Lektion 92 – F&A – Der Stern
Frage: Ich meditiere seit zehn Jahren. Aber ich würde sagen, dass ich darin nie wirklich gut war. Das meine ich, weil ich während der Meditation immer leicht durch Gedanken abgelenkt wurde. Weil das in meinem Kopf so ablief, war es immer eine Glückssache, ob ich meditierte oder nicht. Mit anderen Worten, täglich hab ich nicht praktiziert – mehr so drei oder viermal die Woche.
Bevor ich in Deine Gruppe eingetreten bin, hat man mir schon gesagt, wie ich Yoni Mudra ausführen muss. Aber in Wirklichkeit hab ich das nicht richtig gemacht. Trotzdem hab ich die ersten beiden Male den wunderschönen Kreis mit einem Stern in der Mitte gesehen. Damals hab ich nicht gewusst, dass das etwas ist, was gewöhnlich nach der Ausführung von Yoni Mudra auftritt. Einige Tage nachdem ich das gesehen hatte, erhielt ich mit der Post eine Broschüre von der Gemeinschaft der Selbstverwirklichung (SRF) und auf der Broschüre war genau das gleiche Ding abgebildet, das ich gesehen hatte. Seitdem hab ich es nie wieder gesehen, auch wenn ich es mit Yoni Mudra versucht habe.
Jetzt mal ein großer Sprung: Ich bin Deiner Gruppe beigetreten und fand die Tatsache, dass die Gedanken, die kommen, in Ordnung sind, wirklich gut. Mach einfach weiter und geh zum Mantra zurück! Ich fühlte, dass ich es früher vielleicht doch richtig gemacht hatte und meine Erwartungen waren weg. Ich hab also den Vorsatz gefasst, zweimal am Tag die Übung zu machen und mir auch vorgenommen den „Zeitplan“ im Auge zu behalten, um nicht so durch all das zu hetzen. Deshalb hab ich die fortgeschrittenen Yoga-Übungen eins ums andere hinzugefügt und auch keinen Schub der Kundalini-Energie erlebt, wie einige der Leute hier, aber ich hab mich entschlossen, die Übungen aufrecht zu erhalten.
Heute Morgen hab ich zum ersten Mal, seit ich Deiner Gruppe beigetreten bin, Yoni Mudra gemacht. Sobald ich begonnen habe, sah ich einen Haufen irrsinniger Lichter. Ich hab nur zugeschaut und die Technik gehalten. Dann kamen die Kreise mit dem Stern in der Mitte. Es gab da einen leuchtenden Kreis mit einem dunklen darin. In der Mitte befand sich der Stern. Der Stern ist abwechselnd deutlich geworden und wieder verschwommen. Ich wollte nicht, dass es vorübergeht. Doch ich ging in meine Meditation und es verschwand.
Meine Frage ist nun: Was ist das überhaupt für ein Stern? Warum bin ich so begierig darauf, ihn zu sehen, wenn ich nicht einmal weiß, was das überhaupt ist? Ich weiß, dass es ein Teil des Prozesses ist, aber wie und warum weiß ich nicht. Werde ich das sehen, wenn ich meditiere oder nur während Yoni Mudra? Gibt es etwas, das ich tun kann, damit ich den Stern während der Meditation behalte? Warum ist er beim Ausführen von Yoni Mudra gekommen? Soll ich da irgendetwas mit dem Stern tun?
Antwort: Die einfache Vorgehensweise bei der Meditation stört sich überhaupt nicht an Gedanken oder irgendetwas anderem. Es ist die Kunst der sanften Überredung, die das Mantra zu reinem Glückseligkeitsbewusstsein verfeinert. Der Verstand kommt ohne Schwierigkeiten in die Stille, wenn wir den Kampf mit Gedanken aufgeben und ganz einfach auf natürliche Weise dem Mantra auf tieferen Ebenen den Vorzug geben, wann immer wir uns bewusst werden, dass wir davon abgekommen sind. So kommt man hinein.
Sieht man den Stern, ist das eine natürliche Folge einer Reinigung der Sushumna (Wirbelsäulennerv) und der Öffnung des dritten Auges. In der Lektion zu Yoni Mudra Kumbhaka wurde erwähnt, dass die Aufmerksamkeit früher oder später über den Punkt zwischen den Augenbrauen hinausgezogen wird. Das ist eine Ausdehnung der Sushumna über die körperlichen Grenzen hinaus. Am Ende der Sushumna findet man die unendlichen Reiche hellen weißen Lichts. Diese werden anfangs als leuchtender Stern wahrgenommen. Die den Stern kreisrund umgebenden Farben rühren von der Innenseite der Sushumna her. Du schaust aus dem Inneren heraus, siehst also das Innere der Sushumna in deinem Körper und das Ende der Sushumna – was dem Stern entspricht – davon abgesetzt in der Ferne. Du schaust durch den Tunnel der Sushumna und siehst „das Licht am Ende des Tunnels“, wie man sagt. Im Inneren des Tunnels sind wir buchstäblich ein Regenbogen aus Licht – beginnend mit einem dunklen Rot ganz unten und endend mit Blau und Violett ganz oben. Du hast den Ausdruck: „Sie hat ein Herz aus Gold“ schon einmal gehört. Gut, wir alle haben Herzen aus Gold. Es ist nur etwas Hausreinigung nötig, damit wir es sehen. Das ist der äußere Ring, den du siehst.
Einige der graphisch anschaulichsten und schönsten Beschreibungen des Inneren der Sushumna sind in dem Buch Sacred Science (Heilige Wissenschaft) von Norman Paulsen zu finden. Herr Paulsen ist einer der wenigen noch lebenden direkten Schüler von Paramahansa Yogananda, dem berühmten Yogi und Autor der „Autobiographie eines Yogi.“ In seinem Buch erörtert Herr Paulsen eine schwierigere Form der Wirbelsäulenatmung. Es gibt ganz verschiedene Ansätze der Wirbelsäulenatmung, verschiedene Stile. Der Ansatz für die Wirbelsäulenatmung in diesen Lektionen wurde aus Gründen der Einfachheit und erwiesenen Effektivität gewählt. Jeder Mensch ist frei, das für ihn Passende zu wählen. Deshalb halten wir hier verschiedene Übungsstile in Ehren.
Das heilige Diagramm „Sri Yantra“ ist ebenfalls eine Darstellung der inneren Realität der Menschheit – konzentrische Kreise göttlich weiblicher Energie, die einen Tunnel formen, der zur letztendlichen Vereinigung von Shiva und Shakti im Zentrum führt. Führen wir die Wirbelsäulenatmung aus, vereinigen wir diese beiden Energien überall im Inneren der Sushumna und in jedem Teil unseres Nervensystems.
Das ist einer der wenigen Fälle im Leben, da „Tunnelblick“ etwas Positives beschreibt.
Was sollen wir mit dem Stern tun, wenn wir ihn sehen und sich ein wachsendes Bewusstsein des Sushumna-Tunnels, das oft damit einhergeht, einstellt? Das ist eine wichtige Frage, die du aufwirfst. Ja, wir werden von dem Stern auf natürliche Weise angezogen. Das ist der „Himmel“. Dorthin gehen wir, wenn wir sterben. Berichte über den Tunnel und das weiße Licht sind nichts Besonderes bei denen, die eine Nahtoderfahrung hatten. Der Tunnel ist auch der Weg, auf dem wir in diese irdische Existenz gekommen sind. Nun kannst du sehen, warum die Wirbelsäulenatmung in unserer Praxis so wichtig ist. Wir räumen unsere Schnellstraße in den Himmel frei.
Aber es ist noch nicht die Zeit zu gehen! Darin liegt die Antwort auf die Frage. Was machen wir mit dem Stern? Du wirst von verschiedenen Leuten verschiedene Antworten auf diese Frage erhalten. Da wird viel Lärm darum gemacht.
Die Antwort in diesen Lektionen besteht darin, dass wir mit dem Stern nicht viel unternehmen. Wir lassen die Erfahrung damit sich natürlich entwickeln, genauso wie wir das mit allem machen, was als Ergebnis unserer Übungen hochkommt. Wenn sich der Stern zeigt, betrachten wir das wie jeden anderen Teil unserer inneren Funktionsweise und gehen zu der Übung zurück, die wir gerade machen. Das ist schließlich nur ein anderes Element unserer spirituellen Anatomie, wie Nadis, Chakren und dergleichen. Alles im Himmel und auf Erden ist in uns enthalten. Wir müssen nirgendwo anders hingehen, um zu sein, was wir bereits sind. Wenn unsere Ekstase im Inneren oder äußere Übungen uns in den Stern hineinziehen, ist das ganz in Ordnung. Was immer da geschieht, ist Teil unserer Erfahrung göttlicher Ausdehnung. Zieht uns unsere Ekstase woanders hin in unserer spirituellen Anatomie, ist das auch gut. Wenn wir beim Praktizieren sind, favorisieren wir wie immer locker und leicht die Übung, die wir gerade machen. Wir drehen nicht gleich durch aufgrund dieser oder jener Erfahrung, die sich einstellen mag. Falls wir nicht praktizieren und sehen, dass sich in unserer spirituellen Anatomie etwas ereignet – dann genießen wir das! In diesen Lektionen sind wir in erster Linie Yogis und Yoginis und Touristen erst sekundär. Es ist schön uns der Landschaft zu erfreuen, wenn wir nicht beim Üben sind. Für uns gibt es viel zu sehen. Beim Üben halten wir jedoch an der einfachen Aufgabe fest, die Übung zu favorisieren, die wir gerade ausführen.
Auf dieser Erde sind wir damit beschäftigt, unser Nervensystem in eine gute spirituelle Arbeitsverfassung zu bringen. Dazu sind wir hier. Dies können wir nur erreichen, wenn wir fortwährend, d.h. von Tag zu Tag, unser Nervensystem auf höhere Ebenen des Funktionierens anheben. Sobald wir auf irgendeinen Aspekt unserer spirituellen Anatomie besonders fixiert sind, wird das möglicherweise auf Kosten unseres allgemeinen Ziels der Erleuchtung gehen. Deshalb tun wir gut daran, alle inneren Mechanismen und Erfahrungen als „unter der Haube“ liegend zu betrachten, wenn wir auf unserer Straße der fortgeschrittenen Yoga Übungen der Erleuchtung entgegensausen.
Gehen wir noch einmal zurück zu unserem Vergleich mit der Reise nach Kalifornien. Nehmen wir an, dass wir eine Straße nach Kalifornien bauen, eine, die es uns erlaubt, ganz nach unserem Belieben und ohne Schwierigkeit dorthin zu gelangen und auch wieder zurückzukehren. Sobald das Straßenbauteam nah genug an Los Angeles herankommt, sehen wir das glänzende Licht in der Ferne leuchten. Wir sind dann vielleicht versucht, die Straßenbauarbeiten einzustellen und einfach querfeldein auf die Lichter von LA zuzulaufen. Tun wir dies, landen wir schließlich in LA, lassen aber eine unvollendete Straße irgendwo außerhalb der Stadt zurück. Nicht dass LA noch irgendwo eine Straße bräuchte, doch das erfordert der Vergleich. Früher oder später müssen wir zurückgehen und unsere Straße vollenden. LA ist nicht ganz LA, bis wir ganz nach unserem Belieben dorthin gehen und es wieder verlassen können. Genauso ist auch der Himmel nicht ganz der Himmel, bis wir kommen und gehen können, wie wir wollen. Dazu brauchen wir ein Nervensystem, das vollkommen gereinigt ist.
Bei der Erleuchtung geht es nicht darum, schnell zum Himmel hinzueilen und ein ungereinigtes Nervensystem zurückzulassen, zu dem wir dann später in einem anderen Leben zur Vollendung der Aufgabe zurückkommen müssen. Es geht um die Vollendung der Aufgabe, das Nervensystem vollkommen zu reinigen. Dann gehört uns alles und wir sind alles: Himmel, Erde, der Kosmos, LA, alles. Dann drückt sich der Himmel durch uns auf Erden aus und wir können viel für andere tun, durch die sich der Himmel ebenfalls ausdrückt, die nur ebenso eine ordentliche Hausreinigung benötigen, das selbst zu erkennen. Es geht also nicht um das Fortgehen in den Stern hinein. Es geht um das Hereinholen des Sterns in die irdische Sphäre. Das tun wir, wenn wir das Nervensystem reinigen und öffnen.
Wie Jesus sagt: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Mt 5,14
Solltest du also den Stern sehen oder eine Ekstase haben, die über den Punkt zwischen den Augenbrauen hinausreicht, dann gehe als Teil deiner normalen Wirbelsäulenatmung dahin. Das wird deine Übungen sehr bereichern. Falls du den Stern siehst oder eine sich während Yoni Mudra Kumbhaka über den Punkt zwischen den Augenbrauen hinaus ausdehnende Ekstase fühlst, dann verweile dort während Kumbhaka locker und leicht wie in den Anweisungen beschrieben. Versuche nicht, dich daran festzuklammern. Eine natürliche Reinigung und Anbindung findet statt. Lass es einfach geschehen. Sei dir bewusst, dass wir hier auf der Erde daran arbeiten, unser Nervensystem zu reinigen. Das ist es, was wir in der Meditation, der Wirbelsäulenatmung, mit Kumbhaka, den Bandhas, Mudras und all dem Rest machen. Erfreue dich an der Glückseligkeit des Himmels, wenn er dich küsst. Bringe das auf natürliche Weise durch deine Übungen zurück in deinen Körper. Denk daran, dass die Arbeit, die wir hier leisten, im irdischen Körper stattfindet. Was wir hier erreichen, werden wir –wo immer wir auch hingehen, wenn wir einmal scheiden – mit uns mitnehmen. Dieses Nervensystem ist das Tor. Wenn wir uns daran halten, wird alles andere für sich selbst sorgen.
Man hat gesagt, dass die Engel im Himmel ein wenig eifersüchtig auf uns sterbliche menschliche Wesen seien. Warum? Weil wir auf dieser Ebene der Existenz das Nervensystem griffbereit für die Reinigung haben und dazu noch die Motivation (die Sterblichkeit), uns auch darum zu bemühen. Es ist viel einfacher, diese Aufgabe hier auf Erden zu lösen als im Himmel. Deshalb sind die Engel ein wenig eifersüchtig. Sie warten darauf, dass sie an die Reihe kommen für das, was wir hier und jetzt tun können – fortgeschrittene Yoga-Übungen. Bevor wir also loslaufen zum Himmel, lasst uns also das Beste aus der Gelegenheit machen, die wir hier zur Verfügung haben. Der Himmel wird da sein, sobald unsere Zeit zu gehen gekommen ist. Je mehr wir unser Nervensystem hier und jetzt reinigen können, desto leichter wird es für uns später sein.
Bei einigen Ansätzen gibt es eine Absicht, eine besondere Vision zu bekommen. Diese Visionen zu haben, bedeutet alles. So muss es aber nicht sein. Die Manifestation der Wahrheit ist nicht für jeden genau gleich. Deshalb kann es ein Fehler sein, eine bestimmte Vision herauszugreifen und sich darum zu bemühen. Einige mögen vielleicht niemals einen Tunnel oder den Stern sehen. Vielleicht rasen sie einfach an einer bestimmten Stelle durch und es ist alles reines weißes Licht. Oder möglicherweise auch eine andere Art von Licht und dann weißes Licht. Vielleicht kein weißes Licht und nur mehr und mehr Ekstase bis zu einem Tag, an dem der Durchbruch plötzlich da ist – und weißes Licht ist überall im und außerhalb des Körpers. Das kann auf viele verschiedene Wege geschehen und hängt von den jeweiligen Reinigungsprozessen ab, die in jedem Menschen ablaufen. Niemand kann sagen, wie es für alle Menschen sein sollte. Aus diesem Grund kümmern wir uns nicht so viel um Visionen in diesen Lektionen. Wir machen jeden Tag die Übungen, von denen wir wissen, dass sie die Reinigung und natürliche Öffnung des Nervensystems fördern. Die Erfahrungen dabei können sein, was immer sie sein wollen. Reinigen wir die Schnellstraße in den Himmel, kann da kein Zweifel daran bestehen, dass wir in bester Verfassung und mit der uns ewig bleibenden Fähigkeit ankommen werden, zu kommen und zu gehen, wie immer wir wollen.
Eine Vision ist nicht der große Durchbruch im Yoga. Ewige Freiheit und Erleuchtung sind es!
Der Guru ist in dir.{
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