Kapitel 4 – Meine verhinderte Flucht zum Himalaya

Kapitel 4 – Meine verhinderte Flucht zum Himalaya

[Dieses Kapitel befindet sich noch mehr im Entwurfsstadium, als die anderen. Die Übersetzung der 48 Kapitel wird wahrscheinlich 2024 fortgesetzt und beendet. Der Übersetzer]

„Verlasse unter einem nichtigen Vorwand das Klassenzimmer und nimm ein Droschkentaxi. Halte in dem Gässchen dort, wo dich niemand in meinem Haus sehen kann.“
Das waren meine abschließenden Anweisungen an Amar Mitter, einem Freund aus der Oberstufe, der vorhatte, mich zum Himalaya zu begleiten. Wir hatten den folgenden Tag für unsere Flucht ausgewählt. Vorsichtsmaßnahmen waren nötig, da Ananta ein wachsames Auge auf mich hatte. Er war entschlossen, die Fluchtpläne zu durchkreuzen, von denen er vermutete, dass sie es waren, die mich vor allem beschäftigten. Das Amulett war wie eine spirituelle Hefe lautlos in mir am Werk. In Mitten des himalayischen Schnees hoffte ich den Meister zu finden, dessen Gesicht mir oft in einer Vision erschien.
Unsere Familie lebte jetzt in Kolkatta, wohin Vater nun endgültig hinversetzt worden war. Gemäß der patriarchalischen Tradition in Indien, hatte Ananta seine Braut in unseren Haushalt gebrach und wir wohnten nun zusammen in 4 Gurpar Road. Dort in einer kleinen Mansarde hielt ich meine täglichen Meditationen und bereitete meinen Verstand auf die göttliche Suche vor.
Der denkwürdige Morgen brach an mit Unglück verheißendem Regen. Als ich die Räder von Amars Kutsche in der Gasse hörte, band ich schnell eine Decke, ein Paar Sandalen, das Bild Lahiri Mahasayas, eine Kopie der Bhagavad Gita, eine Gebetskette und zwei Lendentücher zusammen. Das Bündel warf ich aus meinem Fenster im zweiten Stock. Ich lief nach unten und ging an meinem Onkel vorbei, der an der Tür Fisch einkaufte.
„Warum bist du so aufgeregt?“ Sein Blick schweifte misstrauisch über mich.
Ich lächelte ihn unverbindlich an und spazierte zur Straße. Nachdem ich mein Bündel eingesammelt hatte, schloss ich mich Amar mit konspirativer Umsicht an. Wir fuhren nach Chadni Chowk, einem Zentrum für den Handel. Seit Monaten hatten wir das Geld für das Mittagessen gespart, um dafür englische Kleidung kaufen zu können. Ich wusste, dass mein schlauer Bruder leicht die Rolle eines Detektivs übernehmen konnte und dachte wir würden ihn mit unserer europäischen Kleidung überlisten.
Auf dem Weg zum Bahnhof, hielten wir an, um meinen Cousin, Jotin Ghosh, den ich Jatinda nannte, aufzunehmen. Er war ein neu gewonnener Konvertit, der sich nach einem Guru im Himalaya sehnte. Er zog den neuen Anzug an, den wir für ihn bereithielten. So sind wir gut verkleidet, hofften wir! Ein Hochgefühl hatte Besitz von unseren Herzen genommen.
„Alles, was wir jetzt noch brauchen, sind Segeltuchschuhe.“ Ich führte meine Kameraden zu einem Geschäft, in dem Gummi besohlte Schuhe ausgestellt waren. „Gegenstände aus Leder, die man nur herstellen konnte, wenn man Tiere abschlachtete, hatten auf dieser heiligen Reise nichts zu suchen.“ Ich hielt auf der Straße an, um den Ledereinband meiner Bhagavad Gita und die Lederriemen meines in England hergestellten Tropenhelms zu entfernen.
Am Bahnhof kauften wir Fahrscheine nach Burdwan, wo wir planten nach Haridwar in den Vorbergen des Himalayas umzusteigen. Sobald der Zug und damit auch wir Fahrt aufgenommen hatten, brachte ich einige meiner ruhmvollen Erwartungen zu Ausdruck.
„Stellt euch nur vor!“ stieß ich aus. „Die Meister werden uns einweihen und so werden wir die Trance des kosmischen Bewusstseins erfahren. Unser Fleisch wird mit einem derartigen Magnetismus aufgeladen werden, dass wilde Tiere des Himalayas sich uns wie zahm nähern werden. Tiger werden nichts weiter sein als sanftmütige Hauskatze, die unsere Liebkosungen erwarten!“
Diese Bemerkung, in der ich das ausmalte, was mir sowohl wörtlich als auch metaphorische als verlockende Aussicht vorkam, rief bei Amar ein begeistertes Lächeln hervor. Doch Jatinda wandte seinen Blick ab und schaute durchs Fenster auf die vorbeihetzende Landschaft.
„Lasst uns das Geld in drei Teile aufteilen.“ Mit diesem Vorschlag brach Jatinda ein langes Schweigen. „Jeder von uns sollte in Burdwan seine eigene Fahrkarte kaufen. So wird am Bahnhof niemand auf die Idee kommen, dass wir zusammen von zu Hause fortgelaufen sind.“
Arglos stimmte ich zu. Bei Einbruch der Dämmerung hielt unser Zug in Burdwan. Jatinda betrat das Fahrkartenbüro während Amar und ich auf dem Bahnsteig saßen. Wir warteten fünfzehn Minuten, dann fragten wir erfolglos nach ihm. Wir suchten in allen Richtungen und riefen vom Schrecken getrieben Jatindas Namen. Doch er war in die geheimnisvolle Dunkelheit, die den kleinen Bahnhof umgab, entschwunden.
Ich war vollkommen entmutigt und wie nach einem Schock in eine sonderbare Starre versetzt. Wie konnte Gott nur diese deprimierende Episode billigen! Das romantische Ereignis meiner ersten sorgfältig geplanten Flucht zu ihm war auf grausame Weise ruiniert.
„Amar, wir müssen zurückkehren.“ Ich weinte wie ein Kind. Die herzlose Abreise Jatindas ist ein schlechtes Omen. Diese Reise ist zum Scheitern verurteilt.
„Sieht so deine Liebe zu Gott aus?“
Amars Hinweis, dass es sich nur um eine göttliche Prüfung handle, festigte sich mein Herz wieder. Wir erfrischten uns mit den berühmten Burdwan Bonbons, Sitabhag (Nahrung für die Göttin) und Motichur (Klümpchen süßer Perlen). Einige Stunden später stiegen wir in den Zug, der via Bareilly nach Haridwar fuhr. Als wir in Moghul Serai umstiegen, erörterten wir beim Warten auf dem Bahnsteig eine wichtige Frage.
„Amar, es kann sein, dass wir bald von Eisenbahnbeamten genau ausgefragt werden. Ich unterschätze die Schlauheit meines Bruders durchaus nicht! Was aber immer dabei herauskommen sollte, ich sage nicht die Unwahrheit.“
„Alles was ich von dir verlange, Mukunda, ist, dass du still bist. Lache oder grinse nicht, wenn ich spreche.“
In diesem Augenblick sprach mich auch schon ein europäischer Bahnhofsmitarbeiter an. Er wehte mit einem Telegram, dessen Bedeutung ich sofort erriet.
„Lauft ihr vor Ärger von zu Hause fort?“
„Nein!“ Ich war froh, dass seine Wortwahr mir erlaubte mit Nachdruck zu antworten. Nicht ein Ärger sondern „die göttlichste Melancholie“ war der Grund, so wusste ich, für mein unkonventionelles Verhalten.
Dann wandte sich der Beamte an Amar. Das Verstandesduell, das nun folgte, erlaubte mir kaum, die angeratene stoische Würde beizubehalten.
„Wo ist der dritte Junge?“ Der Mann ließ den vollen Klang von Autorität in seiner Stimme mitschwingen. „Komm schon, sprich die Wahrheit!“
„Mein Herr, ich sehe, dass sie eine Brille tragen. Sehen Sie denn nicht, dass wir nur zu zweit sind?“ Amar lächelte frech. „Ich bin kein Magier und kann keinen dritten Gefährten herzaubern.“
Der Beamte war ob dieser Unverfrorenheit sichtbar verdutzt und suchte ein neues Angriffsfeld.
„Wie ist dein Name?“
„Ich heiße Thomas. Ich bin der Sohn einer englischen Mutter und eines konvertierten christlichen indischen Vaters.“
„Wie ist der Name deines Freundes?“
„Ich nenne ihn Thompson.“
Zu diesem Zeitpunkt hatte meine innere Heiterkeit einen Zenith erreicht und ich machte mich kurzerhand in Richtung Zug auf den Weg, der gerade zur Abfahrt piff. Amar folgte mit dem Beamten, der leichtgläubig und diensteifrig genug war, uns in ein Abteil für Europäer zu geleiten. Offensichtlich bereitete ihm der Gedanke an zwei halb-englische Jungen, die in dem für die Eingeborenen reservierten Abteil reisten, Schmerz. Nach seinem höflichen Abschied legte ich mich in meinen Sitz zurück und lachte aus vollem Hals. Mein Freund trug einen Ausdruck unverhohlener Befriedigung, weil es ihm gelungen war, einen alt gedienten europäischen Beamten zu überlisten.
Auf der Plattform war es mir gelungen, das Telegramm zu lesen. Es stammte von meinem Bruder und lautete: „Drei bengalische Jungen in englischer Kleidung laufen von zu Hause Richtung Haridwar über Moghul Serai fort. Bitte halten Sie sie bis zu meiner Ankunft fest. Reichliche Belohnung für Ihre Dienste.“
„Amar, ich hab dir doch gesagt, dass du keine markierten Fahrpläne zu Hause liegen lassen solltest.“ Mein Blick war vorwurfsvoll. „Mein Bruder muss dort einen gefunden haben.“
Mein Freund gab seinen Fehler kleinlaut zu. Wir hielten kurz in Barieilly, wo Dwarka Prasad uns mit einem Telegram von Ananta erwartete. Mein alter Freund versuchte tapfer uns zurückzuhalten; ich überzeugte ihn, dass wir unsere Flucht nicht leichtfertig unternommen hatten. Wie bei einer früherer Gelegenheit lehnte Dwarka meine Einladung ab, sich auf den Weg in den Himalaya zu machen.
Während unser Zug in dieser Nacht in einem Bahnhof stand und ich half schlief, wurde Amar von einem weiteren Beamten geweckt und ausgefragt. Er fiel ebenso den hybriden Charme eines „Thomas“ und „Thompson“ zum Opfer. Mit unserem Zug kamen wir in der Morgendämmerung triumphierend in Hardwar an, wo sich die majestätischen Berge einladend in der Ferne abzeichneten. Wir eilten durch den Bahnhof hinaus und traten in die Freiheit der städtischen Mengen. Als erstes zogen wir wieder einheimische Kleidung an, da Ananta irgendwie unsere europäische Verkleidung durchschaut hatte. Eine Vorahnung von Verhaftung lastete auf meinem Gemüt.
Da wir es für ratsam hielten, Haridwar sofort zu verlassen, kauften wir Fahrscheine für die Weiterfahrt in Richtung Norden nach Rishikesh, ein Stück Erde, das seit langem durch die Füße vieler Meister geheiligt war. Ich war bereits in den Zug gestiegen, während Amar noch auf dem Bahnsteig nachhing. Abrupt wurde er durch den Ruf eines Polizisten zum Stehen gebracht. Unser unwillkommener Beschützer eskortierte uns zu einem Bahnhofsbungalow und bemächtigte sich unseres Geldes. Er erklärte uns auf höfliche Weise, dass es seine Pflicht sei, uns festzuhalten, bis mein älterer Bruder ankommen würde.
Als er erfuhr, dass der Himalaja das Ziel der Schulschänzer war, teilte uns der Polizist eine sonderbare Geschichte mit.
„Ich sehe, dass ihr wild seid auf Heilige! Niemals werdet ihr aber einem größeren Mann Gottes begegnen, als dem, den ich erst gestern gesehen habe. Mein Begleiter auf Streife und ich trafen ihn zum ersten Mal vor fünf Tagen. Wir patrouillierten am Ganges entlang und hielten aufmerksam nach einem gewissen Mörder Ausschau. Wir hatten Befehl, ihn dingfest zu machen, ob tot oder lebendig. Es hieß, er solle sich als Sadhu verkleidet haben, um so Pilger ausrauben zu können. Einen kurze Strecke vor uns erspähten wir eine Gestalt, die der Beschreibung des Verbrechers ähnelte. Er missachtete unseren Befehl anzuhalten und wir rannten, ihn zu überwältigen. Als ich mich ihm von hinten näherte, schwang ich meine Axt mit fürchterlicher Kraft: der rechte Arm des Mannes war fast völlig von seinem Körper abgetrennt.
„Ohne aufzuschreien oder nur einen Blick auf die schreckliche Wunde zu werfen, setzte der Fremde sonderbarerweise seinen eiligen Gang fort. Als wir ihm in den Weg sprangen, sprach er ruhig.
„’Ich bin nicht der Mörder, den ihr sucht.’
Ich war zutiefst gedemütigt, als ich erkannte, dass ich einen Menschen verwundet hatte, der wie ein göttlicher Weiser aussah. Ich warf mich ihm flach zu Füßen, flehte um seine Verzeihung und bot ihm das Tuch meines Turbans an, damit das arg herausspritzende Blut stillen zu können.
„’Sohn, das war nur ein verständlicher Fehler deinerseits.’ Der Heilige blickte mich freundlich an. ‚Lauf nur weiter und mach dir keine Vorwürfe. Die Geliebte Mutter kümmert sich um mich.’ Er schob seinen herunterbaumelnden Arm gegen seinen Stumpen und sieh! er hielt fest; das Blut hörte unerklärlicher Weise auf zu fließen.
„’Komm in drei Tagen zu mir unter jenen Baum und du wirst sehen, dass alles wieder geheilt ist. Dann wirst du dann keine Reue mehr empfinden.’
„Gestern ging mein Streifenkollege und ich erwartungsvoll zur bezeichneten Stelle. Der Sadhu befand sich dort und erlaubte uns, seinen Arm zu untersuchen. Er zeigte keine Wunde oder Spur einer Verletzung!
„’Ich gehe über Rishikesh in die Einsamkeit des Himalaya.’ Er segnete uns, als er uns schnell verließ. Ich fühle dass mein Leben durch seine Heiligkeit auf eine höhere Ebene gehoben wurde.“
Der Polizist schloss mit einem andächtigen Ausruf; diese Erfahrung hatte ihn offensichtlich tiefer als gewöhnlich bewegt,. Mit einer beeindruckenden Geste reichte er mir einen gedruckten Zeitungsausschnitt über das Wunder. Im üblichen Stil eine Sensationsblattes (diese fehlt leider Gottes auch in Indien nicht), übertrieb die Version des Reporters leicht: darin wurde angegeben, der Sadhu sei beinahe geköpft worden!
Amar und ich beklagten, dass wir diesen großen Yogi, der seinem Verfolger in einer christusgleichen Manier vergeben konnte, verpasst hatten. Obwohl Indien die letzten beiden Jahrhunderte materiell arm war, besitzt es dennoch ein unerschöpfliches Kapital an göttlichem Reichtum; spirituellen „Wolkenkratzer“ kann gelegentlich sogar am Straßenrand begegnen, auch wenn man nur ein weltlicher Mensch wie dieser Polizeibeamte ist.
Wir dankten dem Polizisten, dass er uns mit seiner wunderbaren Geschichte unsere Langeweile etwas vertrieb. Er wollte möglicherweise andeuten, dass er vom Glück mehr begünstigt war als wir: ohne sich anzustrengen hatte er einen erleuchteten Meister getroffen; unsere ernsthafte Suche war zu einem Ende gekommen – nicht zu Füßen eines Meisters sondern in einer gewöhnlichen Polizeistation!
Dem Himalaya so nah und ihm dennoch, da wir in Gefangenschaft festsaßen, so fern, sagte ich zu Amar, dass ich den Drang nach Freiheit doppelt so stark in mir fühlte und machte ihm mit einem ermutigendem Lächeln folgenden Vorschlag:
„Wir verdrücken uns heimlich, wenn sich die Gelegenheit bietet. Wir können auch zu Fuß ins heilige Rishikesh gelangen.“
Doch war mein Gefährte pessimistisch geworden, seit uns die handfeste Unterstützung unseres Geldes genommen worden war.
„Wenn wir uns wirklich zu Fuß auf den Weg durch so gefährliches Dschungelgebiet machen, gelangen wir nicht in der Stadt der Heiligen sondern enden in den Mägen von Tigern!“
Nach drei Tagen kamen Ananta und Amars Bruder an. Amar begrüßte seinen Verwandten mit herzlicher Erleichterung. Ich war unversöhnölich; Ananta bekam von mir nicht mehr als einen heftigen Vorwurf.
„Ich kann nachvollziehen, wie du dich fühlst“, besänftigte mein Bruder. „Ich bitte dich nur darum, dass du mich nach Varanasi begleitest, damit du dort einen bestimmten Heiligen zu triffst und dass du danach nach Kolkatta weiterreist, für einige Tage deinen trauernden Vater zu besuchen. Dann kannst du hier deine Suche nach einem Meister wieder aufnehmen.“
Da mischte sich Amar in die Unterredung und bestritt jegliche Absicht mit mir nach Haridwar zurückzukehren. Er genoss die familiäre Wärme. Doch ich wusste, dass ich meine Suche nach meinem Guru niemals aufgeben würde.
Unsere Gruppe bestieg den Zug Richtung Varanasi. Dort bekam ich eine einzigartige und augenblickliche Antwort auf meine Gebete.
Ananta hatte sich einen raffinierten Plan ausgedacht. Bevor er mich in Haidwar aufsuchte, hatte er in Varanasi Halt gemacht und eine gewisse Autorität in den heiligen Schrift gebeten, mich später zu auszufragen. Der Pandit hatte versprochen, mir zusammen mit seinem Sohn gehörig davon abzuraten ein Sanyasi(FN Wörtlich: ein „Entsagender“. Von der Sanskritverbwurzel „fortwerfen“.FN) zu werden.
Ananta führte mich zu ihrem Wohnsitz. Der Sohn, ein junger Mann mit überschwänglichem Auftreten, begrüßte mich im Hof. Er hielt mir einen langen philosophischen Vortrag und behauptete, er besitze hellsichtiges Wissen über meine Zukunft, und missbillige deshalb meinen Plan, Mönch zu werden.
„Du wirst unaufhörlichem Unglück begegnen und unfähig sein. Gott zu finden, wenn du darauf bestehst deinen irdischen Verpflichtungen auszuweichen! Du kannst dein vergangenes Karma(FN Wirkungen vergangener Handlungen dieses oder eines früheren Lebensx, von Sanskrit kri, „tun“.FN) nicht ohne weltliche Erfahrungen ausarbeiten
Krishnas unsterbliche Worte erhoben sich in Antwort darauf zu meinen Lippen: „’Auch derjenige mit dem schlechtesten Karma löst schnell die Wirkungen seiner vergange nen bösen Handlungen auf, wenn er unablässig über mich meditiert. Er wird zu einem Wesen mit hoch entwickelter Seele und erhält bald immerwährenden Frieden. Arjuna, nimm dies als gewiss an: der Devotee der sein Vertrauen in mich legt, stirbt nie!“(FN Bhagavad Gita, IX, 30-31. Krishna war der größte Prophet Indiens. Arjuna war sein herausragendster Schüler.FN)

Yogananda hinter Ananta
Yogananda hinter seinem Bruder Ananta

Ich stehe hinter meinem älteren Bruder Ananta

Letzte Sonnwendfeier, die Sri Yukteswar im Dezember 1935 gefeiert hat. Mein Guru sitzt im Zentrum, ich bin rechts neben ihm im großen Hof seines Ashrams in Serampore.

Allerdings hatten die energischen Voraussagen des jungen Mannes doch etwas mein Selbstvertrauen erschüttert. Mit der ganzen Inbrunst meines Herzens betete ich still zu Gott.
„Löse bitte meine Verwirrung auf und antworte mir jetzt und hier auf der Stelle, ob Du willst, dass ich das Leben eines Entsagenden führe oder das eines weltlichen Mannes!“
Da bemerkte ich einen Sadhu edlen Haltung, der gleich draußen vor dem Grundstück des des Pandits stand. Offensichtlich hatte er zufällig die lebhafte Unterhaltung zwischen dem selbst ernannten Hellseher und mir mit angehört, denn der Fremde rief mich an seine Seite. Ich fühlte eine gewaltige Kraft von seinen ruhigen Augen ausfließen.
„Sohn, höre nicht auf diese unwissende Person. In Antwort auf dein Gebet sagt mir der Herr, dass ich dir versichern soll, dass dein alleiniger Pfad in diesem Leben der des Entsagenden ist.
Voller Erstaunen und Dankbarkeit lächelte ich glücklich über diese eindeutige Mitteilung.
„Geh weg von diesem Mann!“ rief mir die unwissende Person vom Hof aus zu. Mein heiligmäßiger Führer erhob seine Hand zum Segen und ging langsam fort.
„Dieser Sadhu ist genauso verrückt, wie du es bist.“ Es war der grauhaarige Pandit, der diese charmante Feststellung machte. Er und sein Sohn sahen mich finster an. „Ich habe gehört, dass auch er sein Elternhaus verlassen hat und sich auf die ungewisse Suche nach Gott gemacht hat.“
Ich wandte mich ab und bemerkte zu Ananta, dass ich mich auf keine weitere Diskussion mit unseren Gastgebern einlassen wolle. Mein Bruder stimmte einer sofortigen Abreise zu und wir bestiegen bald den Zug nach Kolkatta.
„Mein Herr Detektiv, wie hast du ausfindig gemacht, dass ich mit zwei Gefährten geflohen bin?“ machte ich meiner regen Neugierde während unserer Heimreise Ananta gegenüber Luft. Er lächelte spitzbübisch.
„In deiner Schule fand ich heraus, dass Amar sein Klassenzimmer verlassen hatte und nicht zurückgekehrt war. Ich ging am nächsten Morgen zu ihm nach Hause und grub einen Fahrplan mit Anstreichungen aus. Amars Vater fuhr gerade mit der Kutsche fort und sprach mit dem Kutscher.
„’Mein Sohn fährt heute Morgen nicht mit mir zu seiner Schule. Er ist verschwunden!’ stöhnte der Vater.
„’Von einem Kutscher-Kollegen habe ich gehört, dass ihr Sohn und zwei andere in europäische Anzüge gekleidete Jungs in einen Zug am Howrah Bahnhof gestiegen sind’, behauptete der Mann. ‚Ihre Lederschuhe haben sie dem Taxifahrer geschenkt.’
„So hatte ich drei Anhaltspunkte – den Fahrplan, das Trio von Jungs und die englische Kleidung.“
Ich lauschte den Enthüllungen Anantas mit einer Mischung von Heiterkeit und Verdruss. Unsere Großzügigkeit gegenüber dem Kutscher war ein weinig unangebracht gewesen!
„Natürlich beeilte ich mich, Telegramme an Bahnhofsbeamte in allen Städten zu schicken, die Amar im Fahrplan unterstrichen hatte. Er hatte Bareilly markiert. Deshalb telegrafierte ich auch an deinen Freund Dwarka dort. Nach Erkundigungen in unserer Nachbarschaft in Kolkatta erfuhr ich, dass unser Cousin Jatinda eine Nacht lang nicht zu Hause gewesen ist, doch am folgenden Morgen in englischer Kleidung zurückgekommen sei. Ich suchte ihn auf und lud ihn zum Essen ein. Er sichtlich von meiner freundlichen Art überwältigt und nahm an. Auf dem Weg führte ich ihn unvermutet in eine Polizeistation, wo er von mehreren Polizisten umgeben war, die ich bereits zuvor nach ihrem wilden Aussehen ausgesucht hatte. Unter deren Furcht erregenden Blicken, erklärte sich Jatinda dazu bereit, eine Erklärung für sein mysteriöses Betragen abzulegen.
„’Ich machte mich in freudiger spiritueller Stimmung Richtung Himalaya auf den Weg’, erzählte er. ‚Begeisterung erfüllte mich bei dem Gedanken, dass ich den Meistern begegnen würde. Sobald aber Mukunda schwärmte: „Während unserer Ekstasen in den Höhlen des Himalyayas werden die Tieger wie verzaubert sein und zahmen Kätzchen gleich um uns herumsitzen“, kühlte meine Stimmung merklich ab; Schweißtropfen bildeten sich auf meiner Stirn. „Aber was?“, dachte ich, „wenn sich die bösartige Natur der Tiger durch die Kraft unserer spirituellen Trance nicht veränderte. Werden sie uns dann mit der Freundlichkeit von Hauskatzen behandeln?“ Vor meinen geistigen Augen sah ich mich schon als zwangsläufigen Insassen eines Tigermagens – wobei ich nicht auf einmal, mit dem ganzen Körper, sondern in Raten mehreren Teile davon darin Einzug hielt!“
Mein Ärger über Jatindas Verschwinden löste sich in Gelächter auf. Das urkomische Nachspiel im Zug wog den ganzen Kummer auf, den er mir verursacht hatte. Ich muss zugeben, dass ich auch ein leichtes Gefühl der Befriedigung empfand: Auch Jatinda blieb eine Begegnung mit der Polizei nicht erspart!
„Ananta(FN Ich redete ihn immer mit Ananta-da an. Da ist eine respektvolle Nachsilbe, die der älteste Bruder in einer indischen Familie von seinen jüngeren Brüdern und Schwestern erhält.FN), du bist der geborene Spürhund!“ Mein belustigter Blich war nicht gänzlich frei von Frust. „Und ich werde Jatinda sagen, wie froh ich darüber bin, dass er nicht in verräterischer Absicht gehandelt hatte, wie es schien, sondern sich nur vom vorsichtigen Instinkt der Selbsterhaltung leiten ließ!“
Als ich zu Hause in Kolkatta ankam, bat mich Vater auf rührende Art, meine vagabundierenden Füße zumindest so lange in Zaum zu halten, bis ich die Oberstufe der Schule abgeschlossen hätte. In meiner Abwesenheit hat er liebevoll einen Plan ausgebrütet, und alles in die Wege geleitet, dass ein heiligmäßiger Pandit, Swami Kebalananada(FN Zur Zeit unseres Zusammentreffens hatte sich Kebalananda dem Swamiorden noch nicht angeschlossen und wurde gewöhnlich „Shastri Mahasaya“ genannt. Um eine Verwechslung mit dem Namen Lahiri Mahasayas und dem von Master Mahasaya (Kapitel 9) zu vermeiden, nehme ich auf meinen Sanskrit-Lehrer ausschließlich mit seinem späteren mönchischen Namen Swami Kebalananda Bezug. Seine Biographie wurde kürzlich auf Bengalisch veröffentlicht. Er wurde 1863 im Khulna Distrikt Bengalens geboren. Kebalananda gab seinen Körper im Alter von 68 Jahren in Varanasi auf. Sein Familienname lautete Ashutosh Chatterji.FN), regelmäßig in unser Haus kommen sollte.
„Der Weise wird dein Sanskrit-Lehrer sein“, kündigte mir mein Vater zuversichtlich an.
Vater hoffte, mein religiöses Verlangen zu stillen, indem er mich von einem gelehrten Philosophen unterweisen ließ. Doch das Blatt wendete sich ganz unmerklich: mein neuer Lehrer, weit davon entfernt, mir trockenes intellektuelles Wissen anzubieten, fachte vielmehr die Glut meiner Gottessehnsucht noch weiter an. Mein Vater wusste nicht, dass Swami Kebalananda ein herausragender Schüler Lahiri Mahasayas war. Der unvergleichliche Guru hatte Tausende von Schülern gehabt, die still und leise durch die Unwiderstehlichkeit seines göttlichen Magnetismus zu ihm hingezogen wurden. Später erfuhr ich, dass Lahiri Mahasaya Kebalananda oft als Rishi oder erleuchteter Weiser bezeichnet hatte.
Ein üppiger Lockenwuchs umrahmte das ansehnliche Antlitz meines Lehrers. Seine dunklen Augen waren arglos und klar wie die eines Kindes. Alle Bewegungen seines schmächtigen Körpers zeugten von ruhiger Bedächtigkeit. Stets sanft und liebevoll, war er fest verankert im unendlichen Bewusstsein. Viele unserer gemeinsamen glücklichen Stunden verbrachten wir in tiefer Kriya-Meditation.
Kebalananda war eine renommierte Autorität in den alten Shastras oder heiligen Büchern: Seine Gelehrsamkeit hatte ihm den Titel „Shastri Mahasaya“, mit dem er gewöhnlicherweise angesprochen wurde, eingebracht. Doch meine eigenen Fortschritte in der Sanskrit-Wissenschaft waren nicht nennenswert. Ich war erpicht auf jede Gelegenheit, der prosaische Grammatik beiseite zu lassen und mich vielmehr über Yoga und Lahiri Mahasaya zu unterhalten. So erzählte mir mein Lehrer eines Tages von seinen eigenen Erlebnissen mit dem Meister, wofür ich ihm heute noch dankbar bin:
„Wie war das s eltene Glück beschieden, zehn Jahre in der Nähe Lahiri Mahasayas zu wohnen. Sein Haus in Varanasi war das Ziel meiner allabendlichen Wallfahrt. Der Guru hielt sich stets in einer kleinen Stube im vorderen Bereich des Erdgeschosses auf. Dort saß er im Lotussitz auf einem hölzernen Sitz ohne Lehne und seine Schüler umgaben ihn im Halbkreis. Seine Augen strahlten und tanzten mit der Freude des Göttlichen. Sie waren halb geschlossen und blickten durch das innere Teleskop in eine Sphäre ewiger Glückseligkeit. Nur selten sprach er für längere Zeit. Doch gelegentlich richtete er seinen Blick auf einen Studenten, der Hilfe brauchte und dann strömten heilende Worte wie eine Lawine aus Licht.
„ Ein unbeschreiblicher Friede erfüllte mich, wenn der Meister seine Augen nur flüchtig auf mir ruhen ließ. Sein Wohlgeruch wie von einem Lotus der Unendlichkeit durchdrang mich. Bei ihm zu sein, auch wenn wir tagelang kein Wort wechselten, war ein Erlebnis, das mein gesamtes Wesen veränderte. Wenn sich meiner Konzentration irgendein unsichtbares Hindernis in den Weg stellte, meditierte ich zu Füßen des Gurus. Dort erreichte ich mit Leichtigkeit die erhabensten Bewusstseinszustände. Derartige Erkenntnisse waren ich bei geringeren Lehrern unmöglich. Der Meister war ein lebendiger Tempel Gottes, dessen geheime Tore sich vor der Hingabe der Schüler öffneten.
„Lahiri Mahasaya interpretierte die heiligen Schriften nicht aufgrund eines Bücherwissens. Mühelos tauchte er in die ‚göttliche Bibliothek’ ein, um dann aus dem Urquell seiner Allwissenheit schäumende Worte und sprühende Gedanken hervorsprudeln zu lassen. Er war im Besitz des magischen Schlüssels, der die tiefgründige philosophische Wissenschaft aufschloss, die in einem früheren Weltalter in die Veden eingearbeitet worden war. Bat man ihn, die verschiedenen Bewusstseinsebenen zu erläutern, die in den alten Texten erwähnt wurden, willigte er stets lächelnd ein.
„’Ich begebe mich in diese Bewusstseinszustände und erzähle euch dann jeweils, was ich wahrnehme.’ Er unterschied sich also diametral von anderen Lehrern, die die heiligen Schriften auswendig lernten und dann Abstraktionen von sich geben, die fern der eigenen Verwirklichung liegen.
„’Bitte erkläre die heiligen Strophen so, wie dir die Bedeutung erscheint.’ Mit dieser Anweisung wandte sich der wortkarge Guru oft an einen nahe sitzenden Schüler. ‚Ich werde deine Gedanken leiten, damit du die richtige Deutung hervorbringst.’ Auf diese Weise wurden viele der Einsichten Lahiri Mahasayas aufgezeichnet und dann von verschiedenen Studenten mit voluminösen Kommentaren versehen.
„’Der Meister empfahl niemals einen sklavischen Glauben. ’Worte sind lediglich Hüllen’, sagte er. ‚Gewinne eine Überzeugung von der Gegenwart Gottes durch deinen eigenen freudigen Kontakt in der Meditation.’
„Was immer das Problem des Schülers war, der Guru empfahl als Lösung Kriya Yoga.
„’Der yogische Schlüssel wird seine Wirksamkeit auch dann behalten, wenn ich in diesem Körper nicht länger gegenwärtig bin, um dich zu führen. Diese Technik kann nicht abgeheftet, archiviert und dann vergessen werden, wie das mit theoretischen Abhandlungen geschieht. Verfolge unablässig deinen Weg der Befreiung durch Kriya-Yoga. Dessen Kraft offenbart sich jedoch nur in der Übung.’
„Ich selbst betrachte Kriya-Yoga als das effektivsten Mittel zur Befreiung durch die eigene Anstrengung, das jemals für die menschliche Suche nach dem Unendlichen entwickelt werden kann.’ Kebalananda schloss mit diesem ernsten Zeugnis. „Durch dessen Anwendung wurde der allmächtige Gott, der in allen Menschen verborgen liegt, im Fleisch eines Lahiri Mahasaya und einer Reihe seiner Schüler sichtbar verkörpert.“
Ein christusgleiches Wunder vollbrachte Lahiri Mahasaya in Anwesenheit von Kebalananda. Mein heiligmäßiger Betreuer erzählte die Geschichte eines Tages und hielt seine Augen dabei fern den Sanskrit-Texten, die vor uns lagen.
„Ein blinder Schüler, namens Ramu, erregte in mir ein besonderes Mitleid. Sollte er kein Licht in seinen Augen haben, obwohl er treu unserem Meister diente, in dem das Göttliche in Fülle erstrahlte? Eines Morgens versuchte ich mit Ramu zu sprechen, doch saß stundenlang geduldig da und wedelte dem Guru mit einer handgemachten Fächer aus Palmblättern Luft zu. Als der Devotee schließlich den Raum verließ folgte ich ihm.
„’Ramu, wie lange bist du schon blind?’
„’Seit meiner Geburt, mein Herr! Noch niemals wurden meine Augen mit dem Anblick der Sonne gesegnet.’
„’Unser allmächtiger Guru kann dir helfen. Bitte ihn doch nur darum.’
„Am folgenden Tag näherte sich Ramu schüchtern Lahiri Mahasaya. Der Schüler schämte sich fast darum zu bitten, dass ihm dieser physische Reichtum zu seinem spirituellen Überfluss noch hinzu gegeben werde.
„’Meister, der Eeleuchter des Kosmos ist in dir. Ich bitte dich flehentlich, dass du sein Licht in meine Augen bringst, damit ich das mindere Glühen der Sonne wahrnehmen kann.’
„’Ramu, irgendjemand hat sich verschworen, mich in eine schwierige Situation zu bringen. Ich besitze keine heilende Kraft.’
„’Mein Herr, der Unendliche in dir kann sicherlich heilen.’
„’Das ist in der Tat etwas anderes, Ramu. Gott hat nirgendwo Grenzen! Er, der die Sterne und die Zellen des Fleisches mit dem mysteriösen Lebensglanz entzündet, kann sicherlich das Licht des Sehens in deine Augen bringen.’
„Der Meister berührte die Stirn Ramus am Punkt zwischen den Augenbrauen.(FN Der Sitz des „einen“ oder spirituellen Auges. Im Tod wird das Bewusstsein des Menschen gewöhnlicher Weise zu diesem an diese heilige Stelle gezogen – eine Tatsache die den nach oben gewandten Blick bei Toten erklärt.FN)
„Konzentriere dich auf diese Stelle und chante sieben Tage lang den Namen des Propheten Rama(FN Der Titelheld, dessen Geschichte im Sanskrit-Epos, Ramayana, erzählt wird.FN). Die Pracht der Sonne soll dir eine besondere Morgendämmerung bereiten.’
„Wahrhaftig! Nach einer Woche trat dies wirklich ein. Zum ersten Mal erblickte Ramu das schöne Gesicht der Natur. Der Allwissende Eine hatte seinen Schüler auf unfehlbare Weise zur Wiederholung des Namens Ramas, den er vor allen anderen Heiligen verehrte, angeleitet. Ramus Glaube war der mit Hingabe gepflügte Boden, in der die gewaltige Saat des Gurus aufging.“ Kebalananda schwieg einen Augenblick still und zollte dann seinem Guru eine weitere Anerkennung.
„Es war bei allen durch Lahiri Mahasaya ausgeführten Wundern offensichtlich, dass er niemals erlaubte, dass das Ego-Prinzip(FN Ahamkara, Egoismus; buchstäblich: „Ich tue.“ Die letzte Ursache für den Dualismus oder die Illusion von Maya, wodurch das Subjekt (Ego) als Objekt erscheint; die Schöpfungen bilden sich ein, sie seien die Schöpfer.FN) sich selbst als verursachende Kraft betrachtete. Durch das Zustandebringen widerstandsloser Unterwerfung, ermöglichte der Meister der heilenden Urkraft, ungehindert durch ihn zu fließen.
„Die zahllosen Körper, die auf spektakuläre Weise durch Lahiri Mahasaya geheilt wurden, mussten am Ende doch die Flammen der Kremation speisen. Die stillen spirituellen Erweckungen aber, welche er bewirkte, die christusgleichen Schüler, die er formte, sind seine unvergänglichen Wunder.“
Ich wurde nie zu einem Sanskritgelehrten; Kebalananda lehrte mich eine göttlichere Syntax.

1 Wörtlich: ein „Entsagender“. Von der Sanskritverbwurzel „fortwerfen“.

2 Wirkungen vergangener Handlungen dieses oder eines früheren Lebensx, von Sanskrit kri, „tun“.

3 Bhagavad Gita, IX, 30-31. Krishna war der größte Prophet Indiens. Arjuna war sein herausragendster Schüler.

4 Ich redete ihn immer mit Ananta-da an. Da ist eine respektvolle Nachsilbe, die der älteste Bruder in einer indischen Familie von seinen jüngeren Brüdern und Schwestern erhält.

5 Zur Zeit unseres Zusammentreffens hatte sich Kebalananda dem Swamiorden noch nicht angeschlossen und wurde gewöhnlich „Shastri Mahasaya“ genannt. Um eine Verwechslung mit dem Namen Lahiri Mahasayas und dem von Master Mahasaya (Kapitel 9) zu vermeiden, nehme ich auf meinen Sanskrit-Lehrer ausschließlich mit seinem späteren mönchischen Namen Swami Kebalananda Bezug. Seine Biographie wurde kürzlich auf Bengalisch veröffentlicht. Er wurde 1863 im Khulna Distrikt Bengalens geboren. Kebalananda gab seinen Körper im Alter von 68 Jahren in Varanasi auf. Sein Familienname lautete Ashutosh Chatterji.

7 Der Sitz des „einen“ oder spirituellen Auges. Im Tod wird das Bewusstsein des Menschen gewöhnlicher Weise zu diesem an diese heilige Stelle gezogen – eine Tatsache die den nach oben gewandten Blick bei Toten erklärt.

8 Der Titelheld, dessen Geschichte im Sanskrit-Epos, Ramayana, erzählt wird.

9 Ahamkara, Egoismus; buchstäblich: „Ich tue.“ Die letzte Ursache für den Dualismus oder die Illusion von Maya, wodurch das Subjekt (Ego) als Objekt erscheint; die Schöpfungen bilden sich ein, sie seien die Schöpfer.

Über den Autor

Paramahansa Yogananda wurde 1893 in Indien geboren. Seine Eltern waren Schüler von Lahiri Mahasaya. Yogananda wurde ein Schüler von Sri Yukteswar, der ihn 1920 als Vertreter Indiens zu einem religiösen Kongress in Bosten schickte. Yogananda blieb in den USA und verbreitete dort den Kriya Yoga, gründete eine spirituelle Organisation, die Gemeinschaft der Selbstverwirklichung (Selfrealization Fellowship, SRF) und verbreitete die Kunde vom Kriya Yoga auf der ganzen Welt.

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