Lektion 352 – Wie man einen Frosch kocht

Frage: Ich bin ein bisschen durcheinander, was die Erleuchtung betrifft. Ist die Erleuchtung nun ein augenblickliches Ereignis, das nicht von Übungen abhängt, wie einige behauptet haben, oder ist es ein allmählicher Prozess des Erwachens aufgrund von Übungen, wie du sie in deinen Lektionen beschreibst? Wer hat da recht? 

Antwort: Unter der Voraussetzung, dass der Aspirant zu der Zeit, da er zum Verfechter der augenblicklichen Erleuchtung kommt, der behauptet, dass die Befreiung bereits da sei, „reif“ ist, könnte beides zutreffen (vgl. L 328). Aber es ist ganz klar, dass zu diesem Punkt nur ein Prozess führt. Es hängt nur davon ab, wo man sich zufälligerweise in diesem Prozess befindet, ob man die Erleuchtung als augenblicklich ansieht oder nicht. Bevor es tatsächlich dazu kommt, wird der Verfechter von „keine Übungen sind nötig, Erleuchtung ist augenblicklich“ unrecht haben, nicht der Aspirant. Dank der aufrichtigen Anstrengung des Aspiranten werden am Ende beide recht haben.. 

Es gibt nur einen Erweckungsprozess und eine Erweckungserfahrung und es gibt keinen Weg, das zu umgehen, was getan werden muss. Es gibt Wege, das Erwachen zu beschleunigen, doch das Versprechen, dass die augenblickliche Erleuchtung für jeden jeden Moment zur Verfügung steht, ist nicht realistisch. Andererseits steht es aber mit Sicherheit jedem frei, Fortschritte in Richtung dahin zu machen, wenn er/sie nur den Wunsch und die Disziplin aufbringt, den Pfad der Übungen, der vor ihm liegt, zu bereisen. Der Pfad wird in dem Maß deutlich werden, in dem unser spirituelles Verlangen, unsere Bhakti virulent wird. Wir müssen ihn dann nur noch so lange wie notwendig begehen. Tun wir dies, erwachen wir früher oder später zu der Unendlichkeit, die wir sind. Geschieht dies, dann können wir das auch als „augenblicklich“ betrachten, denn es wird klar werden, dass das Ende schon seit Beginn da war. Doch wenn man das Paradox, „dass man nirgendwo hingehen und nichts tun muss“, nur intellektuell umarmt, ist das kein Ersatz für eine ehrliche Anstrengung auf unserem Pfad.

Das Erleuchtetwerden hat im übertragenen Sinn eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Versuch, einen Frosch zu sieden. Wirft man den Frosch in kochendes Wasser, dann wird er sofort wieder herausspringen, und das immer wieder, wenn wir ihn in der Hoffnung eines augenblicklichen Siedens öfter zurückwerfen. Gibt man den Frosch in kaltes Wasser und erhöht man die Temperatur langsam, wird er nicht herausspringen und der Frosch wird ohne Widerstand bald gekocht sein. Vergleichbar damit kocht ein langsames Hochdrehen der Erkenntnishitze mittels gut abgestimmter spiritueller Übungen den Frosch der selbst-identifizierten Bewusstheit (Ego) weich, bevor er noch bemerkt, dass er in ewiges Glückseligkeitsbewusstsein umgewandelt wird. Wirf das Ego in einen Wasserkocher der extremen Transformation, dann springt es wie der Frosch wieder heraus.

Geh also mit deinem springenden Frosch-Ego sanft und schlau um und es wird bald genug gekocht sein – vielleicht nicht im Augenblick,doch wahrscheinlich schneller, als wenn du den Frosch immer wieder am Küchenboden herumjagen musst.

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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