Lektion T18 – F&A – Erleuchtung mit oder ohne Orgasmus?

Frage: Dein Frage&Antwort-Bereich ist sehr lehrreich, danke dafür. Ich habe eine Frage. Für eine Frau, die niemals eine sexuelle Erfahrung hatte, ich meine, wenn sie nicht weiß, was ein Orgasmus ist, ist es für diese möglich, die Kundalini zum Aufsteigen zu bringen? Ist das der Fall, wie geht man dann am besten vor? Bitte beantworte meine Frage. Danke.

Antwort: Danke fürs Schreiben und Teilen Deines Anliegens.

Der Orgasmus ist keine Voraussetzung für das Aufsteigenlassen der Kundalini oder für Erleuchtung. Im Gegenteil, er kann ein Hindernis sein, wenn er zur Besessenheit wird, wie das bei vielen Menschen der Fall ist. Wenn die nicht-tantrische sexuelle Aktivität dann zu groß ist, kommt es zu einem Verlust von Vitalität. Es kann also sogar sein, dass Du einen Vorteil hast. Dies setzt aber voraus, dass Du mit Deiner sexuellen Energie nicht ernsthaft verklemmt bist. Denn sie muss nach oben in das Nervensystem kommen, will man die Erleuchtungsstufe 2 (Ekstase) und 3 (Einheit) erreichen. Du wirst Dich von den Haupt-Lektionen her daran erinnern, dass die erste Stufe anhaltende innere Stille („der Zeuge“) ist.

Zu einer Öffnung der sexuellen (Kundalini-)Energie muss es also irgendwann einmal kommen – nicht nach unten, sondern nach oben. Dazu gehört eine besondere ekstatische Träumerei, die den gesamten Körper ausfüllt. Wie kann das erreicht werden? Das kann mit der Meditation alleine geschehen. Doch wird das lange Zeit dauern. Meditation ist am besten für das Erreichen der Erleuchtungsstufe 1 – unerschütterliches, stilles, reines Glückseligkeitsbewusstsein. Kommt die Wirbelsäulenatmung dazu, wird die gesamte Sushumna von der Wurzel bis zum dritten Auge mit Prana belebt, und das regt zum Erwachen von Kundalini viel mehr an als Meditation alleine. Die Kundalini ist ja definitionsgemäß erwachendes Prana im Wirbelsäulennerv und danach überall im Nervensystem. Dabei kommt das Prana vom riesigen Prana-Speicher im Beckenbereich. Um das etwas zu beschleunigen, können gezielte körperliche Übungen (und Kumbhaka, d.h. Atemrückhaltung) hinzugenommen werden, wie das bereits breit in den Haupt-Lektionen erörtert wurde. In der vorletzten Tantra-Lektion wurde auch erläutert, warum Siddhasana die direkteste Form der Stimulation durch tantrische Übungen, die im Sitzen ausgeführt werden, ist.

Das kannst Du also alles ohne äußere sexuelle Aktivität oder Orgasmus machen, obwohl Du wahrscheinlich einige neue sonderbare Empfindungen in Deinem Beckenbereich und, wenn Dein Yoga Fortschritte macht, auch weiter oben erleben wirst. Das ist unausweichlich. Hast Du starke Liebesgefühle, kannst Du sie zu Deinem spirituellen Ideal lenken, anstatt in eine sexuelle Bahn, und so Dein Bhakti für Deine Übungspraxis verdoppeln. Du kannst eine in weiten Bereichen leidenschaftliche Liebesbeziehung mit Gott durchleben und trotzdem die ganze Zeit zölibatär bleiben – falls das Deinen Neigungen entspricht. Viele große Yogis und Yoginis in der Vergangenheit sind diesen Weg gegangen.

Wie viele und welche der Übungen Du in dein Programm aufnimmst, ist abhängig von Deinen Neigungen. Vielleicht ist die direkte Stimulierung in Siddhasana für Dich nicht geeignet. Vielleicht neigst Du auch nicht zu einigen anderen der gezielteren Übungen. Falls das so ist, ist das in Ordnung. Mit Meditation und Wirbelsäulenatmung alleine kann auch alles erreicht werden. Sogar Meditation ohne etwas anderes kann uns langfristig sehr weit führen. Du musst selbst entscheiden, wie weit Du gehen willst und wie viel ekstatische Energie Du in Deinem Nervensystem in Bewegung haben willst. Es kann ein ziemlich verrücktes Leben werden, wenn man eine schnell aufsteigende Kundalini hat, und das ist nicht jedermanns/frau Sache. Langsam und locker ist für einige vielleicht besser. Wir können uns das aber nicht immer aussuchen. Die Kundalini kann manchmal ihren eigenen Kopf durchsetzen wollen. Übernimmt sie das Kommando, enden wir in einer Partnerschaft.

Was immer die inneren Erfahrungen sein mögen, jeder hat die Freiheit, in seiner eigenen Geschwindigkeit mit den fortgeschrittenen Yoga-Übungen voranzuschreiten. Das gilt für alles – die tantrischen Sexualmethoden eingeschlossen. Am wichtigsten ist es, die unserem Nervensystem natürlicherweise innewohnenden Fähigkeiten zu verstehen und dann die Methoden zur Stimulation auszuwählen, von denen wir fühlen, dass sie für uns angemessen sind. Sogar ein ganz anderer Weg ist okay. Betrachte in diesem Fall all diese Lektionen als „Gedanken-Nahrung“.

Mach Dir keine Sorgen: Sexuell nicht aktiv zu sein, ist kein Nachteil. Du kannst alles auf Deine eigene Art vollbringen. Es liegt in Deiner Entscheidung, wie Du nach Hause reisen willst. Wenn Du die verschiedenen Methoden zur Reinigung und Öffnung Deines Nervensystems erkundest, wirst Du Dein Gleichgewicht in den Übungen finden.

Der Guru ist in Dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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