Lektion 112 – F&A – Bhakti: nah und persönlich

Frage: Meine Frage bezieht sich auf Bhakti?? Es wird als Liebe zum Göttlichen beschrieben, worunter man Liebe zu Menschen, zur Natur und allem Geschaffenen verstehen kann. Manchmal wird dies als eine bestimmte Übung angesehen, so wie das Chanten oder das Sitzen und Singen von spirituellen Liedern. Bhakti wird so hoch angepriesen und ich frage mich, wie man es wirklich übt. Die Liebe zu einem „Gott“ ist etwas Abstraktes. Man kann die Eigenschaften Gottes (wie z.B. bedingungslose Liebe, göttliche Führung, Licht) lieben und sich von daher danach sehnen, in der Gegenwart Gottes zu sein und über Gott nachzudenken und sich so mit Gott beschäftigen. Dieses Wort „Bhakti“ ist jedoch nur ein Wort, was ist das?

Antwort: Eine sehr gute Frage. Liebe zu Gott (Bhakti) kann sehr abstrakt sein, sogar nebulös. Es gibt so viele äußere Formen von Bhakti wie es Vorstellungen von Ishtas (gewählte Ideale) und Attributen gibt – also unendliche! In den Lektionen beschäftigen wir uns damit nicht besonders eingehend. Dies ist das Geschäft der religiösen Traditionen. Für diejenigen, die Gott nach Art einer Tradition anbeten wollen, ist das sehr gut. Für jene, die dafür keine Neigung besitzen, bedeutet dies nicht das Ende der Welt. Mit Yoga kann man sehr gut auch ohne die formalen Anbetungsformen Fortschritte machen. Yoga funktioniert sowohl auf die eine wie die andere Weise.

Die Art von Bhakti, über die wir in diesen Lektionen sprechen, ist die „nahe und persönliche“. Dieser Ansatz ist an keine Konfession gebunden. Wenn hier von Bhakti die Rede ist, dann geht es um Dich, um Dein Nervensystem, Deine Wünsche, Deine Übungen und Deine Erfahrungen. Sprechen wir hier über Bhakti als der „Liebe zu Gott“, meinen wir damit das, was unser höchstes Verlangen ist. Was ist das höchste Ideal, das wir für uns erstreben? Möglicherweise ist das bisher nur die Beantwortung einer Frage wie: „Gibt es mehr als das?“ Stellen wir diese Frage mit Ernsthaftigkeit in unserm Herzen und lassen auch unsere Gefühle sich darauf einstimmen, wird sich in uns ein bisschen gutes Bhakti regen. Wirkliches Bhakti ist etwas sehr Persönliches. Es hat Bezug zu unserem innersten Wunsch, damit dieser ein größeres Gewicht in unserem Leben bekommt. Es hat mit dem Wunsch zu tun, die Wahrheit zu erkennen und unsere Gefühle dafür nutzbar zu machen. Das kann sich so einfach gestalten wie das reine Wissenwollen – hungrig danach zu sein, etwas zu wissen. Das ist Bhakti. Es kann jedoch auch eine enge und engagierte Beziehung zu unserem gewähltem Ideal, unserem Ishta, sein. Das ist ebenfalls Bhakti. Auf welche Weise es immer auftritt, der Prozess ist derselbe – die Emotionen werden für das Erreichen eines Ideals eingespannt, dadurch bewegt sich Energie durch unser Nervensystem und reinigt und öffnet es.

Drückt sich Sehnsucht tief in unserem Herzen aus, geschieht etwas: Wir erhalten Antworten. Übungen kommen zu uns. Dann beginnen wir uns zu öffnen und wollen höher aufsteigen. Das führt zu mehr Öffnung, zu mehr Antworten und mehr Praktizieren. So in der Art läuft das ab. Schrauben sich die Dinge um Bhakti hoch, wirkt es wie ein Zauber. Dies geschieht in Übereinstimmung mit der Öffnung unseres Nervensystems. Wir haben das Nervensystem das Tor zum Unendlichen genannt. Das Tor ist in beiden Richtungen offen. Wir können durch unser Nervensystem, sobald es gereinigt ist, in die Unendlichkeit hinaussehen. Und Gott kann durch unser Nervensystem in uns hineinkommen. Gott kommt als Bhakti in unser Herz. Gott, der Guru, und Bhakti in uns sind ein und dasselbe. Es ist das Unendliche, das auf unseren inneren Ruf antwortet, und durch unser Nervensystem zu uns hereinkommt.

Vielleicht siehst Du zu weiteren Einzelheiten in Bezug auf den hier vertretenen Ansatz von Bhakti noch einmal die nachfolgend aufgelisteten Lektionen durch:

Lektion 12 – Der wichtigste Bestandteil – Wunsch
Lektion 67 – Bhakti – Die Wissenschaft der Hingabe
Lektion 68 – F&A – Beziehung zwischen traumatischen Erfahrungen und Bhakti
Lektion 88 – F&A – Der Zauber von Bhakti
Lektion 109 – F&A – Bhakti, Meditation und innere Stille

Das Kräftespiel von Bhakti ist auch in viele andere Lektionen eingewoben. Spirituelles Verlangen stellt sich auf natürliche Weise ein, sobald sich unser Nervensystem öffnet. Unsere Übungen vermählen sich mit unserem sich ausweitenden Verlangen. Das ist für jeden von uns ein persönlicher Prozess. Doch ist es ziemlich einfach, in ihm verschiedene Stadien zu unterscheiden, und dies ist weder abstrakt noch nebulös.

Gerichtetes Verlangen ist der Kernbestandteil in allen spirituellen Praktiken – allerdings gilt das nicht für die konkrete Ausführung einer Übung. Der Vorgehensweise bei jeder Übung folgen wir genau wie angegeben, ob es sich nun um die Meditation, Pranayama, Bandhas, Mudras, Asanas etc. handelt. Es ist das Bhakti, das uns zu unserem Meditationsraum bringt. Wir geben dann ganz locker und leicht der einzelnen fortgeschrittenen Yoga-Technik, die wir gerade ausführen, den Vorzug. Die Übungen sind so entworfen, dass sie unser Nervensystem stetig öffnen, jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr. Deshalb führen wir sie präzise, entsprechend der Vorgehensweise aus, die in den Lektionen erörtert worden ist. Dann haben wir ein Nervensystem, das ständig gereinigt und geöffnet wird und unser Verlangen nach Wahrheit und Erleuchtung weiter ansteigen lässt – und wir sehnen uns immer danach zur nächsten Ebene der Übungen weiterzugehen. So geht es weiter, immer höher hinauf.

Der Guru ist in Dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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