Lektion 161 – F&A – Dunkle Nächte und der Anstieg innerer Stille

Frage: Ich bin immer noch auf dem Wagen und glaube, dass ich in diesem Leben nicht mehr aufhören werde, zweimal am Tag zu meditieren.

Trotzdem hab ich meine Übungen auf „nur Meditation“ zurückgeschnitten. Ich bin bis zu Meditation plus Pranayama plus Mulabandha plus Sambhavi gekommen und die Dinge liefen wirklich gut. Ich machte sogar gute Fortschritte im kreuzbeinigen Sitzen, was ich anfangs als sehr schwierig und von der Meditation ablenkend empfand. Als die Dinge das letzte Mal gut liefen, befand ich mich auf Urlaub, zuerst in den österreichischen Bergen und dann auf einer kleinen Insel an der deutschen Nordsee. Es war eine sehr schöne Zeit und ich freute mich erwartungsvoll auf die Rückkehr nach Hause, begierig mein Leben mit mehr Spaß und auf einem höheren Energieniveau als jemals zu deichseln.

Dann, als ich (vor zwei Wochen) nach Hause kam, schien während der ersten 36 Stunden alles so zusammengestürzt … Ich fühlte mich sehr, sehr schlecht, und dies dauerte mehrere Tage an (es ist im Augenblick nicht ganz vorbei, jedoch besser). Zu dieser Zeit stellte ich sogar für eineinhalb Tage meine Übungspraxis völlig ein. Äußerlich war nichts Schlimmes passiert – es war nur, dass ich versuchte, mein Leben dort aufzugreifen, wo ich es zuvor verlassen hatte, bevor ich in die Ferien, fuhr und das funktionierte nicht mehr.

Ich bin mir jetzt felsenfest sicher, dass Yoga nicht der Grund für diesen Absturz war. Es muss die positive Entwicklung gewesen sein, die ich durchmachte, während ich ‚keine Pflichten’ hatte. Vielleicht habe ich mich nur aus meiner früheren Lebensform herausgelebt.

Irgendwo in den Lektionen erwähnst Du die Vorteile eines geschäftigen Lebens für die Integration der durch die Übungen erreichten Reinigung und Ausdehnung. Ich glaube das sehr wohl – trotzdem bin ich viel mehr eine „Seiende“ als eine „Tuende“ – mein Leben befindet sich in dem Sinne sicherlich aus dem Gleichgewicht, weil ich mich zu sehr aus weltlichen Angelegenheiten zurückziehe. Mein ganzes Leben lang war es für mich nicht zu schwierig, „hoch zu greifen“, und ich habe manchmal ziemlich intensive spirituelle Erlebnisse – doch im „äußeren“ täglichen Leben fühle ich mich oft extrem überfordert, weil ich spüre, dass die Welt viel zu rau und grob für mich ist – ein wohl entwickelter Sinn von Verletzlichkeit.

Das ist der Grund, warum das Konzept des Yoga, das Du in den ersten paar Lektionen umreißt, für mich so anziehend erscheint. Das Versprechen, die äußere Welt mit der inneren zu versöhnen …. ich sehne mich richtig danach….

Da kommt so viel alter Schmerz in mir hoch, während ich das tippe – es scheint so etwas wie der Ruin meines Lebens zu sein (und die grundlegende Anatomie der Trennung, die fast jeder Mensch während seiner Inkarnation auf Erden erfährt). Das ist SCHMERZHAFT.

Ich arbeite meinen Weg also mit den Übungen wieder hoch. Ich glaube Dir wirklich, wenn Du sagst, dass dies ein verlässlicher Weg heraus ist – davon habe ich bereits so viel gefühlt.

Wahrscheinlich erlebe ich gerade „die dunkle Nacht der Seele“.

Antwort: Es ist unausweichlich, dass Höhen auch zu Tiefen führen. Nur in der inneren Stille finden wir die Wahrheit von dem allen. Dazu dient die Meditation: Schritt für Schritt diese stille Glückseligkeit hervorzubringen, die in uns, in all den Funktionen von Körper, Geist und Emotionen und der Welt verborgen liegt. Dann sehen wir, dass alles auf und ab geht, während wir uns als stilles Glückseligkeitsbewusstsein nicht vom Fleck rühren.

Bezüglich dem Aktivsein: Ja es ist gut, unsere in der Meditation gewonnene Stille in täglichen Handlungen zu stabilisieren. Doch wer soll bestimmen, welche Handlungen das für Dich sein sollen? Ich nicht. Es ist Deine Aufgabe, Deinem Herzen zu folgen und die Dinge zu tun, die Dir Freude bereiten. Einige von uns sind von Natur aus mehr introvertiert. Die „Handlung“ kann dementsprechend auch etwas sein, wo man nicht ständig mit Menschen zu tun hat. Für andere ist es wichtig, sich ständig mitten im Gewühl menschlicher Bestrebungen zu befinden. Nur Du kannst wissen, was Deine richtige Tätigkeit ist.

Manchmal stellt sich uns auch die Aufgabe, unseren Ängsten in die Augen zu sehen und Dinge zu tun, vor denen wir zurückscheuen. Dann fühlen wir Wachstum aufgrund der Auseinandersetzung mit unserer Furcht. Doch wir sollten uns (und unsere spirituellen Übungen) auch nicht im übermäßigen Genuss von dem, was für uns nicht natürlich ist, ertränken. Vor allem ist es wichtig, dass wir Wege finden, dem Leben mit unserer schöpferischen Tätigkeit irgendwie zu dienen oder anderen in direkter Weise zu helfen. Das kann man als Unternehmer, durch Wohltätigkeit oder auch durch Kunstschaffen irgendwo in einem Studio – was immer die innere Sehnsucht in uns allen stillt, mit unserem Herzen in die Welt auszufließen. Du handelst weise, wenn Du Deine Meditationen aufrechterhältst. Das wird Dir allmählich die innere Stetigkeit bringen, mit der Du die besten Entscheidungen für Dein Leben fällen kannst. Übereile nichts. Geh nur achtsam und zielbewusst mit Deinem Leben um und versuche immer, die tiefsten Sehnsüchte in Deinem Herzen zu ergründen und sie zu erfüllen.

Mit Deinen Fortschritten in den Übungen und mit vorsichtiger Selbstabstimmung werden sich diese alten inneren Blockierungen allmählich auflösen. Gib dem Zeit. Dies ist der Weg hinein in die andauernde ekstatische Glückseligkeit und heraus aus dem Elend.

Frage: Danke für Deine Antwort, all Deine Antworten und Deine wundervollen Lektionen. … alles so sehr erbauend und belebend ….

Ich bewege mich langsam heraus aus der Sch…. – ich weiß, dass ich meine allgemeine Ausrichtung im Leben umgestalten muss und ich werde es auch tun. Ich beginne gerade damit, auf diese Neuausrichtung als einen kreativen Prozess zu blicken, etwas, in das ich mich aktiv einbringe, manchmal vielleicht sogar von Vergnügen und Freude durchdrungen … das ist etwas ganz Neues für mich … vielleicht bewege ich mich heraus aus der Art des Fühlens, wie ich es gewohnt bin, mehr oder weniger überwältigt, meistens sogar, ohne es zu wissen …

Gestern machte ich, während ich eine meiner Lieblings-CDs anhörte, eine sehr überraschende Erfahrung. Schöne Musik hat mich schon immer berührt. Doch mit mehr und mehr Stille, die sich in meinem Geist anhäuft, hat sich etwas verändert. Ich habe mich immer darüber gewundert, dass ich keine Melodien, die ich so sehr liebte, wiederholen konnte, sie nicht singend wiederholen konnte. Ich konnte die Musik immer in meinem Inneren fühlen, doch wenn ich versuchte, sie zu singen, kam nur etwas mehr oder weniger dem Original Ähnliches heraus, und wenn die Melodie kompliziert war, etwas weniger Ähnliches…

Gestern erkannte ich plötzlich, dass ich immer versucht hatte, meine von der Musik aufgewühlten Emotionen zu singen, was natürlich nicht die Melodie selbst war. Mit einem jetzt etwas ruhigeren Geist kann ich immer noch all die Emotionen wahrnehmen, die der Künstler in die Musik legt und auch meine Reaktionen darauf. Daneben kann ich aber auch noch auf einer mehr „analytischen Ebene“ zuhören. Ich höre einzelne Töne anstatt nur große Cluster emotionaler Reaktionen, ich habe auch eine innere „Visualisierung“ der überlagerten Melodien erlebt – und für mich äußerst überraschend habe ich eine andere Melodie in dem Track entdeckt, den ich zuvor schon so oft angehört habe: Die Stille zwischen den Noten zeichnete sich wie ein sehr wichtiges, neues Instrument ab, das ich vorher überhaupt nicht wahrgenommen hatte.

All diese einzelnen Titel sind „graziöser“, etwas „dünner“ mit vielen leeren stillen Zwischenräumen in ihnen geworden …. Das ist sehr überraschend und sehr interessant.

Mmmh …. Ich frage mich, wie die Welt aussehen wird, wenn diese Art von Musikerfahrung allgemein verbreiteter wird – mehr Anhaftungslosigkeit, mehr riesige leere stille Räume überall um uns und möglicherweise mehr kreative Freude im Universum, mit der man viel leichter umhergehen und mit ihr umgehen kann?

Ich erwarte Veränderungen (und sage Dank für deine andauernde Unterstützung).

Antwort: Da kommt eine sehr hübsche Beobachtung von Stille in Deiner Erfahrung von Musik zum Vorschein. Ja, das ganze Leben wird mehr und mehr dem ähnlich werden. Es wird zur Normalität und als nichts Besonderes mehr auffallen, weil man vergessen wird, wie dunkel es gewesen ist. Dann wird es ein Kontinuum von Abschattierungen innerer Stille zu mehr Stille und schließlich der aufkommenden Ekstase, vermischt mit der Stille, geben. Das entwickelt sich wie eine Spirale nach oben.

Die Ursache dafür sind die Übungen, denke daran. Wir alle vernarren uns manchmal in unsere Erfahrungen. In den Lektionen sage ich immer wieder: Fortschritte kommen mit dem Praktizieren und nicht mit den Erfahrungen. Das soll nicht heißen, dass wir nicht manchmal mit den Früchten unseres Yoga ein bisschen Feste feiern können.

Veränderungen liegen für alle von uns in der Luft. Hier kommt die Wonne. Erfreue dich daran!

Der Guru ist in Dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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