Lektion T28 – Fortgeschrittenes Siddhasana für Frauen und Männer

In den Haupt-Lektionen haben wir eine Übung namens „Siddhasana“ eingeführt. Dabei sitzt man mit der Ferse unter dem Perineum und erzeugt während der sitzenden Übungen eine sanfte, stetige, vororgasmische sexuelle Stimulation. Die Wirkung davon ist über die Zeit hinweg die Kultivierung spiritueller ekstatischer Energien im gesamten Nervensystem, und das ist eine Vorbedingung für die Vereinigung unserer göttlichen inneren Polaritäten, die zum letzten Stadium der Erleuchtung führt.

Die Aktivierung der sexuellen Energien nach oben im Nervensystem hat ebenfalls Voraussetzungen. Die wichtigste davon ist die Gegenwart einer ständig anwesenden inneren Stille (reines Glückseligkeitsbewusstsein), die durch tiefe Meditation kultiviert wird. Das ist der Grund dafür, warum die Haupt-Lektionen mit Meditation beginnen und dann zur Wirbelsäulenatmung und den anderen Methoden zur systematischen Kultivierung unserer inneren Lebenskraft (der sexuellen Energie), die auch als „aufsteigende Kundalini“ bekannt ist, weitergehen.

Yoga beinhaltet schon seit langer Zeit den Gebrauch verschiedener Mittel zur direkten Kultivierung sexueller Energie für spirituelle Zwecke. Das wird aber aus offensichtlichen Gründen kontrovers betrachtet. Die Sexualität bekommt viel von dem Tadel für Missbräuche und Untaten der Menschheit ab und wurde deshalb oft in spirituellen Übungen unterdrückt, obwohl sie eine wichtige Rolle in der Neurobiologie der menschlichen spirituellen Transformation spielt. Aufgrund der Verneinung der Rolle, die die Sexualität in spirituellen Prozessen spielt, hat sich die Welt spirituell weniger schnell entwickelt, d.h. sie ist nicht so erleuchtet, wie sie es sein könnte.

Das Problem mit der Sexualität ist nicht der Sex. Wir neigen dazu, von den zutiefst intimen Energien der Sexualität und besonders vom Orgasmus besessen zu werden. Meditieren wir und steigt reines Glückseligkeitsbewusstsein in uns auf, werden wir mehr und mehr fähig, die sexuelle Energie objektiver zu betrachten. Wir sind weniger besessen und beginnen sie bewusst in höhere spirituelle Kanäle unseres Nervensystems zu stimulieren. Von daher rührt der Nutzen tantrisch sexueller Methoden.

Siddhasana wurde in früheren Lektionen als die beste tantrische Sexualmethode beschrieben. Dies deshalb, weil sie für ausgedehnte Zeitperioden und ohne Anstrengung während unserer sitzenden Übungen ausgeführt werden kann und sie garantiert, dass eine tantrische Kultivierung jeden Tag zur günstigsten Zeit – während wir mit Pranayama, Meditation und anderen fortgeschrittenen Yoga-Übungen beschäftigt sind – stattfindet. Das ist ideal für die Hervorbringung der besten Ergebnisse im Yoga und führt zum ständigen Fließen einer Menge ekstatischer Energie in unserem Leben. Unsere innere Stille – in der Meditation kultiviert – wird auf natürliche Weise in unserer anhaltenden Ekstase ihre Wohnstatt finden und uns in einen Zustand andauernder ekstatischer Glückseligkeit und ausströmender göttlicher Liebe halten. Diese beiden – innere Stille und euphorische Ekstase – werden zu Einem. Dies führt zur höchsten Stufe der Erleuchtung.

Da wir nun wissen, wie viele Vorteile es hat, Siddhasana zur Kultivierung unserer ekstatischen Energie während der sitzenden Übungen zu nutzen, kommt die Frage auf, ob es noch mehr gibt, was wir zur Unterstützung dieses Prozesses tun können.

Ja, das gibt es, sogar vieles. In dieser Lektion sprechen wir über Verbesserungsmöglichkeiten von Siddhasana.

Die Version von Siddhasana aus den Haupt-Lektionen (Lektionen 33, 75, 127, 128 usw.) und auch wie sie hier in den Tantra-Lektionen (Lektion T16) soweit diskutiert wurde, ist die grundlegende Übung. Man sitzt einfach mit der Ferse am Perineum. Um einen größeren Effekt in den sitzenden Übungen zu erzielen, kann man dies jedoch noch optimieren. Für Männer und Frauen geht dies aufgrund anatomischer Unterschiede auf jeweils ein wenig andere Weise. In beiden Fällen richtet man/frau Siddhasana zur Erzielung einer maximalen ermüdungsfreien sexuellen Stimulation ein und bleibt dabei ständig vororgasmisch. Beim fortgeschrittenen Siddhasana treten wir nicht in den aktiven Modus der Masturbation ein. Außer dass wir uns in einem vororgasmischen Modus befinden, bleiben wir auch in einem Modus, der vor der Masturbation bleibt. Wir sitzen nur auf eine sexuell etwas stimulierendere Weise, was einen Segen für unsere sitzende Yoga-Praxis darstellt.

Für die Frau bedeutet der Wechsel zum fortgeschrittenen Siddhasana, dass die Ferse weiter hervortritt und man sie behaglich im Eingang der Yoni ruhen lässt. Das passt ganz natürlich und gut aufeinander und wird von den meisten unternehmungslustigen Yoginis leicht erreicht. Es gibt aber noch einen zweiten Teil für den fortgeschrittenen Siddhasana für Frauen: Frau bringt die Zehen des äußeren Fußes von seinem Platz unter dem Schienbein des inneren Beines nach oben und schiebt die Zehen zwischen die Wade und den Oberschenkel. Die Ferse des äußeren Fußes legt frau so an die Yoni, dass die Ferse gegen die Klitoris drückt. Ist dies erreicht, dann drückt bei dieser Form von Siddhasana für Frauen die Ferse des inneren oder jetzt unteren Fußes behaglich nach oben in die Öffnung der Yoni und die äußere oder obere Ferse behaglich gegen die Klitoris. Das ist eine äußerst stimulierende Sitzhaltung für die fortgeschrittenen Yoga-Übungen. Wie bei allen fortgeschrittenen Yoga-Übungen muss man sich erst etwas daran gewöhnen. Doch bei anhaltender Anwendung wird dies zu einem stabilen und normalen Weg für die Durchführung von Pranayama, Meditation und die anderen fortgeschrittenen Yoga-Übungen. Das Ergebnis davon ist sehr viel mehr ekstatische Energie, die sich während und lange nach der sitzenden Übung durch das Nervensystem nach oben bewegt. Mit der Zeit wird das gesamte Leben durch ekstatische Energien, die sich permanent in das Nervensystem einnisten, erleuchtet.

Der zweite Teil dieses Siddhasana für Frauen, wobei das äußere Bein mit der Ferse ungezwungen gegen die Klitoris gelegt wird und dort ruht, mag vielleicht nicht für jede Frau einfach auszuführen sein. Ist es zu schwierig, kannst Du ohne weiteres den äußeren Fuß unten lassen und die Zehen unter das Schienbein klemmen, aber lass die innere Ferse unten wie beschrieben an der Öffnung der Yoni. In diesem Fall kann man die Yoni während der sitzenden Übungen mit einer Hand umschließen und die geeigneten Finger auf der Klitoris ruhen lassen. Das dient nicht der aktiven Masturbation. Es ist lediglich ein sanftes Ruhen der Hand und Finger auf eine Weise, die eine stetige, meist unbewegliche Stimulation hervorbringt. Wir wollen, dass die Aufmerksamkeit für Pranayama und die Meditation frei bleibt. Lenkt es also zu sehr ab, wenn Du die Hand dort belässt, dann nimm das ein wenig zurück. Die Stimulation hat nicht die Masturbation zum Zweck. Sie soll die Kultivierung der sexuellen Energie für die sitzenden Übungen unterstützen. Im Laufe der Zeit wird die sanfte vororgasmische Stimulation für die Übungspraxis zur Normalität, ob nun die Hand und die Ferse sich dort befinden oder beide Fersen.

Frauen, für die es schwierig ist, entweder das Perineum (Öffnung der Yoni) oder die Klitoris mit ihren Fersen zu erreichen, können sich vielleicht für die Verwendung von Objekten als Prothesen entscheiden und so dieselben Wirkungen erzielen. Das ist vollkommen in Ordnung und ist ein vollwertiger Yoga, solange das Prinzip der fortwährenden vororgasmischen Stimulation während der sitzenden Übungen erfüllt wird. Lassen sich die Beine nicht richtig einknicken oder reichen die Fersen nicht zur gewünschten Position, können die Effekte des fortgeschrittenen Siddhasana immer noch erzielt werden, auch wenn frau in einem Stuhl oder sonst irgendwo sitzt, falls frau die geeigneten stimulierenden Objekte einsetzt. Dasselbe gilt natürlich für den Mann.

Beim Mann sieht ein fortgeschrittenes Siddhasana ähnlich aus. Die Ferse des inneren Beins legt man bequem an die weiche Stelle hinter dem Schambein, wo die Harnröhre herauskommt. Anatomisch entspricht das dem Ort, wo sich auch die Öffnung der weiblichen Yoni befindet. Durch das angenehme Nach-Oben-Pressen in den weichen Bereich erfährt man eine direkte Stimulation der inneren Energien. Dort kann man auch leicht die Ferse zum Blockieren der Ejakulation nutzen, indem man sich etwas darauf nach vorne lehnt. Sobald die vororgasmische Stimulation in Siddhasana stabil geworden ist, braucht man das Blockieren nicht mehr. In manchen Yoga-Schulen wird Siddhasana als ein Mittel zur Verhinderung der Erektion gelehrt. Dies erfordert die Aufrechterhaltung von einigem Druck in Siddhasana, indem man die Lingam-Wurzel – manchmal für ausgedehnte Zeitperioden – gegen den Rücken des Schambeins drückt. Dies wird in diesen Lektionen nicht empfohlen. Wir streben immer nach einer bequemen, angenehmen Übungspraxis. Es ist nicht nötig zu versuchen, äußeres Sichtbarwerden der Sexualität, das sich während der Übungen zeigt, abzuwürgen. In diesen Lektionen wird Siddhasana zum Locken der ekstatischen Energie nach oben immer auf eine natürliche, gesunde Art eingesetzt.

Erektionen werden während der sitzenden Übungen kommen und gehen, ob man in Siddhasana sitzt oder nicht. Je mehr das Nervensystem während der Yoga-Übungen an die Kultivierung der sexuellen Energie nach oben gewöhnt wird, desto weniger kommt es zur externen Erregung und Erektion. Diese Beschwichtigung der genitalen Erregung und Erektion im Yoga geht nicht auf Kosten unserer sexuellen Beziehungen, die man außerhalb der Übungspraxis pflegt. Es ist nur ein anderer Modus des sexuellen Funktionierens, der bei den sitzenden Übungen abläuft, wo die Energie nach oben anstatt nach unten geht. In diesem Fall wendet sich die genitale Energie nach innen und nach oben. Ist es dann Zeit für sexuelle Beziehungen, kehren sich die Genitalien ganz natürlich nach außen. Wir erkennen also, dass unsere Sexualität sowohl in die eine wie in die andere Richtung gehen kann. Natürlich geht in voll ausgebildeten sexuellen Beziehungen die sexuelle Funktion gleichzeitig sowohl nach außen wie nach innen und der wichtigste Prozess dabei ist die vororgasmische Kultivierung während der sexuellen Beziehungen. Damit hält man den sexuellen Verkehr im Reich des Yoga. Sobald beim Sex genitaler Orgasmus das erste Ziel ist, ist er nicht mehr tantrisch. Das bewusste Ziel der vororgasmischen Kultivierung (Brahmacharya) ist das, was den yogischen Sex ausmacht.

Auch für den Mann gibt es einen zweiten Teil zum fortgeschrittenen Siddhasana. Die Zehen des äußeren Fußes werden von ihrem Platz unter dem Schienbein des inneren Beins nach oben zwischen die Wade und dem Oberschenkel gebracht (der Fuß kann auch auf den Oberschenkel gelegt werden, wenn man gewohnt ist, im Padmasana zu sitzen). Die Ferse des äußeren (oberen) Fußes wird dann in eine behagliche Stellung über die Genitalien zur Ruhe gelegt, so dass die Genitalien bequem zwischen dem inneren und äußern Fuß gehalten werden. Wie bei den Frauen mit der Anbringung des äußeren Fußes kann es auch für einige Männer nicht leicht sein, dies mühelos und auf angenehme Weise zu erreichen. In diesem Fall ist es in Ordnung, den äußeren Fuß mit den Zehen unter das Schienbein geklemmt unten zu lassen und die Genitalien mit der Hand zu umschließen. Diese Anweisung wurde bereits einige Lektionen zuvor gegeben und wird nun für jene wiederholt, die Schwierigkeiten haben, den äußeren Fuß in Stellung zu bringen. Die Nutzung der Hand ist genauso effektiv (und vielleicht sogar effektiver) wie die Verwendung des Fußes. Es entsteht dadurch also kein Nachteil. Dasselbe gilt für Frauen, die ihre Hand anstatt des Fußes verwenden. Die Idee dahinter ist eine gleichförmige vororgasmische Stimulation mit minimalen Bewegungen in einer Weise, die noch keine Masturbation darstellt. Siddhasana ist eine Sitzhaltung, die wir innehaben wollen, ohne dass wir irgendeine Aufmerksamkeit darauf zu verwenden brauchen. Das macht die Aufmerksamkeit für Pranayama und Meditation frei, während man/frau die ganze Zeit mühelos vororgasmisch stimuliert ist.

Wie schon in den Haupt-Lektionen erwähnt, kann jeder der beiden Füße an das Perineum angelegt werden und man kann die Füße während der Übungsroutine tauschen, wenn das hilft, die Bequemlichkeit beizubehalten. Bleibe nicht in Siddhasana, wenn es so unbequem ist, dass Du vom Pranayama oder der Meditation abgelenkt wirst. Stimuliert es sexuell zu stark, dann stecke etwas zurück und mache auch mit der sexuellen Stimulation eine Pause. Wir können immer später wieder zurückkommen und die Übungen erneut aufnehmen. Dies ist ein Prozess der Entwicklung von Vertrautheit. Mit der Vertrautheit kommt die zunehmende Fähigkeit, eine bleibende Ekstase vom Kopf bis zu den Zehen zu kultivieren. Das ergibt sich im Laufe von Wochen, Monaten oder Jahren.

Nutzen wir das fortgeschrittene Siddhasana in den sitzenden Übungen, lässt dies allmählich unsere Beziehung zu unserer sexuellen Energie viel gesünder werden. Sobald unsere Orgasmusbesessenheit geringer wird, finden wir uns mehr und mehr in einer reizvollen Beziehung zu unseren göttlichen ekstatischen Energien. Dieser Wandel beseitigt unseren Wunsch oder unsere Fähigkeit zum Eingehen normaler sexueller Beziehungen nicht. Vielmehr wird Siddhasana unsere Fähigkeit erweitern, liebevollere, viel länger andauernde und spirituell regenerativere, sexuelle Beziehungen zu pflegen. Entscheiden wir uns dafür, uns mit dem tantrischen Sex auseinanderzusetzen, werden wir entdecken, dass unsere Fähigkeit, das erfolgreich zu tun, gestärkt wird, weil wir über eine bestimmte Anzahl von Monaten oder Jahren in unserer sitzenden Praxis Siddhasana angewandt haben. Unser Sexualleben wird auf natürliche Weise in die spirituelle Dimension erweitert und die göttliche Ekstase liebkost uns im täglichen Leben ständig im Inneren.

Dies ist der Kern der Rolle, die das Sexualleben im Yoga und in unserer ständig fortschreitenden Reise zur Erfahrung der Erleuchtung im täglichen Leben spielt. Dies ist auch der Grund dafür, warum wir das fortgeschrittene Siddhasana in unseren sitzenden Übungen einführen.

Der Guru ist in Dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nächstes Seminar

Newsletter – Lektionen ins Postfach

Bücher des FYÜ-Verlags

Archive

Kategorien

Aktuelle Videos

Wird geladen...