Lektion 397 – Tiefe Meditation und Lähmung durch Analyse

Frage: In meinem Fall ist Meditation gewöhnlicherweise ein aufregender Ritt mit allen Formen des Lichts und inneren Dimensionen, die sich offenbaren. Oft finde ich es schwierig, nicht einmal wünschenswert, zurückzukommen und mich auf das Mantra zu konzentrieren, weil das bei weitem nicht so interessant ist. Sie mag flach sein und als kontra-produktiv erscheinen. Weil da so viel anderes in der Meditation am Laufen ist, ist es für mich mehr als genug, diese ungewöhnlichen und faszinierenden Erfahrungen zu bewerten und zu verstehen. Zumindest ist das der Grundgedanke, der während der Meditation erscheint. Eine starke Neigung zur Analyse ist seit langem eine Gewohnheit von mir. Das ist auch das, was ich den ganzen Tag in meiner Arbeit tue. Was würdest du raten?


Antwort: Ich würde dazu raten, dass du die Gewohnheit entwickelst, immer sanft die Vorgehensweise den Erfahrungen, die während der Meditation aufkommen, vorzuziehen, wie großartig oder faszinierend diese Erfahrungen auch immer sein mögen. Die tiefe Meditation soll keine Unterhaltung sein oder bestimmte Erfahrungen hervorrufen. Es ist auch keine Zeit für inhaltliche Analysen. Sie ist ein Reinigungsverfahren, von dem man weiß, dass es substanzielle praktische Vorteile in unser Leben bringt. Der Prozess wird durch das Verfahren des Mantra-Favorisierens angetrieben, nicht durch die Erfahrungen, die sich ergeben mögen.


Wie immer die Erfahrungen in der tiefen Meditation aussehen mögen, sie werden in Hinblick auf das, was sie unserem Wachstum zuführen können, nicht einzigartig sein. Dramatische Erfahrungen sind nicht notwendigerweise ungewöhnlich und sie sind nicht ursächlich. Sie sind ein Ergebnis der Reinigung und Öffnung, zu der es in unserem feinen Nervensystem kommt. Verursacht werden die Reinigung und Öffnung von der einfachen Vorgehensweise des Mantra-Aufgreifens, wann immer wir erkennen, dass wir davon abgekommen sind. So lassen wir es sich auf natürliche Weise verfeinern.


Haben wir eine Neigung, während unserer Praxis Erfahrungen zu analysieren, mag das für uns natürlich erscheinen, weil das eine lang gepflegte mentale Gewohnheit ist. Doch während dieser 20 Minuten der Tiefen Meditation zweimal am Tag kultivieren wir die Gewohnheit, etwas anderes zu machen – das einfache Favorisieren des inneren Klangs des Mantra. Favorisieren wir stattdessen bewusst die Analyse, kann das unseren Fortschritt behindern. Falls daher interessante Erfahrungen und Analysen in die tiefe Meditation einfließen, dann kehren wir einfach locker und leicht zum Mantra zurück. Das ist alles, was notwendig ist. Das ist kein Fokussieren oder Anhaften am Mantra. Es ist ein sanftes Favorisieren, sobald wir erkennen, dass wir davon abgekommen und zu etwas anderem abgedriftet sind. Es ist unerheblich, was dieses andere ist.


Alle Traditionen haben „Landkarten“ entwickelt, die versuchen, uns zu sagen, wo wir uns mit Erfahrungen im allgemeinen System der Dinge befinden. Solche Abschätzungen während unserer Übung vorzunehmen, geht auf Kosten unseres Fortschritts. Spekulationen darüber, wo wir uns in den inneren Bereichen bewegen, hat absolut nichts mit unserer Übung zu tun und kann unsere Entfaltung in der „Lähmung durch Analyse“ festhalten. Viel besser ist es, entsprechend der Vorgehensweise zu praktizieren, dann hinauszugehen und das Leben in seiner Fülle zu leben. Sind wir geneigt, außerhalb unserer Übungen zu analysieren, ist das in Ordnung. Doch auch dann kann es eine Ablenkung darstellen. Was hat größeren Wert: Das Leben zu analysieren oder es wirklich in seiner Fülle und im göttlichen Fluss, der als Folge von effektiver täglicher Praxis aus dem Inneren von uns hervorkommt, zu leben?


Spirituell Übende, die Bescheid wissen, gleich aus welcher Tradition sie stammen, werden dir dasselbe erzählen: Übe mit Beständigkeit weiter, ziehe die Vorgehensweise deiner Übung der Landschaft entlang des Wegs vor. Das ist zwar keine Garantie für beständige Erfahrungen irgendeiner Form während der Praxis. Es garantiert jedoch deinen spirituellen Fortschritt.


Alles Mögliche kann während der Praxis passieren, mit Gedanken, Visionen, Lichtern, Klängen — oder auch überhaupt nichts. Das Mantra kann groß sein, klein, laut, weich, flach, schillernd, klar, schwach, verschwommen, irritierend, ekstatisch, alles beliebige. Wo immer das Mantra gerade ist, dort greifen wir es locker und leicht auf, ohne Anstrengung oder Theater wegen dem, was wir gerne hätten, dass es sein sollte. Das Mantra und unsere Erfahrungen können auf eine bestimmte Weise über Tage, Wochen oder Monate weitergehen, bis Reinigung und Öffnung uns in weitere Reiche von innerem Zeug führen, die gereinigt und geöffnet werden. Keine der Besonderheiten von Erfahrung hat gegenüber der Vorgehensweise der tiefen Meditation irgendeine Bedeutung.


Das Wichtige ist, wie wir uns während des Tages fühlen. Sind wir entspannter, haben wir mehr Energie, Kreativität, Liebe, finden wir, dass sich auf unserer Lebensreise auf natürliche Weise mehr Synergien ergeben? Dies sind die Dinge, die darauf hinweisen, dass unsere Praxis funktioniert. Hier zeigt sich der Gewinn aus den Übungen, nicht in dem, was geschieht, während wir in der Meditation sitzen.


Als einzigen Grund, in der Meditation auftretende Erfahrungen zu erörtern, kann man gelten lassen, die Übenden wieder zur Anwendung der Vorgehensweise zu ködern und das Vertrauen zu stärken, mit Beständigkeit weiterzumachen. Daneben hat es nicht viel Sinn, die Landschaft zu diskutieren. Sie gehört dir. Du kannst mit Vergnügen (oder nicht) Notiz von allem nehmen, was dir begegnet und dann locker und leicht zum Mantra zurückkehren. Was immer da ist, ist solange dort, bis es nicht mehr dort ist, und es liegt kein Vorteil darin, sich über irgendetwas Gedanken zu machen, das da ist oder nicht da ist oder zu analysieren, was das sein könnte.


Es ist empfehlenswert, die Gewohnheit der Vorgehensweise der tiefen Meditation weiter zu entwickeln, um dann zu sehen, was außerhalb der Übungen im täglichen Leben geschieht. Lässt du schrittweise von der Notwendigkeit ab, die Interna deiner Meditation zu diskutieren, und gehst du hinaus, um in Fülle zu leben, werden die Ergebnisse da sein. Das ist der Gewinn. Es geht nicht darum, den Inhalt unserer Meditation oder unseres Lebens mit Aufschriften zu versehen. Es geht darum, es zu leben.


Übe weise und erfreue dich daran.


Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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