Lektion 258 – Göttliche Ekstase – Ist das alles, was es da gibt?

Frage: Ich muss einmal ehrlich sein und hoffe, dass du das nachfolgende enttäuschte Gejammere nicht als Respektlosigkeit auffasst.

Ich habe deine Anweisungen befolgt und auch eine Zündung erreicht. D.h., ich fühle wirklich die Wellen von Ekstase, die du versprochen hast, wie ein richtiger Ganzkörperorgasmus. Meine Frage nun: Warum sollte dies etwas Gutes sein? Wie macht mich das umsichtiger oder einsichtsvoller, mehr jedes Augenblicks bewusst, kreativer in meinem Kunstschaffen, zugänglicher für meine Freunde und Lieben und mitfühlender andern gegenüber?

Ich habe es fertiggebracht, ohne Drogen richtig gut high zu werden … ein schöner Trick! Und ich muss zugeben, dass das ein viel schönerer „Rausch“ ist, als man ihn mit Drogen erreichen könnte. Doch ich fühle überhaupt keine Klarheit oder dass ich mich im Augenblick befinde. Ich fühle mich wie jemand, der an einer Opiumpfeife zieht und aufgrund von kremig-träumerischen Wellen entrückt ist. Sicher, das fühlt sich großartig an, doch Masturbation fühlt sich zumindest halb so gut an und ich habe meine Hand nicht 24/7 auf meiner Yoni.

Ich habe Seite für Seite deiner Versprechungen krachender Ekstasewellen gelesen und ich vermute, dass ich am Ende des Regenbogens nicht überrascht sein sollte, dass es dort nichts weiter als krachende Wellen der Ekstase gibt. Meine Wunschzentren (die ich versucht habe, durch meine Jahre mit Yoga zu unterjochen) wollen nichts mehr, als diesen Rausch, doch mein tieferes Selbst wartet geduldig darauf, dass diese ablenkenden Wellen hochklassigen und seltenen Mayas verschwinden, damit es seinen Weg mit nüchterner Klarheit fortsetzen kann.

Ich habe bereits kurze Gefühle der Vereinigung mit allem hier und dort in meinem Leben gehabt. Dies hat sich großartig angefühlt, ging jedoch viel tiefer als nur Glückseligkeit. Im Gegensatz dazu ist das hier vergleichbar mit einem Drogenrausch. Ich will keinen solchen Rausch, ich möchte stocknüchtern und überbewusst im Augenblick gegenwärtig sein. Ich will an mir selbst arbeiten und alles Ego, allen Ärger usw. auslöschen.

Da drin ist kein Mitgefühl! Bitte sage mir, dass die großen Yogis in den Höhlen nicht so sind – an kosmischen Opiumpfeifen ziehen und ihren Rausch genießen!

Antwort: Vielen Dank, dass du schreibst und teilst. Dies ist eine wichtige Frage, die sich alle ernsthaften Yoginis und Yogis stellen, sobald die Ekstase einmal beginnt, in Fülle durch sie hindurchzuströmen.

Die göttliche Ekstase macht nur die eine Hälfte der Erleuchtungsgleichung aus. Abhängig von der eigenen Sichtweise kann man diese als die größere oder kleinere Hälfte ansehen. Die andere Hälfte ist die innere Stille, die man hauptsächlich durch tiefe Meditation und Samyama kultiviert. Göttliche Ekstase kultiviert man hauptsächlich mit Pranayama, Kumbhaka, Mudras, Bandhas, Asanas und tantrischen Sexualmethoden. Am Ende vereinigen sich innere Stille und Ekstase zur Erleuchtung und dies ist kein introvertierter Zustand der Abhängigkeit. Vielmehr ist es ein Überfließen tiefgründender Stille, Stabilität und göttlicher Liebe in alles, was uns umgibt. So werden wir also dafür zu einem Kanal.

Der große Yogi des 19. Jahrhunderts Lahiri Mahasaya beschrieb den Prozess der Erleuchtung als eine „Vereinigung von Leere mit Euphorie“. Dies ist der Prozess der Vereinigung von innerer Stille mit Ekstase.

Auf dieser Stufe musst du also sicherstellen, dass deine „Abhängigkeit“ nicht die tiefe Meditation und das Samyama stört. Auch ist es gut, wenn du in der Welt deinen Neigungen entsprechend im Dienst anderer aktiv wirst. All dies wird die Entwicklung deines ekstatischen Zustands hin zu einer höheren Manifestation unterstützen. Merkst du, dass du mit deinen Übungen aus dem Gleichgewicht gerätst, dann verringere diejenigen, die die Ekstase hervorbringen, und konzentriere dich so lange mehr auf die tiefe Meditation, bis du deine Übungen in ein Gleichgewicht zurückgebracht hast. Dies ist die „Selbstabstimmung“, auf die du beim Lesen in den Lektionen sicher bereits gestoßen bist. Wird man von ekstatischen Zuständen mitgerissen, ist dies eines der Signale dafür, dass man damit beginnen sollte, Selbstabstimmung anzuwenden. Unangenehme Energieüberschüsse sind ein weiteres Signal. Dein Fall scheint jedoch unter die erste Kategorie zu fallen.

Ekstase auf der Ebene der Neurobiologie ist innere Energie, die durch neurologische Blockierungen hindurchströmt. In der Tat ist Ekstase die angenehme Version der Kundalini-Erweckung. Es gibt ja auch noch die unangenehme, wenn zu viel Energie durch zu viele Blockierungen hindurchströmt.

Es sollte auch betont werden, dass göttliche Ekstase progressiv ist und zu höheren Bewusstseinszuständen und schließlich zur Erleuchtung als der Vereinigung mit der inneren Stille führt. Dies ist die Vereinigung, wie sie die Religionen in metaphorischer Sprache beschreiben – Shiva und Shakti, Vater und Heiliger Geist, Yin und Yang usw.

Mit einer guten Yoga-Praxis schreitet also alles immer voran und mit der Zeit gelangen wir weit über Zustände, wie den von dir beschriebenen eines Opiumabhängigen, hinaus. Erfahrungsberichte über diese Reise findet man in der spirituellen Literatur zuhauf. Sieh dir z.B. das Evangelium von Ramakrishna, die Schriften des Johannes vom Kreuz, der hl. Therese von Avila, des heiligen Franz von Assisi, Rumi und Martin Bubers „Ekstatische Konfessionen“ an, wo du zahllose Berichte über die göttliche Ekstase sowohl der östlichen wie der westlichen Variante aufgeschrieben findest und dies aus vielen Jahrhunderten. Sie alle hatten es mit demselben Problem zu tun, das du hier ansprichst und jeder ist damit auf seine eigen Weise umgegangen. Einen gemeinsamen Zug erkennt man im Leben der ekstatischen Mystiker in der Form der intensiven Hingabe an ihre gewählten Ideale (Bhakti), die in großem Maß zu ihrem ekstatischen Zustand beitrugen und wodurch es ihnen gelang, alles bis zur Erfüllung in der Erleuchtung durchzustehen.

Durch Drogen und durch Orgasmen beim Sex herbeigeführte Bewusstseinszustände sind nur von kurzer Dauer und fordern meist Tribut vom Körper. Verlässt du dich auf yogische Methoden, hat die daraus resultierende Ekstase einen ganz anderen Charakter – sie ist langlebig und regeneriert den Körper. Und wenn, wie erwähnt, die ekstatischen Zustände ihren Ausgleich in der tiefen Meditation finden, bahnt sich ein sicherer Weg zur Erleuchtung an.


Es gibt da also noch viel mehr als göttliche Ekstase. Halte nur deine Routine aufrecht und du wirst sehen, wie sich alles verfeinert und ausweitet. Dann wirst du die Nüchternheit bekommen, die du suchst und zusätzlich das, was alle Schöpfung zusammenhält: unerschütterliche innere Stille, ekstatische Glückseligkeit und ausströmende göttliche Liebe.

Ich wünsche dir allen Erfolg auf dem von dir gewählten Pfad.

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nächstes Seminar

Newsletter – Lektionen ins Postfach

Bücher des FYÜ-Verlags

Archive

Kategorien

Aktuelle Videos

Wird geladen...