Lektion 248 – Kultur, Samadhi und Schnee

Frage: Wenn man das so ansieht, scheint FYÜ eine sehr einfache Übung zum Erreichen des letztendlichen Ziels der menschlichen Existenz zu sein. Dann wundere ich mich aber, warum sich die indischen Seher in so vielen esoterischen Praktiken, Tantra-Prozeduren, Yantras, Rituale, etc. versteift haben.

Ich habe auch Raja Yoga von Swami Vivekananda gelesen. Darin zitiert er Patanjali mit seinen vielen Ebenen von Samadhi und spricht über Prakritilayas (Sadhakas, die das letzte Ziel von Samadhi nicht erreichen).

Kannst du bitte die beiden genannten Themen ein wenig beleuchten.

Antwort: Sehr gute Fragen. Danke.

Ich glaube diese Erweiterungen sind kulturellen Faktoren und der Eigenheit der Menschheit, Institutionen zu schaffen, geschuldet. Nicht dass diese Dinge etwas Schlechtes sind. Es erfordert nur etwas zusätzliche visionäre Kraft, das herauszusondern, was die Übungen verbessern kann und was nicht. Darum genau geht es bei den FYÜ – sich an die einfachsten, mächtigsten Methoden zu halten, die wirklich etwas bewirken, um die spirituelle Transformation im menschlichen Nervensystem voranzubringen. Aufgrund der Rückmeldungen, die wir von Übenden überall auf der Welt bekommen, ist es ziemlich offensichtlich, dass wir da auf etwas gestoßen sind. Ich bin sehr glücklich begeisterte Gleichgesinnte zu finden, in dem was deutlich ist – alles einfach und effektiv zu halten, ist etwas, das funktioniert.

Der allgemeine Bewusstseinsanstieg überall auf der Welt führt jeden Tag zu mehr Klarheit in dieser Beziehung. Da schulden wir der Arbeit der vielen großen Weisen, die gekommen sind und seit rund 100 Jahren die praxisbezogenen Einzelheiten des Yoga mit uns teilen, viel.

Etwas anderes, wozu es in Institutionen (Organisationen) oft kommt, ist die Segmentierung des Wissens in Stückelungen, um dann einen Besitzanspruch darauf erheben zu können. Danach müssen sie dann sehr viel Energie darauf verwenden, diese Teile des Ganzen zu erhalten, schützen und alles andere auszuschließen. Das Ergebnis ist dann ein versprengtes, erstarrtes Wissen, ohne große Chance, dass es sich den Veränderungen der Zeit anzupassen oder darin integrieren kann.

Dahingegen versucht Wissenschaft ständig, das Wissen so anzupassen und zu integrieren, dass sich daraus effektive und praktische Anwendungen ergeben. Moderne Organisationen, die sich dem verpflichten, werden immer noch Wissen bewahren, doch wird es nicht in ihrem besten Interesse liegen, das Wissen auf die Art und Weise zu verkomplizieren und zu segmentieren, wie dies in früheren Zeiten geschah. Ich glaube, dass wir am Beginn einer Revolution beim Yoga stehen, durch die Organisationen gezwungen werden, Wissen zu integrieren, anstatt es zu segmentieren. In diesem neuen Zeitalter werden Organisationen nur überleben, wenn sie auf der Basis des ansteigenden spirituellen Verlangens der Menschen Neues entwickeln, indem sie das destillieren und optimieren, was zuvor gelernt wurde, anstatt weiter zu verkomplizieren und abgetrennte Teile vom Yoga-Wissen zu isolieren. Bei FYÜ geht es um diese wichtige Verschiebung der Prioritäten – einer der frühen Schüsse, die bei dieser neuen Revolution in der Yoga-Wissenschaft abgefeuert werden.

Zu den Stufen von Samadhi: du weißt, dass die Eskimos viele Worte haben, um Schnee zu bezeichnen. Warum? Weil sie ständig damit umgeben sind und ganz verschiedene Arten davon kennen gelernt haben. Kann jemand aus Hawaii mit diesen verschienen Bezeichnungen für Schnee irgendetwas anfangen? Nicht viel – nicht bevor der Hawaianer sich aufmacht und einige Zeit mit den Eskimos zusammenlebt. Dann beginnen die Worte für Schnee einen Sinn zu bekommen. Beim Samadhi ist es ähnlich. Wenn das erst einmal zu einer allgemeinen Erfahrung wird, dann erst beginnt die Kommunikation über die verschiedenen Stufen von Samadhi einen Sinn zu bekommen. Bis dahin ist die Beschäftigung mit all diesen Dingen nur eine akademische Übung. Bringt das der Erleuchtung irgendwie näher? Nicht wirklich. Gut, vielleicht ist das für den einen oder anderen ein Ansporn die Übungen zu machen. Dies ist auch der wahre Wert von intellektuellem Wissen – die Kraft die davon ausgeht, zum Handeln anzuregen!

Soweit so gut. Doch es gibt auch bestimmte Traditionen, die sich auf die Bestimmung der Stufe des erlebten Samadhi stützen, um zu entscheiden, welche Art von Meditation gemacht werden soll. Für diese ist das sehr wichtig und man hat es zu respektieren. Bei FYÜ nutzen wir einen einzigen Meditationsstil, der die gesamte Bandbreite des Geistes abdeckt – von der Oberfläche bis tief in die Stille. Deshalb sind die ganzen Unterscheidungen zu Samadhi für ein effektives Üben nicht nötig. Fahren wir mit den einfachen Schalthebeln der Meditation mit unserem Nervensystem-Wagen, befindet sich das alles „unter der Motorhaube“. Das ist genau wie mit den Chakren, bei denen haben wir in den frühen Lektionen (siehe Lektion 47) ebenfalls festgestellt, dass sie sich unter der Motorhaube befinden. Wenn wir eine einfache, effektive Übung haben, dann kann es ablenken, sich zu sehr mit den inneren Mechanismen zu befrachten.

Bei FYÜ vermeiden wir es also, uns zu weit auf all diese verlockenden Nebenschauplätze zu begeben, ob es sich nun um intellektuelle Genüsse oder glitzernde Erlebnisse handelt. Wir sind daran interessiert, in der Meditation tief in die innere Stille zu gehen. Dann kultivieren wir in unserem gesamten Nervensystem mit Pranayama, Samyama und vielen anderen Mitteln in dynamischer Manifestation Stille, bis wir schließlich unser SELBST, unsere innere Stille als die Essenz von allem erkennen. Dann können wir all die Stufen von Erfahrungen als Manifestationen innerer Stille wertschätzen. Dann werden wir auch in der Lage sein, all diese Worte für Samadhi zu verstehen und möglicherweise mit ein paar unserer eigenen aufwarten können, weil wir darin jeden Tag leben werden. Es ist viel besser unser Nervensystem soweit zu kultivieren, dass wir in Samadhi leben können, als uns damit nur theoretisch zu viel zu beschäftigen. Das ist der Ansatz von FYÜ.

Prakritilayas sind Yogis/Yoginis, die von Erlebnissen abgelenkt werden und ihre Reise in diesem Leben nicht zu Ende führen. Es geht dann einfach woanders weiter. Die Frucht aus dem Yoga geht nicht verloren. Beweise dafür findest du, wenn du die vielen verschiedenen Stufen der spirituellen Verwirklichung betrachtest (oder deren Fehlen), mit denen Menschen auf die Welt kommen. Wichtig ist, dass wir das tun, was wir heute tun können, um auf unserer eigenen Straße der Erleuchtung vorwärts zu kommen. Der Zeitpunkt unseres Ankommens kann entweder in diesem Leben liegen oder irgendwo weiter entlang des Wegs. Alles was wir wissen, ist, dass wir viel zur Beschleunigung unseres Voranschreitens hier und jetzt tun können. Und das sollten wir so tun, dass wir Freude dabei empfinden. Die Reise kann und sollte bereits den Geschmack des Ziels in sich tragen – alles durchdringenden Frieden und ansteigende ekstatische Glückseligkeit. Warum sollten wir uns sonst damit abmühen?

Der Guru ist in dir.

Über den Autor

Yogani

Yogani ist ein anonymer US Amerikaner, der 2003 begann, im Internet sein spirituelles Wissen in Form von Lektionen zu veröffentlichen und damit auf einen großen Kreis Interessierter weltweit traf. Im Laufe der Jahre entstand Daraus eine umfassende Bibliothek zu allen Aspekten des Yoga. Inzwischen gibt es viele Übersetzungen in andere Sprachen. Die Lektionen sind immer noch kostenlos abrufbar. Heute gibt es auch Bücher, Hörbücher, Ebooks und im Englischen eine PLus-Mitgliedschaft sowie ein gut besuchtes Forum.

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