Lektion 68 – F&A – Traumatische Erfahrungen und Bhakti

Frage: Vor vier Jahren hatten mein Bruder und ich einen Autounfall. Ich überlebte und er nicht. Danach war mein Leben eine Hölle, voll von Trauer, Schuldgefühlen, Ärger und Verzweiflung. Dann passierte etwas. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen. Ich sehnte mich nach einer Antwort und irgendetwas in mir ließ los. Sogleich begann spirituelles Wissen in mein Leben hineinzudrängen und ich wusste, was ich den Rest meiner Tage tun würde. Deine Lektion zu Bhakti klingt für mich glaubhaft, obwohl meine Erfahrungen damit nicht etwas langsam sich Entwickelndes waren. Es kam plötzlich aus meinem traumatisierten Zustand heraus und mein emotionaler Zustand treibt mich weiter schnell nach vorn. Was sind deine Gedanken dazu?

Antwort: Traumatische Erfahrungen können uns oft zu einer Erweckung verhelfen. Obwohl der plötzliche Verlust eines Nahestehenden niemals völlig durch etwas anderes wieder wettgemacht werden kann, wird der Bhakti-Prozess ohne Zweifel greifen, wenn wir in der Lage sind, uns zu öffnen. Die Emotionen sind so gewaltig, dass das geringste Loslassen, das geringste Umlenken der Emotionen dramatische Folgen hat. Keiner von uns würde so etwas freiwillig durchmachen wollen, doch zum Leben gehört so etwas dazu.

Wenn ein Trauma da ist, ob wegen des Verlustes eines Nahestehenden, des Verlustes der Gesundheit oder wegen anderer gravierender Brüche im Leben, kommt es zu einer Trauer-Phase. Das beginnt mit Unglauben, kann mit Ableugnen weitergehen, führt dann zu Ärger und schließlich einen langen emotionalen Abhang hinunter in die Verzweiflung. Für die meisten von uns gibt es da wenige Einflussmöglichkeiten, während das geschieht. Dann, an einem bestimmten Punkt, kommt es zu einem Loslassen. Das kann Monate, Jahre oder Jahrzehnte später sein. Möglicherweise stellt sich bei manchen ein Loslassen überhaupt niemals ein. Jeder ist verschieden. Tritt es ein, ist das ein entscheidender Punkt in dem Prozess. Entscheidend in dem Sinne, dass wir uns emotional zu einer Stelle zurückbewegen, die vergleichbar mit der Zeit vor dem Trauma ist. Es ist normal, dass man danach strebt. Oder man kann, wie du das getan hast, in einen göttlichen Raum loslassen. Dieser Punkt im Trauerprozess ist so etwas wie eine Kreuzung.

Immer geht es um den ersten Impuls von Bhakti, der Frage: „Gibt es da noch etwas mehr?“ Ist diese Frage in irgendeiner Form gegenwärtig, drängt dorthinein emotionale Energie. Diese Frage ist ein Loslassen und der Beginn der Manifestation unseres Ishta, unseres höchsten Ideals im Inneren. Damit beginnt sich gleichzeitig der Guru zu manifestieren und Antworten aus unserer Umgebung werden uns zugetragen.

Es ist ein Öffnen, eine Empfänglichkeit, ein Loslassen, das den Bhakti-Effekt ermöglicht. Sobald wir unsere Gefühle einem höheren Zweck hingeben, werden sie zu göttlicher Energie, die mehr und mehr hereinströmt. Traumatische Erfahrungen versetzen uns in eine Situation, in der wir vielleicht keine andere Wahl haben, als entweder zu kapitulieren, oder viele Jahre des Elends zu ertragen. Die Wahlmöglichkeiten, die in solch einem Fall vor uns liegen, sind viel klarer konturiert als diejenigen, die man wahrnimmt, wenn man während der kleinen Aufs und Abs des alltäglichen Arbeitslebens die göttliche Suche beginnen soll. Aber in Wirklichkeit ist jede Gefühlsregung eine Gelegenheit für Bhakti – die sehr kleinen, die sehr großen und jede Emotion dazwischen. Die Gefühle sind immer da. Das Loslassen mag da sein oder auch nicht – das hängt von uns ab. Wir sind es, die auswählen.

Bist du auf den spirituellen Weg mit einer starken und andauernden Bhakti-Woge eingeschwenkt, hast du etwas Heiliges in deiner Tragik gefunden. Denke daran, dass Bhakti eine kraftvolle spirituelle Praxis ist. Stelle sicher, dass du für deine Übungen einen Ausgleich herstellst, so dass du die besten Voraussetzungen für eine sanfte Entfaltung reinen Glückseligkeitsbewusstseins und göttlicher Ekstase schaffst.

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nächstes Seminar

Newsletter – Lektionen ins Postfach

Bücher des FYÜ-Verlags

Archive

Kategorien

Aktuelle Videos

Wird geladen...