Lektion 297 – Ist eine erwachte Kundalini dasselbe wie Erleuchtung?

Frage: Was in aller Welt ist nun diese »Kundalini«? Ich habe viele Jahre meditiert und die Kundalini war mir kein Begriff. Dabei hatte ich sogar eine spontane Kundalini-Erweckung, ohne vorher jemals etwas davon gehört zu haben! Mir wurde erst allmählich klar, was da ablief, und ich verstand auch, dass es da einige Dinge gibt, die man fälschlicherweise mit Kundalini in Verbindung bringt. Ich weiß nun, dass das Atmungszeug – der sogenannte »Feueratem« – all dieser Unsinn, nicht die Ursache, sondern die Wirkung ist! Bei mir übernahmen all diese Atmungssachen einfach das Kommando über meinen physischen Körper und Dinge dieser Art geschehen mir einfach so während der ersten paar Stunden des Ansteigens. Da macht man nicht etwas Bestimmtes, damit etwas geschieht. Es ist etwas, das einfach so abläuft, nachdem es einmal begonnen hat. Doch da Menschen diese Wirkung beobachtet haben, ist man auf die Idee verfallen, dass man das braucht, um das Aufsteigen der Kundalini auszulösen, während es in Wirklichkeit nur ein Nebeneffekt dieses Aufsteigens ist. Das zweite wichtige Missverständnis betrifft die Beziehung zwischen Kundalini und Erleuchtung. Sie sind nicht notwendigerweise so direkt miteinander verbunden. Man kann erleuchtet sein, ohne die Kundalini erweckt zu haben, und man kann die Kundalini erweckt haben, ohne dass man erleuchtet ist. Man muss Kundalini nicht erfahren, um Gott zu erfahren.

Antwort: Hallo und danke, dass du deine Einsichten zu Kundalini mitteilst.

Jedes der Yoga-Glieder ist sowohl Ursache als auch Wirkung und alle Yoga-Glieder sind in uns miteinander verbunden. So kann also das strukturierte Üben des einen für einen anderen Menschen Symptom sein. Ich persönlich kann nur raten, dass man sich lieber auf Übungen als auf Symptome verlässt. Deshalb favorisieren wir bei den Fortgeschrittenen Yoga Übungen die Übungen auch vor den Symptomen. Und wie du weißt, haben wir sehr viele Übungen.

Ich stimme mit dir überein, dass Kundalini der symptomatischen Art keine Voraussetzung für die oder ein bleibender Bestandteil der Erleuchtung ist. Das Drama der Kundalini ist in Wirklichkeit Reinigung (die Reibung erwachender Energie beim Durchfließen von Blockierungen) und nicht das Endresultat. Doch die feinen Eigenschaften von Kundalini, die die Neurobiologie immer mehr als Ekstase durchtränken, und die Verfeinerung der sinnlichen Wahrnehmung sind wesentlich für die Erleuchtung. Du nennst das vielleicht nicht Kundalini. Doch es ist in der Tat die schließliche Verfeinerung der auffälligen Arten von Kundalini-Erscheinungen, was manche Menschen entlang des Wegs erfahren. Es ist das Auftauchen unserer ekstatischen Natur, die letztendlich in Stille aufgelöst werden muss. Bei den Fortgeschrittenen Yoga Übungen nennen wir dies das Aufkommen der ekstatischen Leitfähigkeit. Dies und bleibende innere Stille (Stille, der Zeuge) sind die zwei Säulen der Erleuchtung. Die Gleichung sieht so aus:

Stille + Ekstase = Einheit (Erleuchtung)

Bei FYÜ nutzen wir die Tiefe Meditation für die Kultivierung von bleibender innerer Stille (Stille).

Ekstase (ekstatische Leitfähigkeit) wird mit der Wirbelsäulenatmung und anderen Pranayama-Methoden (wozu auch Kumbhaka zählt) kultiviert, aber auch mit Asanas, Mudras, Bandhas und tantrischen Sexualmethoden.

Aufkommende Stille und Ekstase verschmilzt man (Gleichheitszeichen) durch Samyama, Karma Yoga und Selbst-Analyse miteinander. Jedes dieser Elemente findet seine Erfüllung, wenn es in Stille ausgeführt wird (Gegenwart des Zeugen). Wir nennen das bei den fortgeschrittenen Yoga Übungen »relational«. Das Ergebnis ist »göttliche Ausstrahlung«.

Bhakti (göttlicher Wunsch) spielt bei all dem eine übergreifende Rolle. Bhakti ist der Treibstoff für jeden spirituellen Fortschritt. Sogar das leiseste Verlangen nach Wachstum enthält all diese Elemente der Entfaltung in sich und stimuliert sie direkt.

Nun werden einige sagen, dass Stille Erleuchtung ist und andere werden sagen, dass ekstatische Kundalini Erleuchtung ist. Die Wahrheit ist, dass beide zusammen die Erleuchtung ausmachen. Es ist die Vereinigung von Stille (Shiva) mit Ekstase (Shakti), was zu einem endlosen Ausströmen göttlicher Liebe und der Vereinigungserfahrung im täglichen Leben führt, d.h. Einheit. Bei den fortgeschrittenen Yoga Übungen nennen wir das alles auch »Stille im Handeln«.

Dieser Prozess ist allen menschlichen Nervensystemen angeboren und er ist universell. Einzelne Pfade betonen verschiedene Aspekte dieser Entwicklung. Am Ende werden alle Grundlagen abgedeckt. Es ist ein natürlicher Prozess, wenn er erst einmal angestoßen ist. Unsere Aufgabe bei unseren täglichen Yoga-Übungen ist es, in Fahrt zu kommen und weiterzumachen, ohne dabei zu übertreiben (Selbstabstimmung). Dann erkennen wir durch direkte Erfahrung, was es ist.

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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