Lektion 93 – F&A – Zeitenwende
Frage: Ich empfinde es als gut, wie die Meditation bei mir läuft und ich habe gerade erst mit der Wirbelsäulenatmung begonnen. Dabei stellt sich heraus, dass es etwas schwierig ist, durch die klobige Anfangsphase – wie du das nennst – zu kommen. Mit all den anderen von dir eingeführten Dingen fühle ich mich fast, als würde ich im Wasser untertauchen. So viele wunderbare Übungen, und ich bin für die Ausführung so ungeeignet. Ich zweifle an meinem Wert für all das. Trotzdem habe ich so großes Verlangen, den Pfad bis ans Ende zu gehen. Ich wünschte mir, ich hätte damit schon vor 20 Jahren angefangen. Ich werde verrückt vor Ungeduld, doch ich weiß, wenn ich mich zu sehr anstrenge, könnte das zu Problemen führen. Was soll ich tun?
Antwort: Du machst das genau richtig, dass du einen Schritt nach dem anderen machst. Auch wenn deine Gefühle wild nach dem Göttlichen sind, bist du dir darüber im Klaren, was in welcher Reihenfolge gemacht werden muss und was du jetzt und was später unternehmen kannst – das wirst du dann auch. Es fügt sich alles richtig zusammen. Überstürze nur nichts. Du wirst immer wissen, was du als Nächstes zu tun hast.
Du leidest unter einer äußerst gesegneten Krankheit – gefühlstiefes Bhakti. Wir alle sollten diese Krankheit haben. Hätten wir das, würde die Welt in einer Generation transformiert werden. Ich kann mir denken, dass solche Botschaften deine Ungeduld vielleicht nicht besänftigen mögen, aber weißt du, so ist das mit Bhakti. Wenn wir uns unserer Trennung vom Göttlichen klar bewusst werden, ersehnen wir Yoga wie verrückt. Wir werden verrückt nach Gott. Das ist jedoch ein gesegneter Zustand, falls man sich darin befindet. Es wird viel besser werden, wenn deine Erfahrungen von Vereinigung Fortschritte machen und das werden sie, falls du mit deinen täglichen Übungen weitermachst.
Bhakti wird im Laufe der Zeit in uns allen stärker werden. Es gibt da gewaltige Kräfte, die am Werk sind und uns die spirituellen Winde in unseren Rücken schicken. Wir müssen nur unsere Segel in Form unserer Praxis aufspannen und die spirituellen Winde, die ununterbrochen in unser Nervensystem blasen, leisten den Rest.
Machen wir einmal für eine Minute einen Schritt zurück und schauen auf das große Bild, von dem wir alle nur Teile sind. Wir leben in sehr interessanten Zeiten. In den 1960ern sang Bob Dylan: „The times, they are a-changing.“ (Die Zeiten, die ändern sich). Damals war das sicherlich wahr gesprochen und heute ist es sogar noch wahrer.
Abhängig vom astrologischen Ansatz, den du in Betracht ziehst, ist die Erde bereits oder wird bald in ein „Zeitalter“ der Erleuchtung eintreten. Im Sanskrit werden diese Zeitalter „Yugas“ genannt. Das neue hat vielleicht schon vor mehr als hundert Jahren begonnen. Oder es beginnt vielleicht gerade jetzt. Das ist seit diesen frühen Tagen Dylans ein populäres Gesprächsthema gewesen. Jedoch in der Yogawelt wurde das schon lange Zeit davor sichtbar. Der Beginn eines neuen Zeitalters ist kein augenblickliches Ereignis. Es nimmt seinen Anfang mit einem langsamen schrittweisen Aufbau und beschleunigt sich immer mehr, sobald das Momentum zunimmt. Bisher hat sich schon ziemlich viel getan und wir flitzen mit immer größerer Geschwindigkeit weiter.
Um die Wende des vorigen Jahrhunderts herum kam Vivekananda, ein führender Schüler Ramakrishnas, in den Westen und pflanzte die ersten Setzlinge des Yoga, die in den USA einen schon etwas fruchtbaren Boden vorfanden und sprossen. Zwanzig Jahre später kam Paramahansa Yogananda und fand sogar noch mehr Empfänglichkeit als Vivekananda. Als dann Maharishi Mahesh Yogi in den 1960ern kam, war eine ganze unzufriedene, nach dem 2. Weltkrieg geborene Generation bereit, in großem Stil auf den Yogazug – natürlich mit ein bisschen Hilfe der Beatles – aufzuspringen. Seit diesen Tagen sind hunderte Yogis aus Indien in den Westen gekommen und tausende westliche Yogis und Yoginis der „nächsten Generation“ sind zum Lehrerpult hochgestiegen. In den letzten paar Jahrzehnten sind die Dinge zwar etwas durcheinander geraten und etwas konfus geworden. So viele verschiedene Zugänge zum Yoga sind aufgekommen, dass es schwer ist zu wissen, welche Yogamarke die richtige ist – wenn es überhaupt so etwas wie „den richtigen Yoga“ gibt. Kann der richtige Yoga bitte mal aufstehen? Natürlich gibt es für diese herausragende Position viele Freiwillige. Einige sind sogar vor Gericht gezogen, ihren Anspruch auf dein Nervensystem anzumelden. Es hat immer Leute gegeben, die gern die Verantwortung für dein Tor zum Himmel übernehmen würden. Gut, mach dir nichts daraus.
In einem Jahrhundert haben wir also die Strecke von keinem Yoga zu vielen verschiedenen Arten von Yoga zurückgelegt und schauen heute auf den sprichwörtlichen Yoga-„Turm von Babel“.
Das ist in Ordnung. Es ist etwas Gutes. Offensichtlich kann das nicht für immer so in tausend Teile zersplittert bleiben. Früher oder später wird etwas (oder mehrere Etwas) herausdestilliert werden, was der normale, für die Erleuchtung bereite Mensch aufgreifen kann. In den nächsten paar Jahrzehnten wird der Name des Spiels heißen: „Konsolidierung“, „Integration“, „Optimierung“ und „Vereinfachung“.
Greif irgendeinen dieser Begriffe heraus und du hast eine Vorstellung davon. Die wissenschaftliche Methode wird diese Destillation des Yoga-Wissens hervorbringen, so werden die weit verbreiteten Anwendungen zweckmäßig.
Als die PCs das erste Mal auf den Markt kamen, musste man eine vorsintflutliche Sprache wie „BASIC“ oder „DOS“ können, um irgendetwas in Bewegung zu setzen. Datenverarbeitung war eine esoterische Welt für Computerfreaks. Dann wurden die Mouse und die graphische Benutzeroberfläche mitgeliefert und plötzlich standen die Türen zum einfachen Arbeiten mit dem Rechner für jedermann weit offen. Das war eine Revolution.
Ähnlich lief es über die Jahrhunderte mit vielen Wissensanwendungen ab. Es beginnt mit einigen Freaks, die einen Anwendungsbrückenkopf einer bestimmten Art von Wissen errichten. Dann, nach einiger Zeit, kommen einige Forscher darauf, wie man es für jeden einfach macht, das Wissen anzuwenden. Fast immer endet das in der Vereinfachung der Benutzerschnittstelle, den Hauptschalthebeln, so dass alle das Wissen mit gutem Ergebnis anwenden können. Nützliche Technologie ist „benutzerfreundlich“. Erinnerst du dich an die Gebrüder Wright, an Henry Ford oder an Thomas Edison? Sie alle haben die Schnittstelle zwischen Nutzern und der Anwendung hochpotenten Wissens vereinfacht.
So etwas wird auch mit Yoga geschehen – das muss es. Millionen von Menschen fühlen die spirituellen Winde in diesem neuen Zeitalter in ihrem Inneren aufsteigen und die Segel der Praxis verlangen danach, gehisst zu werden. Es ist Zeit, dass die ganze Bandbreite des Yoga-Wissens benutzerfreundlich gemacht wird.
Nichts ist im Yoga neu. Alle Elemente der Übung sind seit Tausenden von Jahren bekannt. Natürliche Prinzipien ändern sich nicht. Das menschliche Nervensystem hatte immer die gleichen natürlichen Fähigkeiten. Es gab bereits erleuchtete Zeiten in der Vergangenheit. Damals stand Yoga in der Blüte. In dunkleren Zeiten war die Einsicht in die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten weniger klar. Es gab heftigen Zweifel, Aberglauben und Furcht. Aber einige wenige haben immer mit der Anwendung yogischen Wissens herumgespielt. In den dunklen Zeiten mussten sie das im Geheimen tun, weil sie aufgehängt worden wären, hätten sie ihre Bemühungen zu öffentlich gemacht. Weißt du, das waren eine Art Yoga-Freaks – die Pioniere, die die esoterischen Traditionen geschaffen haben. Wir schulden den großen Yogis aus alten Zeiten viel. Sie haben uns die Wissenssamen übergeben, die wir für unser Voranschreiten mit Höchstgeschwindigkeit in das neue Zeitalter brauchen. Nun ist es Aufgabe dieser und der kommenden Generationen, eine vereinfachte Benutzeroberfläche für die Anwendung yogischen Wissens auf das menschliche Nervensystem zu entwickeln und anzuwenden, damit viele in die Lage kommen, die Yoga-Übungen aufzugreifen und gute Ergebnisse damit zu erzielen.
Im neuen Zeitalter geht es nicht nur um die spirituellen Winde, die in unserem Rücken aus dem Kosmos aufsteigen. Das Spiel der Erleuchtung ist kein Zuschauersport. Wir müssen mitspielen, wenn wir einen Nutzen daraus ziehen wollen. Wir müssen die Segel der Praxis hissen, um mitfahren zu können. Indem wir das tun, wird die Erde ein immer besserer Ort. Bringen wir die Realität von reinem Glückseligkeitsbewusstsein und göttlicher Ekstase durch unsere Übungen in diese Erdensphäre, wird sich alles verändern. Licht und Liebe wird überall im Überfluss aufsteigen. Das wird keine ideologische Erscheinung, sondern eine wirkliche Energietransformation – augenfällig für alle auf dieser Erde Lebenden. Wenn das Nervensystem überall ein mächtiger Strahler reinen Glückseligkeitsbewusstseins und göttlicher Ekstase wird, bleibt niemand im Dunkeln. Fortbestehende Zweifel werden fortgefegt. Die Bhakti-Winde tragen uns immer weiter vorwärts. Die Segel unserer täglichen Übung aufgespannt zu halten ist alles, was wir zu tun haben. Unser Nervensystem kümmert sich um den Rest.
Der Guru ist in dir.
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