Lektion 424 – Nach der Ekstase
Frage: Während viele von uns, die die Fortgeschrittenen Yoga Übungen praktizieren, mit Übungen wie Meditation, Wirbelsäulenatmung, Mudras, Bandhas, Asanas usw. auf der Ebene von „Körper-Geist“ gearbeitet haben, haben einige von einem unendlichen ekstatischen Zustand gesprochen, der scheinbar unabhängig von diesem Körper-Geist ist. Während die meisten von uns innere Stille und Ekstase kultivieren und feststellen, dass es zu einer allmählichen Vermählung von diesen beiden kommt, sind einige tief in der Ekstase und merken, dass sie später zur Erdung und Integration zurück in den Körper-Geist kommen. Ich habe den Weg bestritten von der Kultivierung innerer Stille im Körper-Geist hin zum Leben aus dem Gewahrsein und dem Sehen von Ekstase als Teil dieses Prozesses und frage mich, warum jemand in einem andauernd ekstatischen Zustand es nötig haben sollte, zum Erden in den Körper zurückzukommen. Ist es etwa notwendig, eine gut abgerundete Herangehensweise zu haben, damit man eine ausgeglichene Vermählung zwischen Stille und Ekstase finden kann? Sind wir also über den Körper-Geist in einen ekstatischen Zustand hinausgegangen, wird es dann am Ende wieder zurück in den Körper gehen, um zu erden und zu integrieren? Wenn wir auf der anderen Seite vornehmlich auf die Kultivierung von innerer Stille hinarbeiten und das durch tägliche Aktivität im Körper-Geist erden, werden wir dann schließlich darüber hinaus in die Ekstase gehen, die jenseits von Körper und Geist liegt? Sprechen wir also über denselben Prozess und kommen wir zu ihm nur aus verschiedenen Richtungen?
Antwort: Ja, es ist derselbe Prozess, der scheinbar aus verschiedenen Richtungen kommt. Am Ende wird man sehen, dass die festgestellten Unterschiede nur die zwei Seiten derselben Medaille sind. Wir sind also niemals wirklich getrennt von dem, was wir sind. Die Reise besteht in der Erkenntnis DAVON. Dazu ist etwas Entrümpelung in der Neurobiologie nötig. Dazu dient Yoga.
Manchmal kann es vorkommen, dass ein fortgeschritten Übender sich weg in verfeinerte ekstatische Energieerfahrungen bewegt, viel mehr als er erkennt und in einem Ausmaß, das auf Kosten des Körpers und des praktischen Lebens geht. Ekstase ist wunderbar, doch wie verfeinert diese auch immer sein mag: Es gibt eine Integration, die darüber hinausgeht. Diese besteht darin, dass man mit ihr in den Körper und in das gewöhnliche Leben zurückkommt. Deshalb ist es wichtig, zwischen unseren Übungssitzungen in der Welt aktiv zu bleiben. Das bringt uns zurück zu den alltäglichen Dingen des Lebens. Dort wird die Erleuchtung kultiviert und gelebt. Nicht-Dualität kann man nur inmitten der Dualität finden. Dies ist eines dieser göttlichen Paradoxe.
Einige, die auf den Pfad kommen, haben bereits ekstatische Erfahrungen und das motiviert sie dazu, nach noch „mehr“ Ausschau zu halten. Es kann für jene schwierig sein, die von der Seite so vieler Feuerwerke kommen (oder sogar von einem verfeinerten ekstatischen Glühen), das mit der relativ mondänen Aufgabe zu versöhnen, weiterhin in der täglichen tiefen Meditation die bleibende innere Stille zu kultivieren. Doch dies ist genau das, was nötig ist. Gewöhnlicherweise ist es am besten, Stille zu kultivieren, bevor wir in ekstatische Zustände eintreten (das ist die Vorgehensweise in diesen Lektionen), weil das vom Beginn an Stabilität in unsere Reise bringt. Doch nicht jeder genießt diesen Luxus und manche haben vielleicht gar keine andere Wahl, als in die Stille von sich auftürmenden Wellen ekstatischer Energie zu kommen. Haben uns die Wellen oft genug auf die Steine des Lebens geschleudert, wird uns die Notwendigkeit einer tieferen Integration von Körper, Geist und am wichtigsten bleibender innerer Stille bewusst.
Sind wir in die Ekstase abgedriftet, werden wir früher oder später den Weckruf wahrnehmen, der sagt: „Hey, du ignorierst deinen Körper, deine Gesundheit und die praktischen Dinge deines Lebens. Es ist Zeit für eine Veränderung.“
Dann ist die Hochzeitsreise der ekstatischen Energie vorüber und die Arbeit der Integration unseres ekstatischen Zustands zurück in unser alltägliches Leben steht auf dem Programm. Das ist die wirkliche Vermählung von Stille mit Ekstase. Das ist etwas Gutes. Nach der Ekstase geht es um das gewöhnliche Leben und da ist es, dass Stille und Ekstase ihren Ausgleich finden. Da ist auch die Zeit, in der wir feststellen, dass wir uns in allen Aspekten unseres Lebens mehr und mehr als „Stille im Handeln“ ausdrücken. Nichts Glamouröses, nur das gewöhnliche Leben, das man in einer außerordentlichen Freiheit lebt.
Früher oder später kommen wir alle an den Punkt, an dem wir unsere Übungen selbstabstimmen und unsere spirituellen Energien im täglichen Leben erden, um sie auszugleichen. Das müssen wir. Andernfalls wird die Reise in keiner produktiven Weise weitergehen. Für jemanden, der die ganze Zeit in Ekstase weggetreten war, kann das bedeuten, dass man für eine Zeit lang weniger kraftvolle Übungen nutzt und sich mehr in erdenden Aktivitäten verausgabt, um zu würdigen, wo wir uns in Zeit und Raum befinden, wie das jeder tun muss. Die größte Kraft der Transformation liegt in der tiefen Meditation und verwandten Methoden. Egal, wie weit wir geflogen sind, wir werden mit der Zeit zu irgendeiner Form der Meditationsroutine zurückkommen, um den Prozess der Stabilisierung von innerer Stille in unserer Natur fortzusetzen. Das ist die Essenz dessen, was wir sind. Ob wir der Ekstase früh oder spät auf unserem Pfad begegnen, wir werden früher oder später feststellen, dass wir langsam wieder zum Praktizieren und einem Lebensstil zurückkehren, die einen Ausgleich zwischen Körper, Geist, innerer Stille und ekstatischer Energien schaffen. Es wird niemals nur um eines dieser Elemente gehen. Es geht um eine ausgeglichene Integration von ihnen allen.
Ja, wir kommen alle aus verschiedenen Perspektiven zur selben Sache. Es ist dasselbe Nervensystem des Menschen und derselbe Prozess der Entfaltung (dieselben Elemente), mit denen wir es alle zu tun haben. Abweichungen auf der Reise ergeben sich entsprechend den individuellen Neigungen und Handlungen (Karma).
Eine gut abgerundete Herangehensweise ist nötig, um vorwärtszukommen, ohne sich in einer besonderen Art von Erfahrung fangen zu lassen. Zu diesem Verständnis gelangen alle ernsthaft Übenden. So durchlaufen wir weiter den Prozess der spirituellen Transformation des Menschen. Das FYÜ-Standardsystem versucht, diesen Ausgleich in den Ablauf der Übungen, die wir in der Reihenfolge der Lektionen aufnehmen, einzubauen. Dabei werden jedoch auch die vielen Arten von Erfahrungen, die dem einzelnen selbstbestimmt Übenden begegnen können, in Rechnung gezogen.
Der Guru ist in dir.
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