskomponente“ gibt. D.h., es gibt da noch das „Ich“ und ein „Analysieren“ von diesem mit der Fragestellung, wer oder was das ist. Die Ramana Übung versucht, mehrere Dinge gleichzeitig zu erreichen: 

1. Die Kultivierung der Stille durch die Meditation über den Ich-Gedanken.

2. Die Analyse dessen, wer oder was das „Ich“ ist, den ganzen Weg bis zu seiner Quelle.

3. Der Versuch, das den ganzen Tag, inmitten der täglichen Aktivitäten zu leisten.

Das ist für jene, die noch keinen ausgeprägten spirituellen Hintergrund besitzen, ein bisschen viel, das heißt, für jene, die dafür noch nicht „reif“ sind (vgl. Lektion 328).

Bei den Fortgeschrittenen Yoga Übungen wird derselbe Prozess in verdauliche Komponenten aufgetrennt. Diese kann man Schritt für Schritt in die tägliche Routine aufnehmen:.

1. Kultivierung von bleibender innerer Stille in der tiefen Meditation mit einem Mantra ohne Bedeutung in zwei kurzen täglichen Sitzungen. Das ist viel effektiver als der Versuch, ein Objekt mit Bedeutung den ganzen Tag lang zu nutzen. Merke: Dem haftet nicht mehr das Manko einer Objekt-Subjekt-Übung an, als der Gebrauch des Ich-Gedankens bei der Ramana Technik. In Wirklichkeit sogar weniger, weil keine Bedeutung mitspielt (vgl. Lektion 13).

2. Eine Entwicklung von Fertigkeit im Samyama. Das ist die Fähigkeit, Absichten und Analysen (Bedeutung) in die Stille loszulassen, sowohl während strukturierter Übungen wie auch je nach Neigung während des Tages. Das integriert alles Denken und alle Aktivität in die Stille und erlaubt uns, das ganze Leben als „Stille im Handeln“ zu erfahren (vgl. Lektion 150).

3. Die Einbindung von strukturierter Selbst-Analyse in die Samyama-Übung mittels eines Sutra wie: „Ich-Gedanke – Wer bin ich?“ Daraus kann man gleichwertige Fragestellungen ableiten. Doch es ist wichtig, sich für die zweimal tägliche Übung auf eine zu versteifen, damit die Selbst-Analyse „eingebacken“ werden kann. Das hat eine tiefgreifende Wirkung auf den folgenden Punkt 4 (vgl. Lektion 351).

4. Je nach Neigung ein Analysieren während des Tages auf Grundlage eines starken Fundaments von bleibender innerer Stille (Zeugen) und tiefer Selbst-Analyse, die in strukturierter Übung kultiviert wurden.

Lies auch noch mal in Lektion 350 nach. Dort ist eine ganze Reihe von Selbst-Analyse Methoden aufgeführt, die dem Transzendieren des Zeugen dienen. Wie jemand an die Selbst-Analyse herangeht, hängt von den Neigungen des Individuums und vom Maß des bleibenden Zeugen (der Reife) ab, die sich im Verlauf der Zeit angesammelt haben.

Sowohl Ramana Maharshi wie auch Nisargadatta Maharaj waren sich der Bedeutung der „Reife“ sehr wohl bewusst und unterstützten die Praktizierenden, die alles Mögliche unternehmen, um reif zu werden. Viele ihrer Nachfolger haben nicht annähernd so viel Verständnis besessen und aus diesem Grund ist das Feld der nicht-dualen Selbst-Analyse so esoterisch und problematisch geblieben. Das ist nicht notwendig. Man braucht nur etwas Verständnis für die Mittel des Reifwerdens hinzuzugeben. Dann wird die nicht-duale Selbst-Analyse ein reiches Feld der Erkenntnis für jedermann. 

Nichts davon erfordert nun, dass du irgendetwas an dem änderst, was du im Moment tust, vorausgesetzt du bist bereits reif und löst freudig das „Ich“ in das Herz der Nichtdualität auf. Diese Lektion ist für alle anderen da. Letztendlich geht es nicht um unsere eigene Erfahrung. Es geht darum, dass wir den Prozess für andere auf die effektivste Weise vereinfachen.

FYÜ kümmert sich vor allem darum, allen Menschen dabei behilflich zu sein, reif zu werden. Ist dies einmal erreicht, ist die Ernte unausweichlich. Jnana/Advaita ist eine vorzügliche Erntemaschine.

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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