Lektion 354 – Ist der Verstand der Feind?

Frage: Können wir davon ausgehen, dass es förderlich ist, den Verstand als Feind zu betrachten oder mit anderen Worten, als ein Hindernis für die Erleuchtung? Ich nehme an, dass dies so ist, wollte aber nur noch deine Ansicht dazu kennenlernen. 

Ich meine, damit möchte ich nicht sagen, dass der Verstand „böse“ ist. Ich sage nur, dass es nützlich sein kann, eingedenk zu sein, wie der Verstand funktioniert (schöne Zirkularität hier) und dass man erkennt, dass er seine Sache macht, d.h.: Er urteilt, hängt sich an oder quasselt innerlich.

Wir könnten unseren Verstand zum Beispiel dabei überraschen (in Wirklichkeit macht er das die ganze Zeit), wie er sagt: „Oh, ich hasse das?“, oder: „Wie habe ich mir das nur eingebrockt?“, oder: „Ich denke, sie ist nicht hübsch“, usw., es feststellen und weitergehen. „Ah, das ist der Verstand, der da sein Ding dreht“, – dann lassen wir das los. Ich denke, das ist zuträglich, weil man sich damit einer ausgeweiteten Bewusstheit öffnet. Wenn man alle Objekte des Verstandes als solche ansieht, vermute ich mal, dass wir uns der Erkenntnis annähern, nicht der Verstand zu sein, und damit kommen wir der Erkenntnis nahe, was wir letztendlich wirklich sind.

Noch etwas anderes: Gelangen wir in der Meditation zu tieferen Ebenen der Stille, gibt es dort oft feinere Bewegungen und Ablenkungen wie auch eine gewisse Furcht. Ich denke, dass dies immer noch der Verstand ist und wir müssen weiterhin all dies zugunsten der Stille loslassen. Ist dies richtig? Ich nehme mal an, dass die Furcht eine Furcht davor ist, in das absolute Nichts zu verschwinden.

Antwort: Ist es gut, den Hammer zu unserem Feind zu machen, nur weil wir damit immer wieder auf unseren Daumen schlagen? Er ist doch schließlich nur ein Hammer. Vielleicht sollte man genauer hinsehen, wer ihn in der Hand hält?

Ganz ähnlich ist auch der Verstand nur eine Gedankenmaschine ein wunderbarer Computer. Identifizieren wir uns mit diesem und erlauben wir ihm, unser Leben stümperhaft zu dirigieren, ist das dann der Fehler des Verstandes? Vielleicht sollten wir uns genauer ansehen, wer ihn nutzt? Machen wir uns den Verstand oder sein Geschöpf, das Ego, zum Feind, dann stärken wir dadurch nur die Dualität und das Leiden, d.h. genau die Situation, die wir transzendieren wollen. Es gibt einige Lehren, die sehr viel Aufwand betreiben, das Ego in allen Lebensbereichen zu dämonisieren. Welchen Nutzen hat das?

Ich glaube allerdings nicht, dass du das hier vorschlägst. Du betrachtest deinen Verstand, deine Gedanken und vielleicht auch dein Ego als Objekte der Wahrnehmung vom Gesichtspunkt der aufkommenden inneren Stille (des Zeugen) aus. Das ist etwas Gutes und bereitet den Weg für die Selbst-Analyse, die du in deinen Kommentaren hier bereits auf natürliche Weise betreibst. 


Ja, wir können das aufgeben, was nicht in unserem besten Interesse ist und das sollten wir auch. Ziehe das Wirkliche dem Unwirklichen vor. Es ist jedoch sehr schwierig, etwas aufzugeben (loszulassen), an dem wir als einen Feind anhaften. Der Schlüssel dazu ist der Zeuge und der kommt mit der Kultivierung bleibender innerer Stille in der tiefen Meditation. Dann können wir viel einfacher loslassen und hin zu zunehmend durchdringenderen Formen der Selbst-Analyse hingravitieren (vgl. hierzu Lektion 350).

Wir werden direkt erfahren, „wer“ hinter all diesen Wünschen, Ängsten und Urteilen steckt. Man findet diesen EINEN leicht, indem man das Analysieren in die Stille loslässt. Wir sind DAS.

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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