Lektion T71 – Mulabandha – Tantra für unterwegs

Frage: Ich bemerke, dass, wann immer ich mich sexuell betätige, es immer zu einem automatischen rhythmischen Anspannen des Afterschließmuskels und des Perineumbereichs kommt. Welche Beziehung besteht zwischen dem und Mulabandha/Asvini, wie sie in den Lektionen diskutiert wurden? Sind sie dasselbe?


Antwort: Ja, da gibt es eine Beziehung zwischen dem Wurzelreflex beim Sex und Mulabandha/Asvini. Beide dienen dem Zweck der Stimulierung ekstatischer Energie.


Im Falle des reproduktiven Sexes besteht der Zweck darin, den Sexualakt selbst durch die vergnügungsvollen Auswirkungen von Stimulation und automatischem Zusammenziehen, was zum Orgasmus und damit zum Aussenden des Samens und der Befruchtung der Eizelle führt, voranzutreiben. Ist unsere sexuelle Vereinigung tantrisch, werden wir den Orgasmus mit der Rückhaltemethode hinauszögern und das automatische Anspannen dient einem breiteren Zweck: der Kultivierung der ekstatischen Energie in der Neurobiologie nach oben. Damit bewegen wir uns in das Reich der Yoga-Übung von Mulabandha bzw. Asvini. Wir könnten sagen, dass tantrischer Sex diesen Zweck verfolgt, zumindest teilweise. Der Mulabandha/Asvini Effekt ist nicht das einzige Ergebnis von tantrischem Sex. Als Folge des tantrischen Sexes ergibt sich in der Beckenregion und weit darüber hinaus eine Vielzahl von Veränderungen. Und das hängt auch von anderen Yoga-Übungen ab, mit denen wir uns außerhalb unserer sexuellen Aktivitäten beschäftigen. Von besonderer Bedeutung unter diesen sind die tiefe Meditation und das Pranayama der Wirbelsäulenatmung. Spirituelle Übungen sprechen eine Vielzahl von Stellen in der Neurobiologie an. Tantrischer Sex leistet dabei Unterstützung: beim dauerhaften Erwachen des Wirbelsäulennervs, der ekstatischen Erleuchtung des gesamten Körpers und darüber hinaus.


Eine der Yoga Übungen, die wir für die Anwendung außerhalb des tantrischen Sexes gelernt haben, ist Mulabandha bzw. Asvini. Wir beginnen damit während unserer zweimal täglichen Wirbelsäulenatmung, vgl. dazu Lektion 55. Diese Übung nutzt dasselbe Prinzip der Wurzelstimulation für die Kultivierung des Aufkommens von ekstatischer Leitfähigkeit. Bald nachdem wir Mulabandha gelernt haben, nahmen wir Sambhavi hinzu. Sambhavi hilft bei der Erweckung des Wirbelsäulennervs vom oberen Ende an der Stirn her. Vergleiche dazu Lektion 56. Dann haben wir der Reihe nach zusätzliche Mudras, Bandhas und Siddhasana dazugenommen, alles mit dem Ziel den Wirbelsäulennerv auf eine progressive und sichere Weise zu kultivieren und zu erwecken. Das Ergebnis, das sich damit im Laufe der Zeit einstellt, ist die ekstatische Erweckung des gesamten Körpers. Diese ekstatische Erweckung kann man zu jeder Tageszeit, ob Tag oder Nacht, und wo immer man sich aufhalten mag durch ein bloßes Anspannen des Afterschließmuskels oder eine leichte Absicht mit den Augen nach oben stimulieren. Manche mögen eine derartige Stimulation immer noch als tantrisch ansehen, weil da genauso ein sexuelles Element dabei ist, allerdings zu dieser Zeit überschattet von Ganzkörperekstase, die jenseits des Sexuellen verortet ist.


Anfangs wird dies als eine ekstatische Erleuchtung oder ein „Gefühl“ des winzigen Fadens erfahren. Dieser Faden, den wir als sich von der Wurzel bis zum Kopf erstreckenden Wirbelsäulennerv kennen, wird zunächst oft als silbrigfarben wahrgenommen. Vom Zentrum des Wirbelsäulennervs dehnt er sich durch alle Nerven des Körpers nach außen aus und strahlt über den Körper in die äußere Umgebung. Dort kann man ihn als spürbare Ausstrahlung göttlicher Liebe fühlen.


Betrachten wir so eine ekstatische Leitfähigkeit und Ausstrahlung als tantrisch, dann können wir sagen, dass Mulabandha und andere Mudras und Bandhas „Tantra für unterwegs“ sind. Denn sobald er einmal erweckt und stabilisiert ist, bleibt dieser Zustand immer bei uns. Wir reiten auf dem unendlichen Feld des reinen Glückseligkeitsbewusstseins, das wir in der täglichen tiefen Meditation kultiviert haben. Wir sind DAS.


Auf dem spirituellen Weg können unsere sexuellen Aktivitäten in weiten Teilen genauso weitergehen wie zuvor, obwohl unsere Betrachtungsweise sehr viel weiter gefasst und durch die göttliche Ausstrahlung aus dem Inneren erleuchtet ist. Es kann wenig mehr als ein streifender Blick von unserer/m Geliebten nötig sein, um den gesamten Körper in eine Träumerei von ekstatischer Glückseligkeit zu versetzen. Genauso ist es mit Tantra unterwegs und es hört niemals mehr auf.


Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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