Lektion T33 – F&A – Wirbelsäulenatmung während tantrischem Sex?

Frage: Es gibt eine Vama (Linke-Hand-)Version des Kriya, die während dem Koitus ausgeführt wird. Sie nennt sich Kobra-Atmung und beinhaltet vier Stufen der Übung. Dies scheint eine Überholspur-Methode des regulären Kriya zu sein und bringt sehr schnellen Gewinn. Du hast uns jedoch in diesen Lektionen gesagt, wir sollten die Wirbelsäulenatmung in zwei Sitzungen außerhalb der Tantra-Praxis üben. Wenn aber die Wirbelsäulenatmung mit ungeheurem Gewinn in die Tantra-Praxis integriert werden kann, warum hast Du dann die Wirbelsäulenatmung nicht zusammen mit den Sexualpraktiken empfohlen?

Antwort: Die Wirbelsäulenatmung kann man beim tantrischen Sex ausführen. Das kam deshalb bisher hier in diesen Lektionen nicht zur Sprache, weil ich darauf wartete, dass jemand die Frage stellt – und Du hast dies jetzt getan! Es gibt mehrere Gründe, warum wir uns bisher noch nicht da hineingestürzt haben und diese wurden in den Lektionen bereits erwähnt.

Erstens: Sexuelle Beziehungen gestalten sich nicht so, dass sie nach einem festen Plan ablaufen – d.h. nicht zu bestimmten Zeiten zweimal am Tag und nicht jeden Tag ohne Unterbrechung.

Zweitens: Sexuelle Beziehungen lassen sich auch nicht von der Dauer her regeln – so viele Minuten diese Übung und so viele Minuten jene.

Drittens: Die Verbindung von sitzenden Übungen mit dem tantrischen Sex kann zu zusätzlichen Freisetzungen von Blockierungen führen und damit muss man auf irgendeine Weise umgehen, damit es nicht übermäßig wird.

Viertens: Es ist meist am einfachsten, das Zustandekommen sexueller Beziehungen glücklichen Zufällen zu überlassen. So läuft das natürlicherweise ab. Das passt überhaupt nicht zu dem, was zu den drei anderen Punkten gesagt wurde, kann jedoch durch die Disziplin zweier gegenseitig hingebungsvoller Übender außer Kraft gesetzt werden.

Alles, was im Yoga eine zeitliche Bemessung erhält, ist sehr wichtig. Ohne regelmäßige Ausführung der Übungen in einem richtigen Maß kann Yoga schnell außer Kontrolle geraten und ziemlich viele Personen in den Haupt-Lektionen haben in den Fragen und Antworten Kommentare zu diesbezüglichen Erfahrungsaspekten bei den sitzenden Übungen abgegeben. In der Tat geht es in den meisten der F&A um die Abstimmung der Übungen mit den sich einstellenden Erfahrungen. Es kann eine knifflige Angelegenheit sein, bei den fortgeschrittenen Yoga-Übungen ein Gleichgewicht zu behalten. Aus diesem Grund ist die Nutzung von sexuellen Beziehungen als hauptsächliches Mittel für Yoga vergleichbar mit dem Versuch, mit einem kleinen Boot bei einem Hurrikane über den Ozean zu rudern.

Heißt dies nun, dass die Wirbelsäulenatmung in sexuellen Beziehungen nicht durchgeführt werden sollte? Nein, das heißt es nicht. Es heißt nur, dass es nicht als eine Hauptübung betrachtet werden sollte. Diese werden in den Haupt-Lektionen durch die Uhr abgemessen und zweimal täglich – einmal vor dem Frühstück und einmal vor dem Abendessen – ausgeführt.

Lassen wir uns auf eine sexuelle Beziehung ein – wann immer es dazu kommt – können wir den Einsatz der Wirbelsäulenatmung oder eigentlich auch jeder anderen sitzenden Übung in Betracht ziehen. Ich bin mir sicher, dass viele wie Du bereits daran gedacht haben. Es gibt eine Menge von Übungen, aus denen man auswählen kann. Doch gibt es eine Herausforderung, wie Du weißt, und die liegt in der Möglichkeit, dass es zur Stimulation von zu viel freigesetzten Blockierungen im Nervensystem kommen kann.

Wir werden wissen, dass es dazu gekommen ist, wenn wir uns nach einer sexuellen Begegnung, in die wir Wirbelsäulenatmung oder andere Übungen mit einfließen ließen, entsprechend fühlen.

Das ist wirklich sehr kraftvoll, wenn man sich während der Wirbelsäulenatmung in sexueller Vereinigung befindet. Doch Kraft setzt sich nicht augenblicklich in Fortschritt um. Schließlich haben wir bereits in unseren sitzenden Übungen eine riesige Kraft zur Verfügung, wenn wir das nur alles aufnehmen und nutzen könnten. Doch können wir nur so schnell vorwärts gehen, wie unser Nervensystem die Auflösung von Blockierungen aufnehmen kann, und darin liegt der limitierende Faktor. Bei diesen Übungen – ob mit oder ohne sexuelle Vereinigung – gibt es für die Kraft keine Grenze. Wir enden also immer wieder bei der Regulation der Übungen durch Selbstabstimmung.

Das Gleiche trifft auf den tantrischen Sex zu – allerdings nicht so sehr auf den Einsatz der Rückhaltemethode für die Erleichterung einer langen vororgasmischen Vereinigung. Dies führt gewöhnlicherweise nicht zu übermäßigen Freisetzungen – nur zu mehr und mehr ekstatischer Glückseligkeit, die uns auch später noch bei den sitzenden Übungen erhalten bleibt. Deshalb wurde das Hauptaugenmerk auf die Rückhaltemethode und die lange vororgasmische Vereinigung gelegt. Das führt gewöhnlicherweise bei unseren inneren Energien nicht zu Ungleichgewichten und bereitet unser Nervensystem vielmehr für eine spätere wundervolle sitzende Übung vor. Dies kann gleich danach sein, am nächsten Tag oder wann immer die Zeit für unsere sitzenden Übungen kommt. Dies ist der wahre Gewinn, der sich aus der tantrisch-sexuellen Vereinigung ergibt, und es sind nur lange vororgasmische Vereinigungen nötig, dies zu erzeugen. Es gibt viel dazu zu sagen, warum man tantrischen Sex und sitzende Übungen nacheinander (das heißt getrennt voneinander) anstatt parallel ausführen sollte.

Nimmst Du die Wirbelsäulenatmung in die sexuelle Beziehung hinein, wird es zu zusätzlichen Freisetzungen innerer Blockierungen im Nervensystem kommen und Du wirst merken, dass es notwendig ist, die Übung anzupassen, um eventuell auftretende Übersteigerungen zu vermeiden. Das ist während der Geburtswehen des Beischlafs etwas heikel, wenn die beiden Partner nicht so sehr aufeinander eingestimmt sind, dass sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber sitzen können, abgestützt mit Kissen in einer „V“-Form (oder einer anderen halbvertikalen Stellung) und die Wirbelsäulenatmung für 5, 10, 15 oder für wie viele Minuten es für beide Partner auch immer am geeignetsten ist, zu machen. Das klingt nicht sehr romantisch, oder? Gut, wenn man das dann weitergehen und immer weitergehen lässt, kann das für einen oder beide Partner zu viel freisetzen und das kann viel Kratzbürstigkeit später nach der Liebesvereinigung nach sich ziehen. Probier es aus und sieh selbst. Mächtige spirituelle Übungen sind mächtige spirituelle Übungen, unabhängig davon, wann man sie ausgeführt.

Siehst Du also, warum wir damit nicht schon vorher begonnen haben? Das öffnet die Tür zu Schwierigkeiten und möglichen Komplikationen. In den Lektionen wollen wir uns an Ansätze halten, die einfach sind, d.h. nur minimale Schwierigkeiten mit sich bringen und die andererseits sehr effektiv für die Reinigung und Öffnung des Nervensystems für göttliche Erfahrungen sind.

Stattdessen bringen wir also die sexuelle Stimulation stufenweise und abgemessen in unsere sitzenden Übungen, indem wir Siddhasana, Mulabandha und Sambhavi (mit ekstatischer Leitfähigkeit sehr sexy) anwenden. Auch Übungen wie Nauli/Uddiyana/Kinnpumpe und Wirbelsäulen-Bastrika werden in den mittleren und späteren Stadien ziemlich sexuell. All dies können wir innerhalb unserer sitzenden Übungen steuern. Man kann auch gut steuern, wenn man Übungen mit Masturbation verbindet. Doch auch das kann aus dem Ruder laufen und uns griesgrämig und mit Kopfschmerzen zurücklassen. Es hängt alles vom Maß ab. Tun wir zu viel, können wir behindert und für einige Zeit in eine unangenehme Lage versetzt sein, bis der Energieüberschuss und das Ungleichgewicht sich wieder behoben haben. Bei den Yoga-Übungen geht es um die Freisetzung von Blockierungen auf eine Weise, dass wir langfristig von Tag zu Tag weitermachen können und allmählich ekstatische Glückseligkeit aufbauen und diese in unsere täglichen Aktivitäten einfließen lassen.

Falls Du einen Partner hast, mit dem Du wohlüberlegt während des Geschlechtsverkehrs arbeiten kannst, kannst Du vielleicht Deine Übungen beim Liebesspiel selbst abstimmen und angenehme Ergebnisse erzielen. Ist das möglich, dann mach das unbedingt so. Denke jedoch daran, dass der Geschlechtsverkehr ein glückliches Ereignis ist, das vom Zufall abhängt. Es hat das Potential, auf dem Pfad des Yoga einen extra Schub zu verleihen und es ist weise, ständig die sitzenden Übungen als die Hauptform des Yoga zu betrachten.

Können wir mit der riesigen zusätzlichen Energie, die durch die Kombination von Wirbelsäulenatmung, Kinnpumpe, Wirbelsäulen-Bastrika oder Yoni Mudra Kumbhaka mit vororgasmischen Sexualbeziehungen erzeugt wird, umgehen, kann das einen großen Schub bedeuten. Andererseits kann es aus den oben erwähnten Gründen heraus auch in einer Pleite enden. Experimentiere selbst, sieh, was geschieht – und wende dann Selbstabstimmung an.

Oder erfreue Dich einfach am langen vororgasmischen Sex, wann immer es dazu kommt, und sei versichert, dass der Ozean ekstatischer Glückseligkeit, den ihr beide erhalten habt, auch noch verfügbar sein wird, wenn ihr auf euren Meditationskissen für die zweimal tägliche Übung sitzt.

Der Guru ist in Dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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