Lektion T73 – Besessenheit und sexuelle Ausbeutung

Frage: Ich bin seit einiger Zeit mit jemandem zusammen, von dem ich glaube, dass er mich innerlich besetzt hält und der mich sexuell ausbeutete. Er wendet tantrische Prinzipien und Methoden von deinen Schriften an, um das zu erreichen. Er behauptet (d.h. er glaubt) er sei ein wahrer Kanal für spirituelles Wissen. Sein sexuelles Können ist beeindruckend, aber ich fühle mich dabei so sehr als Opfer. Ich gehe immer wieder zurück, versuche die Situation zu verbessern und denke, dass wenn ich ihm mit seiner Fixiertheit auf Kontrolle helfen kann, ich mir auch selbst helfen kann. Doch das funktioniert schon seit langer Zeit nicht. Er hat neben mir mehrere andere Frauen am Gängelband. Kannst du mir irgendeinen Ratschlag geben?


Antwort: Du hast einige grundlegende Fragen angesprochen. Wozu dienen die Tantra-Lektionen und wozu dienen die FYÜ-Schriften? Welche Rolle spielen die tantrischen Sexualmethoden im FYÜ-System? Wer kann dieses Wissen übermitteln und wie?


Die FYÜ-Schriften sind eine Quelle für spirituelle Übungen, die jedem offen steht. Sie sind so entworfen, dass sie vom selbstständig Übenden unmittelbar eingesetzt werden können. Der Schlüssel einer erfolgreichen Anwendung liegt darin, dass der Übende für die Übungen, die er auf eine integrierte Art und Weise in Angriff nimmt, Verantwortung in seinem Leben übernimmt. Die Kontrolle, wie die Übungen im Leben von jemand anderem funktionieren, liegt nicht in seinem Verantwortungsbereich. Das Teilen mit anderen ist eine Sache. Das Kontrollieren anderer ist etwas anderes.


Die Tantra Schriften sind so konzipiert, dass sie entweder für jene, die sexuell angezogen sind, einen Einstiegspunkt in das weite Feld der integrierten Yoga Übungen bieten, oder für Yoga Übende, die gerne ihr normales Sexualleben auf eine Ebene der spirituellen Übung erheben würden, eine zusätzliche Komponente bereitstellen. Wie man sie auch immer nutzt, die tantrischen Sexualmethoden sind keine spirituellen Übungen ersten Grades. Sie haben ohne eine Integration anderer Übungen wie die tiefe Meditation und das Pranayama der Wirbelsäulenatmung in die tägliche Routine kein Existenzrecht.


Diese Lektionen sind dafür bestimmt, eine direkte Hilfsquelle für Übende darzustellen. Ein Mittler wird nicht benötigt. D.h. nicht, dass Lehrer nicht lehren können oder dass man sich Wissen nicht mit anderen Herangehensweisen aneignen kann. Das geschieht ständig. Es ist auch möglich, dass tantrische Methoden, die hier beschrieben werden, von jenen genutzt werden, die nach Macht über andere streben, obwohl ich dir sagen muss, dass dies eigentlich ein noch nie da gewesener Fall ist. Bleibende innere Stille, die man durch Meditation gewonnen hat, ist moralisch selbst-regulierend (tatsächlich ist sie die Quelle aller Moralität), was bedeutet, dass nichts Schädliches daraus erwachsen kann. Jeder, der täglich die tiefe Meditation praktiziert, wird also viele Fallen umgehen. Die Methoden, die wir bei den Fortgeschrittenen Yoga Übungen nutzen, und hier sei besonders die Selbstabstimmung hervorgehoben, sind so entworfen, dass sie die Schwierigkeiten minimieren, die durch obsessives Übertreiben hervorgerufen werden können. 


Nachdem das alles gesagt ist: Hast du das Gefühl, dass sich diese Person zwischen die Lehren und dich gestellt hat, um mit einer ungerechtfertigten Fixierung auf tantrische Sexualmethoden seinen eigenen Zwecken zu dienen, dann ist dies eine Verfälschung dessen, was die Fortgeschrittenen Yoga Übungen sind. Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht erklären, wie solch eine Situation fortbestehen kann, wenn man eine ganze Reihe von Yoga Übungen und besonders die tiefen Meditation praktiziert. Denn die innere Stille wird schließlich die Verfälschungen bereinigen. Diese Art von Rolle des Unterrichtens kann einfach nicht überdauern. Trotzdem, wenn die Situation da ist, dann muss sie von jenen, bei denen es zu Schwierigkeiten kommt, thematisiert werden. 


Die FYÜ-Schriften sind, was sie sind, und niemand kann an dem, was sie aussagen, etwas ändern. Zweifelst du an der Integrität von jemandem, der behauptet, er lehre nach den FYÜ-Schriften, dann sieh selbst in den Büchern, den Online-Lektionen und den Foren nach. Werden die Lehren wirklich verfälscht, dann ist es weise, dich dieser Situation zu entziehen.


Weder du, noch irgendjemand anders braucht ungeduldig darauf zu warten, dass eine reinere äußere Übertragung erscheint, weil die Beziehung zwischen dir und der Anwendung von Wissen in dir besteht und niemand kann da dazwischentreten, außer du gibst die Erlaubnis dazu. Hier sind wir wieder bei dem genannten Aspekt – deine Rolle in der Situation, die dich bekümmert. 


Was die Fortgeschrittenen Yoga Übungen angeht, hast du keine Verpflichtung gegenüber irgendjemandem (auch nicht gegenüber mir) die Methoden auf eine bestimmte Weise zu praktizieren oder sie überhaupt anzuwenden. Warst du also bisher gewohnt, auf der Suche nach Inspiration und Führung zu anderen Menschen zu schauen, dann kann das so nicht weitergehen, wenn du an deiner langfristigen spirituellen Entwicklung interessiert bist. 


Es gibt da so einen Spruch: „Es ist gut in eine Religion hineingeboren zu werden, doch nicht gut in einer zu sterben.“ Ähnlich ist es gut, von jemandem spirituelle Übungen beigebracht zu bekommen, doch nicht so gut, diese Abhängigkeit beizubehalten. Aller wahrer spiritueller Fortschritt hängt von unserem Engagement auf unserer Reise ab. Letztendlich hat das mit niemand anderem zu tun, selbst wenn wir mit anderen Übenden in geringerem oder größerem Maße unser ganzes Leben lang eine Beziehung aufrecht erhalten.


Bedenke, dass deine Beziehung zu diesem Menschen all das überlagert, und zum Reich des Persönlichen gehört. Fühlst du, dass deine spirituelle Entwicklung in gewisser Weise von ihm abhängt oder andersherum, und du aus diesem Grund mit ihm zusammen sein willst, dann wird es gut sein, es als das anzusehen, was es ist – nicht der Wahrheit entsprechend. Du wirst dann vielleicht folgern, dass es am besten sein wird, dahinzuarbeiten, dass du dich von dieser Art Beziehungen entbindest, denn sie wird dir nicht viel Fortschritt oder Glück bringen. Die ganze Konstellation befindet sich in dir. Je früher du dies erkennst, desto früher kannst du dich darüber hinaus bewegen. Es gibt niemanden auf Erden, der uns Erleuchtung geben kann. Und ganz gewiss kann dies nicht durch eine co-abhängige Beziehung geschehen. Wir können sie nur uns selbst geben. 


Bezüglich Inbesitznahme, sexuelle Ausbeutung und das Gefühl, darin gefangen zu sein: Es gibt keine Energie, die unsere Leben übernehmen kann, außer die, die wir selbst nähren. Wenn du also denkst, du seist von jemandem gefangen oder in Besitz genommen, ob es sich um eine Person oder eine Energie handelt, dann kann das nur sein, weil du diesen Gedanken und diese Energiebeziehung in dir nährst. Scheint jemand in einem (Teufels-)Kreis einer fesselnden sexuellen Ausbeutung gefangen zu sein, dann existiert das nur, weil er das mit seiner eigenen Energie füttert. Meditiert so jemand täglich, sollte sich die Verfälschung mit der Zeit selbst korrigieren und sein Leben sollte schließlich zu einem Gleichgewicht kommen. Doch musst du seine Reise auf Kosten deines eigenen Fortschritts machen? Nur du kannst die Antwort darauf wissen. 


Da deine Bedenken sehr groß sind, wirst du vielleicht zum Schluss kommen, dass es am besten ist, diese Situation zu verlassen und mit deinem Leben weiterzugehen. Zweifellos wirst du andere finden, die mit deinen spirituellen Wünschen in Resonanz treten und die dich nicht in den Konflikt bringen, in dem du momentan steckst. Niemand will sein Leben auf diese Weise eingeklemmt verbringen. Der einzige Weg, der da herausführt, besteht darin, eine Entscheidung zu treffen. Niemand anders kann die Entscheidung für dich treffen. Obwohl Veränderung selten leicht fällt, ist es langfristig viel leichter, an sich selbst zu arbeiten, als zu versuchen, an anderen herumzudoktern. Das Letztere ist ohnehin unmöglich. Mein Rat von hier aus ist also: Loslassen und mit deinem Leben fortfahren, wie du es auch immer als geeignet ansiehst.


Achte darauf, dass du jeden Tag meditierst. Dies wird dir die innere Stärke vermitteln, die du brauchst, um entsprechend deiner Überzeugung zu handeln. Ziehe auch in Betracht, dich mit etwas leichter Selbst-Analyse zu beschäftigen, besonders die Art des „loslassenden Jnana“, die wir in Lektion 350 erörtert haben. Das kann dir dabei helfen, deine Situation in einem viel klareren Licht zu sehen. Zieh in Erwägung, dein Leben in eine neue Richtung zu lenken, die ohne den Versuch auskommt, das zu retten, was in der Vergangenheit geschehen ist. Die Vergangenheit ist vorbei und wir sind hier und jetzt. Mache das Beste aus jedem Tag, den du hast. Denn die Zeit, die wir hier auf Erden zur Verfügung haben, ist ein kostbares Geschenk. Geh nur immer weiter. Gleich hinter dem Horizont warten wundervolle neue Erfahrungen. Wie könnte es anders sein?


Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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