Lektion 396 – Verhindern online Foren den spirituellen Fortschritt?

Frage: Hast du dir schon mal Gedanken zu den Bedenken gemacht, dass Online-Foren eine spirituelle (Ego-)Identifikation erzeugen? Oder nimmst du an, dass die Übungen schließlich das Problem von alleine lösen? Ich frage, weil die Zielorientierung, Intensität und vielfältigen Zugänge zu den erörterten Übungen in Online-Foren für mich manchmal eine ziemliche Ablenkung darstellen.


Antwort: Ja, bei Online-Gruppen kann es Ablenkung vom Streben und eine Vielzahl von Ansätzen geben. Doch das hat zwei Seiten, weißt du, genauso wie bei jeder spirituellen Interaktion, auch bei jeder Art von Satsang innerhalb einer Person oder sogar beim Lesen von Büchern. Wir können vom Austausch gewinnen, auch wenn wir gleichzeitig möglicherweise die Identifikation mit spirituellen Konzepten und Energien verstärken. Das wurde als „spiritueller Materialismus“ bezeichnet und das beschränkt sich sicherlich nicht auf nur eine Art der menschlichen Interaktion oder sogar nur einen Stil der individuellen Praxis. Dem einsamen Yogi in der Höhle geschieht das ebenso. Das ist genau das, was wir mit unseren Übungen überwinden.

Manche mögen die Übungen selbst als Schuldige für eine Ablenkung ausmachen und wir wissen, wie unproduktiv so eine Behauptung ist. Wir müssen ganz eindeutig etwas unternehmen, damit wir unseren spirituellen Fortschritt voranbringen. Wie wir das anstellen, ist mehr eine Frage der Mechanik bzw. Funktionsweise, als abhängig vom Grad unserer Identifizierung mit dem, was wir tun. Die Funktionsweisen von vernünftigen Übungen heben uns aus dem identifizierenden Bewusstsein heraus, unabhängig davon, was unsere Haltung ihnen gegenüber sein mag. Deshalb sagen wir: „Ziehe die Übungen immer den Erfahrungen (mentalen Wahrnehmungen) vor.“ Dasselbe gilt für Interaktionen in Online-Foren oder irgendwo anders. Wir können aus solchen Interaktionen Vorteile ziehen, vorausgesetzt, wir bleiben in vernünftiger Weise beständig bei unseren Übungen. Tatsächlich besteht einer der vornehmlichsten Zwecke spiritueller Interaktionen darin, dass wir in unserer festen Überzeugung bestärkt werden, mit unseren Übungen so lange weiterzumachen, wie es braucht, den Griff des identifizierten Bewusstseins zu lösen und über die Fallstricke des Lebens in der Dualität (endlose identifizierte Subjekt-Objekt Beziehungen) hinwegzuschreiten.


Werden wir aufgrund des Austauschs auf einem Online-Forum oder anderswo zunehmend von unseren Übungen abgelenkt, dann ist es Zeit, unser Handeln dort „selbstabzustimmen“. Das kann bei jeder Art von Aktivität passieren. Möglicherweise überlasten wir uns und haben dann eine Pause nötig. Das heißt nicht notwendigerweise, dass wir uns ganz davon lösen. Es geht darum, sowohl die spirituellen Übungen als auch die Aktivitäten auf eine ausgeglichene Weise einzuregulieren. Dabei sollten wir immer das favorisieren, was den bleibenden inneren Zeugen auf eine dauerhafte Weise kultiviert. Ohne Stabilität in unserer Routine wird unser Fortschritt unregelmäßig und unsicher sein.


Und ja, die innere Stille, die wir in der tiefen Meditation kultivieren, wird all die Identifizierungen und Verlagerungen im Laufe der Zeit auflösen. Entlang des Wegs werden wir aus allen Arten von Interaktionen oder Erfahrungen im Leben einen Vorteil ziehen. Wir erlangen die Fähigkeit, allem, was geschieht, zu erlauben, sich in unserer Stille zu entspannen. Dann werden all unsere Erfahrungen zu Trittsteinen, die uns inmitten aller Höhen und Tiefen des täglichen Lebens zu einem Zustand andauernder Freiheit führen.


Online Foren können das Element eines ständigen spirituellen Austausches in unser Leben bringen. Manchmal mag das hilfreich sein, manchmal auch nicht. Wir werden das erkennen, sobald wir damit konfrontiert sind, und wir sollten unsere Teilnahme entsprechend regulieren. Online Foren sind ein relativ neues Phänomen und wir sollten zu jedem Zeitpunkt ihre Vor- und Nachteile in Beziehung zu unserem Pfad weise in Erwägung ziehen. Sind wir nicht in der Lage, unsere Teilnahme in einer gesunden Art und Weise zu regulieren, dann ist es Zeit, kürzer zu treten. Es mag in unserer Natur liegen, es zu übertreiben, und wir können eine Besessenheit auf Online-Foren pflegen, wie wir das bei jeder anderen Besessenheit auch tun. Es ist immer in unserem besten Interesse, das zu nehmen, was nützlich ist, und den Rest stehenzulassen. Dies ist auf alle spirituellen Interaktionen anwendbar, ob mit Gurus und Lehrern, Schriften und den Lebenserfahrungen im Allgemeinen.


Die Identifizierung mit spirituellen Diskussionen und Vorstellungen beschränkt sich nicht nur auf online Interaktionen. Man findet sie in allen Interaktionen, auf die wir uns einlassen, selbst in der Einsamkeit. Wir nehmen uns überall mit hin, wo immer wir hingehen. Was immer wir im Leben tun, bei der spirituellen Entwicklung geht es immer darum, das zu transzendieren, mit was immer wir in diesem Augenblick identifiziert sind. Unterstützt werden wir dabei von der täglichen Kultivierung bleibender innerer Stille. Sind unsere Übungen etwas Reales, dann wird auch alles andere, das wir tun, in einem ewigen göttlichen Fluss real werden und nicht zu einer endlosen Intellektualisierung. Solange wir die Funktionsweisen der täglichen Praxis im Griff haben, werden wir die Freiheit finden, viele Dinge zu erforschen und darin Unterstützung zu finden. Und wenn uns etwas nicht unterstützt, besitzen wir die innere Kraft, es loszulassen. Letztendlich lassen wir alles los, selbst wenn wir darin völlig aufgehen. Dies ist das Paradox und das Mysterium des spirituellen Lebens. Wir werden eins mit allem überall und gleichzeitig sind wir nichts und nirgends, nur reines Glückseligkeitsbewusstsein. Dies ist erfahrungsbezogen, nicht nur Theorie. Begrifflich macht das keinen Sinn. Wir erfahren es jedoch als vollkommen natürlich. Das ist ein Leben in der Freude des ewigen göttlichen Flusses.


Deshalb konzentrieren wir uns bei den Fortgeschrittenen Yoga Übungen so sehr auf die Funktionsweisen der Praxis und sehr wenig auf Philosophie und Begriffe, die nur dazu verleiten, dass wir ständig im Kreis herumlaufen. Viel besser ist es, geradewegs in die direkte Erfahrung einzutauchen. Dann werden wir zu DEM und unsere Interaktionen in Online-Foren und überall sonst werden für jeden eine Hilfe, der Glück und Freiheit in diesem Leben sucht. 


Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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