Lektion 375 – Aus unseren Köpfen

Frage: Etwas Interessantes hat sich ereignet, seit ich begonnen habe, die Erweiterung der Solar-Zentrierung zusammen mit der tiefen Meditation anzuwenden. Nicht nur merke ich weniger physischen Druck am Kopf während und nach der Übung. Ich stelle auch fest, dass mein Denken, das mein Leben begleitet, weniger obsessiv ist. Es ist, als ob ein Gewicht, das ich immer mit mir herumgeschleppt habe, weggenommen wurde und dies befähigt mich, die Selbst-Analyse auf eine weniger verstandesbasierte Weise zu betreiben. Das ist schwer zu erklären. Weißt du, was ich meine?

Antwort: Ja, das ist ein gutes Ergebnis. Wir fokussieren unsere Aufmerksamkeit oft im Kopf, sowohl während der Übungen wie auch im normalen täglichen Leben, ohne dass wir uns dessen besonders bewusst sind. Sobald wir eine Veränderung bei der Aufmerksamkeit einführen, wie wir das bei der Erweiterung der Solar-Zentrierung tun, kann das dramatische Folgen haben. Das hängt aber vor allem davon ab, wie stark wir uns ursprünglich in unserem Kopf befunden haben. Das Ergebnis kann sowohl physisch als auch mental sein. Deshalb können wir sagen, dass uns die Solar-Zentrierung aus unseren Köpfen herausnimmt.

Das soll nun nicht heißen, dass jeder in die Solar-Zentrierung eintauchen soll, besonders nicht, wenn wir erst vor Kurzem mit der tiefen Meditation begonnen haben oder unserer Übung neue Komponenten hinzugefügt haben. Es ist wichtig, dass wir in unserer täglichen Praxis eine gute Stabilität erreicht haben, bevor wir irgendetwas Neues anfangen. Wenn wir andererseits für einige Zeit auf einem bestimmten Niveau mit unserer Praxis beschäftigt waren, und immer noch „in unserem Kopf feststecken“, dann könnte die Solar-Zentrierung genau das sein, was wir brauchen. Es kann auf der physischen Ebene unsere Aufmerksamkeit ausgleichen, was zu größeren Zwischenräumen zwischen unseren Gedanken und zu mehr bleibender innerer Stille führen kann. Dann kann das für uns das Tor in andere Bereiche der Praxis, für die die Gegenwart der inneren Stille (Zeuge) die Voraussetzung ist, öffnen. Genauso, wie du gesagt hast.

Andere Empfindungen, die sich einstellen könnten, sobald wir die Solar-Zentrierung hinzunehmen, sind Gefühle, dass wir uns mehr in der Welt befinden, während wir weniger Teil der Welt sind. Gleichzeitig haben wir das Gefühl, dass von uns mehr Energie in die Welt ausstrahlt.

Dies sind Symptome der Reinigung und Öffnung, die sich auf verfeinerteren Ebenen unseres Nervensystems bemerkbar machen. Davon ausgehend führen sie zu verfeinerteren Ebenen der Erfahrung. Vieles davon wird als paradox erscheinen. Wir spüren eventuell eine erhöhte Feinfühligkeit beim Kontakt mit den Geschehnissen um uns herum, während wir gleichzeitig weniger von diesen beeinflusst werden. Fühlen wir uns niedergeschlagen, können wir innerlich immer noch glücklich empfinden, weil wir das ratternde Spiel des Verstandes und der Emotionen nur beobachten. Alles gleicht sich mit der Zeit aus. Wir erkennen, dass wir uns jenseits der Höhen und Tiefen des Lebens befinden und es wird viel einfacher für uns, durch sie hindurch zu navigieren.

Je mehr wir in die Stille im Inneren loslassen, desto mehr stellen wir fest, dass die äußere Welt nur ein Aspekt von uns ist. Je mehr wir die Welt loslassen, desto mehr werden wir zur Welt und desto mehr können wir die Welt auf positiven Wegen beeinflussen. Das ist die wahre Bedeutung von „Neti Neti“ – „nicht dies, nicht das“. Je mehr wir die Identifikation mit den Objekten des Bewusstseins in die Stille loslassen, desto mehr werden wir zu diesen und desto mehr beeinflussen wir diese. Die Solar-Zentrierung ist ein raffinierter Weg, das zu fördern. Sie nimmt uns aus dem Kopf heraus und führt uns in das reich der Einheit. Von dort strahlt das Göttliche durch uns aus und wir leben in größerer Harmonie mit unserer Umgebung, wo immer wir uns befinden.

All dies erwartet uns, wenn wir unser Klammern aufgeben, auch an das gewohnheitsmäßige Ding, das sich in unserem Kopf abspielt, ob sich das auf eine physische Fixierung oder auf den Gedankenprozess selbst bezieht. Der Verstand wird ohnehin weitermachen. Es ist gar nicht möglich, ihn anzuhalten. Doch falls wir mit unseren täglichen Übungen fortfahren, identifizieren wir uns weniger und das ist Freiheit. Den Verstand kann man nicht durch Supervision bezähmen, nur durch Umlenken der Aufmerksamkeit in produktivere Kanäle. Das ist die Essenz jeder effektiven spirituellen Praxis. Das ist der Grund dafür, warum ein sanftes und lockeres Favorisieren des Mantra in der tiefen Meditation funktioniert und warum auch die Erweiterung der Solar-Zentrierung funktioniert.

Obwohl das weithin anerkannt ist, dass die meisten von uns nur einen Bruchteil der Kapazität des Gehirns nutzen, ist es weniger bekannt, dass sich der Rest des Gehirns die ganze Zeit mit Vollgas wild dreht. Werden wir zum Zeugen, womit auch die Aufmerksamkeit weniger stark im Kopf und bei den Gedanken lokalisiert ist, dann erhöht genau dieses Loslassen unseren Zugang zu allen Ressourcen des Verstandes. Die natürliche Evolution von weniger Identifizierung mit dem Verstand infolge effektiver Yoga-Übungen führt zu einer erweiterten Nutzung des Gehirns als Teil des göttlichen Flusses. Weniger ist mehr – viel mehr.

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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