Lektion 11 – Was ist Yoga? Was ist Religion?

Yoga, Religion. – Diese beiden Worte rufen derart viele Vorstellungen hervor, nicht wahr? Nicht alle davon haben einen klaren Umriss. Nicht alle davon rufen gute Gefühle hervor. Aber wir wollen uns jetzt nicht mit den schwachen Seiten der Menschheit befassen. Halten wir uns an das Wesentliche. Denn spirituelle Praxis beleuchtet man am besten, wenn man vom Wesentlichen ausgeht. Doch dieses Wesentliche wird oft von den kulturellen Färbungen dieser beiden einfachen Worte verdeckt.

Yoga bedeutet „vereinigen“. Religion bedeutet „sich zurück- und zusammenbinden“. Hmmm… eine ähnliche Bedeutung. Jedoch, was bindet man zurück? Ah… das ist der Kern des Ganzen. Wir sind, oder scheinen, zwei Dinge zu sein, die wieder zusammengefügt werden müssen. Einerseits befinden wir uns in der Welt von Zeit und Raum, einer Welt, die wir über unsere Sinne wahrnehmen. Andererseits sind wir Beobachter dieser Welt. Wir sind etwas hinter all dem, aber auch innerhalb all dessen. Wir haben Bewusstsein, nehmen wahr. Wir sind beides, Subjekt (Beobachter) und Objekt (Beobachtetes). Und diese beiden Dinge sind voneinander getrennt. Aber müssen sie das sein? Sind sie es tatsächlich? Yoga und Religion sagen: „Nein“. Somit beginnt hier der Prozess der Zusammenführung. Und was auch immer Du bisher gehört haben magst, das ist es, worum es in Yoga und Religion wirklich geht.

Doch warum gibt es diese Trennung überhaupt? Wenn diese beiden eigentlich eins sind, warum erscheinen sie dann als zwei? Denk einmal eine Minute über Dich selbst nach. Wer bist Du? Die meisten von uns deuten auf ihren Körper und sagen: „Das bin ich.“ Wir fühlen zwar alle, dass da noch etwas mehr sein muss. Aber das Beste, was uns meist einfällt, ist, unseren Körper zu betrachten und zu sagen: „Das bin ich. Das ist mein Körper. Mein Name ist Hans Maier. Ich kann denken und fühlen und auch das ist ein Teil von mir.“ Würdest Du jemandem sagen: „Ich bin etwas hinter all dem, was Du siehst und hinter allem, was ich denke und fühle. Ich bin Bewusstsein“, würde das nicht ein wenig sonderbar klingen? Warum sonderbar? Weil wir uns mit den Wahrnehmungen unseres Körpers, d.h. unseres Verstandes in dieser Welt identifizieren. Das ist eine Gewohnheit, eine tief in unsere biologischen und neurologischen Abläufe verwurzelte Gewohnheit. Und nicht nur das. Da wir gewohnheitsmäßig unser Selbstverständnis auf unseren Körper/Verstand übertragen, sehen wir unsere materielle Umgebung als etwas von uns Getrenntes. Somit wird die Welt zu einem Fremden, zu etwas für sich selbst Existierendes. Durch den Prozess unserer identifizierenden Wahrnehmung ist aus dem Einen das Viele entstanden.

In Yoga und Religion geht es darum, die Identifikation des Bewusstseins, die dazu führte, dass aus dem Einen viele wurden, zu entwirren. Nicht, dass die Welt verschwinden würde. Sie wird lediglich als das angesehen werden, was sie in Wirklichkeit ist, als ein Fluss des Einen, Deines wahren Selbst. Dann wird sie zu einem weit angenehmeren Ort. Darum geht es auch eigentlich: Wir sollen das Lebensglück in dieser Welt finden. Auch wenn alles durch die Schatten scheinbaren Getrenntseins weitertorkelt, müssen wir nicht fortfahren, es auf dieser Art zu sehen. Das ist das Versprechen, das Yoga und Religion uns geben. Das ist das Versprechen spiritueller Übungen. Es ist ein gutes Versprechen. Es liegt an uns, dieses Versprechen von Yoga und Religion einzulösen, indem wir die Mittel, die uns angeboten werden, nutzen.

Das Einswerden bedeutet nicht einfach, dass man die Situation intellektuell verstehen lernt – obgleich das nicht schaden kann. Vielmehr geht es darum, unsere tiefsten Funktionsweisen, biologische wie neurologische, zu verändern. Dann verändert sich auch unsere Erfahrungswelt und in weiterer Folge unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen, die mit Liebe angefüllt werden und einen tiefen Sinn erhalten. Wir können alle mehr davon gebrauchen. Die Identifikation löst sich nach und nach auf und etwas Gewaltiges tritt aus uns an die Oberfläche hervor. Yoga ist nicht bloß ein intellektueller Vorgang. Es ist etwas physisches, wie jeder weiß, der bereits eine Yoga-Stunde besucht hat. Yogapraktiken operieren auf mehreren Ebenen – körperlich, mental, emotional und neurologisch – und in Galaxien innerer ekstatischer Energie!

Der Vorgang des Einswerdens beginnt damit, dass wir einen direkten Kontakt mit unserem inneren Selbst, unserem Bewusstsein herstellen. Haben wir darin einmal Fuß gefasst, d.h. diese Verbindung hergestellt, können wir von dort mit vielen anderen Methoden fortschreiten. Sich seines tiefsten Bewusstseins in steter Regelmäßigkeit gewahr zu werden, ist etwas Friedvolles und Erfreuliches und kann unmittelbare Linderung in ein hektisches und geschäftiges Leben bringen. Dies wird durch Meditation – einer ganz bestimmten Art der Meditation – der „tiefen Meditation“, erreicht. Sie ist die erste der fortgeschrittenen Yogaübungen, die wir auf unserem Weg zur Einheit, auf unserem Weg, uns wieder mit unserem Selbst zu vereinigen, erlernen werden. Dies ist ein guter erster Schritt, der großen Gewinn bei nur kleiner täglicher Anstrengung bringt.

„Tägliche Anstrengung?“ sagst Du. Davon werden wir als nächstes sprechen. Denn ohne eine Selbstverpflichtung, dich täglich etwas zu bemühen, wirst Du Deine Zeit hier verschwenden – wie auch sonst überall.

Der Guru ist in Dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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