Lektion 235 – F&A – Das Verschmelzen innerer Stille mit Ekstase

Frage: Ich wundere mich über etwas: Nach ungefähr der zweiten Woche haben die sexuellen Energien (von denen ich dir das erste Mal geschrieben habe) aufgehört durch mich zu toben, wenn ich meditiere. (Dies ist der 24. Tag für mich).

Vor kurzem hab ich damit begonnen, einen eingerollten Socken einzusetzen, wenn ich sitze, da ich meinen Fuß nicht unter mich bekomme. Nach Hinzunahme des Sockens habe ich jedoch keinerlei Unterschied in meiner Erfahrung während der Wirbelsäulenatmung oder der Meditation festgestellt. Meine Meditation ist jetzt friedvoller und, wie gesagt, hat all das Strömen der Energie aufgehört. Mein Kopf fühlt sich leichter an, wenn ich meditiere, und ich denke, dass es jetzt tiefer geht. Doch ist die Abnahme von Energieströmen etwas, das zu erwarten war?

Nachdem ich die Lektion 75 (zu Siddhasana) gelesen habe, erwartete ich, dass sich die Erfahrungen zum „bockigen, unberittenen Pferd“, mit denen ich es in der ersten oder in den ersten beiden Wochen zu tun hatte, wiederholen würden, doch das war nicht der Fall. Ich beklage mich nicht deswegen. Glaube mir, ich bin froh, dass es aufgehört hat. Es war etwas Überwältigendes. Doch wollte ich da nur einmal nachgefragt haben. Ist es bei den meisten Menschen, die zuerst dieses „störrische Pferd“ erleben, so, dass es sich nach einer Weile beruhigt und aufhört?

Eine andere Frage: Meine Meditation wird manchmal so still und ruhig, dass ich nach einigen Augenblicken erkenne, dass ich vergessen habe, das I AM [AYÄM]-Mantra zu wiederholen. Da kommen aber keine Gedanken herein. Ich bin nur leer und erfreue mich an der Stille. Sollte ich mir keine Sorgen darüber machen, wenn dies geschieht und mir nur erlauben, leer zu sein und diese Stille zu genießen, oder sollte ich zum Mantra zurückgehen?

Und schließlich noch: Manchmal beim Zubettgehen, wenn ich da nicht etwas nehme, was mir beim Einschlafen hilft, scheint mein Körper und hauptsächlich mein Kopf zu vibrieren. Es ist wie ein leichter Energiestrom, der durch meinen Kopf geht. Manchmal sehe ich Farbenblitze (bei geschlossenen Augen), doch hauptsächlich ist das nur ein Gefühl, wie wenn ich summen würde. Ist das eins der Chakren, das sich zu öffnen versucht?

Antwort: Sehr viele Energie-Erlebnisse gehen auf das zurück, was ich „Reibung“ im Nervensystem betiteln würde – Energie, die sich durch teilweise gelöste Blockierungen bewegt. Das kann den Eindruck vermitteln, dass eine Menge geschieht (erotische Gefühle, Hitze, Schwingungen, Bewegungen des Körpers, Stimmungsschwankungen usw.). Sobald die Blockierungen etwas ausgeräumt sind, kann die Erfahrung viel geschmeidiger und glückseliger werden. Das ist jedoch dieselbe Energie, nur bei weniger Reibung. Ich habe schon früh gesagt, dass sich die Erfahrungen verändern würden. Das ist der Grund – veränderte Muster von Blockierungen im Nervensystem auf dem Wege der Ab- und Auflösung. Das heißt nun nicht, dass man die vollständige Reinigung bald erreicht hat (obwohl wir das alle begrüßen würden) – man gewinnt im Moment nur mehr Klarheit. Du schaust zwischen die sich langsam auflösenden Wolken hindurch. Das wird sich auch wieder ändern.

Zu Siddhasana: Wenn da das bockende Pferd nicht auftritt, ist das auch in Ordnung. Halte bei der Art und Weise, wie du Siddhasana ausführst, Ausschau nach angenehmen sexuellen Stimulationen, ohne das zu übertreiben. Das ist jedoch eine tantrische Übung, weißt du, und die Essenz davon ist die vor-orgasmische Stimulierung. Das, zusammen mit der inneren Stille, ist die Zauberformel für die Erleuchtung. Die Kultivierung einer angemessenen Verschmelzung braucht jedoch Zeit. Sieh auf jeden Fall einmal die Tantra-Lektionen 16 und 28 durch. In beiden findest du zusätzliche Gesichtspunkte zu Siddhasana. Das ist ziemlich fortgeschrittenes Zeug. Erwarte also nicht, dass du das alles innerhalb eines Monats auf die Reihe bekommst. Das dauert. Du wirst jedoch dahin gelangen – wie jeder andere auch. Das ist bereits in unseren Genen festgeschrieben.

Ruhige Meditationen sind etwas Schönes. Merkst du, dass du vom Mantra abgedriftet bist, dann geh einfach auf eine sehr vergeistigte Weise auf der Ebene des Denkens (oder Nicht-Denkens), auf der du dich befindest, locker und leicht zu ihm zurück. Zieh es nicht wieder ganz heraus zu einer klaren Aussprache. Es kann auch ein sehr schwaches Gefühl für das Mantra sein, und schon bist du wieder fort in der glückseligen stillen Bewusstheit. Das ist die richtige Art zu üben. Der korrekte Gebrauch des Mantras hat uns dorthin gebracht und ein fortgesetzter korrekter Gebrauch des Mantras führt uns sogar noch tiefer hinein. Wenn wir dann hinausgehen, uns draußen zu betätigen, ist unser gesamtes Nervensystem durchtränkt mit glückseliger innerer Stille. Zu diesem Zweck meditieren wir.

Zum Schlaf: Stelle sicher, dass du vor dem Abendessen meditierst und zwischen dem Abendessen und der Schlafengehenszeit mental und körperlich ausreichend aktiv bist. Dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass Freisetzungen aufgrund der Meditation deinen Schlaf stören. Sollte jemand zu derartigen Energieerfahrungen ohnehin neigen, auch schon bevor er zu meditieren begonnen hat, dann mögen andere Maßnahmen, wie Pillen, notwendig werden. Falls du die Energie aber mit mehr Aktivität vor dem Schlafengehen aufbrauchst, könnte das helfen. Mit der Zeit wird es beim Yoga auch im Schlaf zu weniger innerer „Reibung“ kommen, wie das auch in unserem ganzen Leben der Fall sein wird.

Werden innere Energiebewegungen beim Schlafen oder zu irgendeiner anderen Zeit übermäßig und hat es den Anschein, dass das von den Übungen herrührt, ist es Zeit, sich über Selbstabstimmung Gedanken zu machen – dass man seine Übungen also ein wenig zurückschraubt, bis sich die Dinge beruhigt haben.

Frage: Bevor ich die Lektionen (Tantra-Lektionen 16 und 28) gelesen habe, auf die du mich aufmerksam gemacht hast, bin ich während meiner nächsten Wirbelsäulenatmung und Meditation wieder auf der zusammengerollten Socke gesessen. Bei der Meditation musste ich dann einmal eins meiner gekreuzten Beine bewegen, und weil ich dafür keine bequeme Stellung fand, nahm ich es nach oben auf den gekreuzten Oberschenkel in der Nähe des Oberkörpers. Dadurch kam mehr Gewicht auf den Ball, und er drückte fester gegen diesen Bereich. Bald begann mein Körper sanft nach rückwärts und vorwärts zu schaukeln. Dadurch entstand eine vor-orgasmische Empfindung. Ich erlebte es als angenehm und ein bisschen frustrierend, weil ich einen Orgasmus erreichen wollte. Doch das Wichtigste ist, dass meine Aufmerksamkeit, obwohl ich „AYÄM“ dachte, mehr auf der sexuellen Stimulierung lag als auf dem Mantra. Das hat mich fast zum Lachen gebracht: Mein Körper denkt daran, seine Neigung zu sexuellem Vergnügen zu befriedigen, während mein Verstand I AM [AYÄM] schreit.

Deshalb nun meine Frage: Sollte ich das Schaukeln unterstützen, um dadurch die sexuellen Gefühle zu stimulieren? Ich hatte den Eindruck, dass das nur durch einfaches Stillsitzen geschehen sollte.

Antwort: Ah, das bockende Pferd!

Es ist ratsam, das auf einem Niveau der Stimulation zu halten, das deine Meditation nicht zu sehr beeinträchtigt. Das heißt, du solltest mit mäßigem Druck ziemlich unbeweglich bleiben. Später kann man die Energie erhöhen, wenn die Leitfähigkeit im Nervensystem ansteigt, so dass es nicht so frustrierend ist. Dies ist eine Entwicklung, die Monate oder sogar Jahre dauert. In der Zwischenzeit halte einfach nahe dem Siedepunkt an, ohne dich zu sehr ablenken zu lassen.

Stört es die Meditation zu sehr, kannst du Siddhasana mehr auf die Wirbelsäulenatmung anwenden, wo Energieablenkungen nicht so kritisch sind, und danach aus Siddhasana herausgehen oder es für die Meditation abschwächen. Du wirst da dein Gleichgewicht finden, solange du dir über die Prinzipien im Klaren bist – innere Stille wird mit ekstatischer Energie ausgeglichen und verschmolzen.

Sobald du mal ein alter Hase bist beim Siddhasana, wirst du in der Lage sein, bei totaler Stimulation zu sitzen, ohne irgendeine sexuelle Frustration zu erleben. Es ist dann nur noch eine Quelle der Ekstase, die nach oben durch dein Nervensystem fließt und durch endlose Reiche grenzenloser innerer Stille herabstürzt! Dies ist die Erfüllung von Siddhasana und der Grund dafür, dass es eine so wichtige tantrische Übung ist. Es erlaubt uns, sexuelle Energie in eine endlose göttliche Übungspraxis zu transformieren. Alle tantrischen Übungsformen dienen diesem Ziel. Siddhasana ist zufälligerweise eine davon, die wir im Rahmen unserer täglichen Übungsroutine ausführen können. Diese Art von Beständigkeit der Übung kann man in keiner Art von sexuellen Beziehungen erreichen, auch wenn man mit tantrischen Methoden viel tun kann, wenn es zu sexuellen Beziehungen kommt. Ziehe dazu die anderen Tantra-Lektionen zu Rate.

Wenn wir die Transformation in den sitzenden Übungen kultivieren, merken wir mit der Zeit, wie die Erfahrung ekstatischer Glückseligkeit während des Tages auf natürliche Weise aus dem Inneren aufsteigt. Unser Weltbild dehnt sich dabei bis ins Unendliche aus und wir finden uns in einer Lage des freudvollen und reichlichen Gebens an alle um uns herum wieder. Dies meinen wir mit einem „Leben in Ekstase“.

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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